Tod eines Lehrers
in Frankfurt. Er hat eine Menge für die Schule getan.«
»Inwiefern?«
»Er hat die Schule großzügig unterstützt, aber ich denke, das hat mit dem Tod von Herrn Schirner nichts zu tun. Sie sehen ja, wie beliebt er war, wenn sogar eine ehemalige Schülerin aus bestem Haus vorbeischaut und …«
»Ja, ja, schon gut. Wir möchten noch einmal mit den Schülern von gestern sprechen. Welche Fächer werden in den nächsten zwei Stunden unterrichtet?«
»In der Zwölf?«
»Ja.«
»Ich habe einen Erdkunde-Leistungskurs, Frau Russler Englisch Grund, Frau Denzel Französisch Leistung und Frau Engler Geschichte, ebenfalls Leistung.«
»Gut, dann meine Frage an die Herrschaften. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir, während Sie den Unterricht abhalten, nach und nach jeden Schüler einzeln befragen?«
Kopfschütteln.
»Ja, dann wollen wir mal. Ich muss aber erst noch mal kurz raus ans Auto, etwas holen. Finden die Kurse alle im zweiten Stock statt?«, fragte Brandt.
»Ja.«
»Geh du mit nach oben, ich komm gleich nach«, sagte er zu Nicole Eberl. Er lief mit ausgreifenden Schritten nach draußen und sah den Mercedes von Elvira Klein auf dem Parkplatz. Sie stand trotz der Kälte davor und schien ihn bereits zu erwarten.
»Was sollte das eben?«, fuhr er sie an. »Habe ich Ihnennicht gesagt, dass Sie sich aus unseren Ermittlungen raushalten sollen?«
»Jetzt mal piano. Erstens weiß keiner hier, dass ich von der Staatsanwaltschaft bin. Zweitens habe ich so getan, als würde ich Sie gar nicht kennen, sodass uns keiner miteinander in Verbindung bringen kann …«
»Das wäre ja noch schöner«, murmelte Brandt vor sich hin.
»Ich habe das sehr wohl vernommen. Und drittens, ich kann dieser Schule einen Besuch abstatten, wann immer ich will. Und außerdem war ich neugierig, welchen von meinen früheren Lehrern ich antreffen würde. Und siehe da, was erwartet mich – eine ehemalige Klassenkameradin, mit der ich zusammen das Abi gemacht habe, ist heute Lehrerin an dieser Schule. Anja Russler, ehemals Köhler. Sie ist also verheiratet …«
»Nein, ist sie nicht. Sie lebt allein, wahrscheinlich ist sie geschieden, vielleicht lebt sie auch nur getrennt von ihrem Mann, oder er ist von einer Dampfwalze überrollt worden …«
»Noch was?«, fragte Elvira Klein mit hochgezogenen Augenbrauen und einem spöttischen Zug um den Mund.
»Ich halte es für sehr gewagt, wenn Sie hier auftauchen. Machen Sie das bitte nicht noch einmal.«
»Ich hatte übrigens damit gerechnet, dass Sie rauskommen würden. Tun Sie mir einen Gefallen und beziehen Sie Greulich in Ihre Ermittlungsarbeit mit ein. Dieser Schwachsinn mit dem Ritualmord ist Zeit- und Personalverschwendung. So etwas können wir uns nicht leisten.«
»Ist das eine Bitte oder ein Befehl?«, fragte Brandt hart.
»Sehen Sie’s, wie Sie wollen. Und ich erwarte wirklich bald erste Ergebnisse«, sagte sie und war schon im Begriff, einzusteigen, als Brandt sie zurückhielt.
»Was verstehen Sie unter ersten Ergebnissen? Soll ich Ihnen einen Täter auf einem goldenen Tablett präsentieren, wenn wir noch nicht einmal den Hauch einer Spur haben? Ist es das, was Sie erwarten?«
»Tun Sie einfach das, wofür Sie bezahlt werden. Schönen Tag noch.«
Leck mich am Arsch, dachte er und begab sich zurück in das Schulgebäude. Nicole Eberl wartete im zweiten Stock auf ihn, die Schüler waren bereits in den jeweiligen Klassen, die Türen geschlossen.
»Wo warst du?«
»Was glaubst du denn? Der Klein dreh ich noch mal den Hals um. Was will die eigentlich von uns?«
»Ärgern. Sieh’s mal von der Seite – sie ist über dreißig, allein stehend und irgendwie frustriert. Die kann einfach nicht anders.«
»Und deshalb muss sie uns das Leben zur Hölle machen?! Sie will, erwartet, befiehlt, dass wir Greulich in die Ermittlungen mit einbeziehen.«
»Und weiter, du bist immer noch der Boss. Und wenn er dir querkommt, lässt du ihn eben auflaufen. Und jetzt hör auf mit diesem Kinderkram, wir haben Wichtigeres zu tun. Außerdem war ihr Auftritt doch gar nicht so schlecht. Zumindest hat sie sich nicht als Staatsanwältin zu erkennen gegeben. Wir müssen übrigens die Befragungen hier auf dem Flur durchführen, weil kein Raum frei ist. Ich geh da hinten in die Ecke und du bleibst hier.«
Sie holten einen Schüler nach dem andern aus dem jeweiligen Klassenraum, doch alles, was sie zu hören bekamen, waren die gleichen Lobeshymnen wie schon tags zuvor. Schirner, der beste Lehrer überhaupt.
Weitere Kostenlose Bücher