Tod Eines Kritikers
dieses Verschweigenmüssen dessen, was einem das wichtigste ist. Menschen verstehen einander nicht. Das war bei Hans Lach nicht anders. Also bist du allein. Schummelst dich durch.
Ich bat sie, noch nichts zu entscheiden. Ich wolle zuerst mit Hans Lach sprechen. Da ich sicher sei, daß er nicht der Täter ist, müsse seine Unschuld auch ohne Alibi nachweisbar sein. Sie dürfe davon ausgehen, daß ich Hans Lachs Unschuld ohne ihre Hilfe beweisen werde.
Ich hörte, daß ich den Mund voll nahm. Auf dem ganzen Rückweg lebte ich davon, daß Olga Redlich mich für einen edlen Menschen halten mußte. Bis auf weiteres.
4
Bevor ich das vierte Tonband, das wieder von Hans Lach besprochene, abschreiben konnte, schlug die Nachricht ein, die alles Abschreiben und Beweisen erübrigte. KHK Wedekind gratulierte mir telephonisch. Die Madame hat gestanden, ihren Mann getötet zu haben. Ein Komplize hat ihr geholfen, die Leiche zu beseitigen. Das hat sie ihm, dem KHK Wedekind, in der Bayerstraße gestanden. Auf dem selben unbequemen Stuhl sitzend, auf dem Herr Landolf gesessen habe.
Nicht schlecht, sagte ich. Der KHK hat Frau Ehrl-König aber fragen müssen, wie sie beweisen wolle, daß sie ihren Mann getötet habe. Frau Ehrl-König habe angefangen zu erzählen. Wie der sie behandelt und mißhandelt habe.
Und er: Motive, den Ehemann oder die Ehefrau umzubringen, gebe es hinter jeder Wohnungstür genug, und doch werde eher selten ein Mord oder Totschlag daraus. Wie also will sie ihre Tat beweisen. Sie habe furchtbar gelacht. Ob das eine folie allemande sei! Anderswo müsse man seine Unschuld beweisen, in Deutschland also auch noch die Schuld. Autrement dit: Er habe alles zur Kenntnis genommen, habe sie aber wieder gehen lassen. Die Madame habe während des Gesprächs eine Zigarre geraucht, gegen die seine Zigaretten total abstanken. Am meisten habe ihn beeindruckt, daß sie sich von ihrem Mann bedroht fühlte. Sie habe einmal im Scherz gesagt, sie werde das Geheimnis seiner Schuhe der Presse verraten. Er habe seine Schuhe immer in Antwerpen produzieren lassen, die seien innen so gestaltet, daß er in diesen Schuhen zweieinhalb Zentimeter größer gewesen sei als in Wirklichkeit. Der Antwerpener Schuhmacher arbeitet hauptsächlich für Politiker und für Gangster. Aber inzwischen sei dieses Geheimnis leider schon durch die RHH-Sippe verplaudert worden. Sie habe noch eins in petto gehabt. Seine unbremsbare Ejakulation. Also, er ist die Nullbefriedigung schlechthin. Und zwar immer schon und immer noch. Wenn du das verrätst, habe er nach ihrer Andeutung gesagt, wirst du es nicht überleben. Seit dem habe sie in Angst gelebt. Und als sie einen Helfer gefunden habe, habe sie’s gewagt, präventiv tätig zu werden. In dem Augenblick, als er sein Auto aufschließen wollte, habe sie zugestochen, von hinten. Gerade wenn man nicht sicher sei, ob man zu so etwas im Stande sei, schafft man die Konzentration, die Entschlossenheit, man will es sich selber beweisen. Der KHK habe der Madame gesagt, da sie sich selber gestellt habe, bestehe keine Fluchtgefahr. Er bitte sie darum, in genau einer Woche noch einmal zu kommen, zu einer gründlichen Einvernahme. Ich sagte, daß seine Entscheidung auf jeden Fall weise gewesen sei. Der KHK: Rein faktisch könnte die Tat so vollbracht worden sein. Cosi von Syrgenstein habe sich ja bekanntlich von ihm verabschiedet gehabt, weil sie früh abfliegen mußte. Da kann der Komplize Ehrl-Königs Aufmerksamkeit beansprucht haben und sie … und so weiter. Daß sie die Tat selber vollbracht haben will, ist auf jeden Fall vielsagend. Er habe übrigens sofort ein Persönlichkeitsbild der Madame zusammentragen lassen. Was für eine Frau. Witze,
Kriminalromane, Roulette, das seien, in dieser Reihenfolge, ihre Leidenschaften gewesen. Sie habe sogar zu ihm, dem KHK, als sie ihr Geständnis hinter sich gehabt habe, als sie schon, um sich zu verabschieden, gestanden seien, da habe sie noch gesagt: Vous la connaissez celle-là … Und zweihundert Krimis pro Jahr. Die muß ihr ein PILGRIM Lektor besorgen, nach einem Jahr kommt sie wieder mit zwei Koffern, sie will die Krimis nicht im Haus behalten. Außer Krimis hat sie nie ein Buch gelesen. Und für das Roulette sorgten die Verlage. Es gibt das Gerücht, daß Madame einmal im Monat spielen müsse, sonst ertrage sie ihr Leben nicht. Zwölf Verlage haben sich zusammengetan. Jeden Monat wird sie von einem anderen Verlag zu einer Roulette-Partie eingeladen. Da bekannt ist,
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