Tod eines Holländers
trottete ihm bis zur Tür hinterher. Auf dem Klingelschild nebenan war der Na m e T. GOOSSENS eingraviert.
» Sehen Sie « , rief Signora Giusti hinter ih m , » Holländer. Seine erste Frau war Italienerin. Er ist inzwischen tot. E s ist der Sohn, der im m er wieder vorbeikommt. Ton heißt er, aber ich habe immer Toni zu ihm gesagt . «
Der Wachtmeister drückte auf die Klingel.
Sie warteten eine Weile, doch es passierte nichts.
» Ob ein Hausbesetzer auf m achen würde ? « flüsterte Signora Giusti an se i ner Seite.
»Ich bin nicht sicher « , sagte der Wachtm e ister. » Viell e ic h t nicht, wenn er m ich hat kom m en sehen. Ich persönlich glaube allerdings nicht, daß sich dort drinnen ein Hausbese t zer versteckt . «
Er klingelte wieder und spähte dann durch das Schlüsselloch, doch m an k onnte un m ö glich etwas sehen. Im Flur war es fast ebenso dunkel wie bei Signora Giusti.
» Das andere«, rief sie ungeduldig. » Das alte Schlüsselloch weiter unten. Eigentlich m üßten Sie die ganze Wohnung sehen können.«
Das alte Schlüsselloch war sechs, sieben Zentimeter groß. Er bückte sich und spähte hindurch. Er hockte sich auf die Fersen und guckte wieder. Der Korridor war, wie bei Signora Giusti, lang, sch m al und düster. In dieser Wohnung gingen die Zimmer rechts vom Flur ab.
» Können Sie was erkennen ? «
» N e in . «
Er richtete sich wieder auf. » Dürfte ich m al Ihr Telefon benutzen ? «
» S ie glauben mir also ? «
»Ich glaube Ihnen.«
» Obwohl Sie nichts sehen können ? «
»Ich habe aber etwas gehört. Können Sie sich vorstellen, daß der Besitzer verreist ist, ohne das Wasser abgedreht zu haben ? «
» Du m eine Güte, nein! Er hat den Haupthahn zugedreht. D i e anderen Leitungen auch.«
» H m . Irgendwo läuft aber Wasser. Ich m uß Ihr Telefon benutzen. Ohne Haussu c hungsbefehl kann ich dort nicht einfach rein.«
» Nein, aber ich. Allein wäre ich dort nicht reingegangen.«
Sie ging ein paar Schritte zurück und griff nach einem Schlüsselbund, der hinter ihrer Tür an einem Haken hing.
»Er hat mir einen Sch l üsselbund dagelassen. Verstehen Sie jetzt? Er war wie ein Sohn zu m i r. Ein, zwei Mal, als er zurückkam – er ist Juwelier, im m er geschäftlich unterwegs –, hat er auch seine Frau m itg e bracht. Sie kauft hier gern Kleider ein, wissen Sie, sie sind wohlhabend. Vorher hat er m ich d ann angerufen, und ich bin rübergegangen und habe die Fenster aufge m acht, ein wenig gelüftet. Sehr viel m ehr schaffe i ch heutzutage nicht. Meistens ko mm t er aber allein, und dann legt er keinen Wert darauf. Wenn er m ir seine Schlüssel anvertraut, dann deswegen, da m i t ich ein wenig aufpassen kann. Und ohne Sie gehe ich dort nicht rein . «
Sie gab ihm die Schlüsse l , und nach kurzem Zögern öffnete der Wachtm e ister die Tür, ohne sie zu berühren.
»Warten Sie hier! Nein, gehen Sie lieber in Ih r e Wohnung zurück.«
Er wußte, daß sie wieder herausko mm en würde, sobald er ihr den Rücken zugekehrt hatte.
Während er auf das P l ätschergeräusch zuging, zog er se i ne Beretta. Er hatte nicht das Gefühl, daß sich ein lebendes Wesen in der Wohnung aufhielt, sondern nur, daß irgend etwas nicht stimm t e. Im Badezimm e r lief Wasser in das Waschbecken, es stand bis zum Überlauf, offensichtlich war der Abfluß mit Erbrochenem verstopft, von dem etwas auf der Wasseroberfläche heru m schwamm. Der Inhalt des Badezimmerschränkchens lag auf dem Boden verstreut, in der Badewanne und auf den grauen Fußbodenkacheln waren Glasscherben und Blutspritzer zu sehen. Der Wachtmeister suchte ein Handtuch, nahm dann, als er keins fand, sein Taschentuch und drehte den Wasserhahn m it einem Finger zu.
Die Küchentür am hinteren Ende des Flurs stand offen, und er konnte selbst auf diese Entfernung sehen, daß auch dort ein großes Durcheinander war. Während er den m a r m orgefliesten Flur hinunterging, stieg ihm der Geruch von frischem Kaffee in die Nase. Ver m utlich hatte jemand et w as verschüttet.
Plötzlich hörte er ein leises Geräusch. Er drehte sich heru m . Im m erhin k o nnte es Signora Giusti sein, die i h m h interherkam…, aber sie würde m ehr Lärm m ache n , und sie war nirgends zu sehen. Er ging rasch zurück, fast im Laufschritt. Instinktiv steuerte er das Schlafzimmer an. Das Zimm e r, das, wie bei Signora Giusti, gleich neben der Eingangstür lag. Mit dem Taschentuch in der Hand versuchte er, die Tür zu öffnen, doch sie bewegte
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