Tod eines Lehrers
mischt sich in laufende Ermittlungen ein, sie versucht uns andauernd Vorschriften zu machen und … Es ist wirklich nicht leicht, mit ihr auszukommen.«
»Sie ist einsam, was aber nicht zuletzt auch an ihr liegt. Sie hatte noch nie einen festen Freund geschweige denn eine Beziehung. Elvira war von jeher auf Erfolg getrimmt, kein Wunder bei diesem Vater. Sie lobt ihn zwar immer wieder über den grünen Klee, aber in Wahrheit würde sie ihn manchmal am liebsten auf den Mond schießen, glaube ich zumindest. Manchmal tut sie mir einfach nur Leid, ehrlich. Aber ich kann ihr nicht helfen, nur zuhören. Sei einfach nachsichtig mit ihr und …«
»Nachsichtig? He, in unserm Job geht’s oft knallhart zu, und wenn da ständig jemand ist, der dir Steine in den Weg legt oder meint, alles besser zu wissen, drehst du durch. Sie ist erst seit Januar in Offenbach, aber sie hat sich in den anderthalb Monaten schon jede Menge Feinde gemacht.«
»Weiß ich doch, aber wenn ich überhaupt jemanden kenne, der es schaffen könnte, sich gegen sie durchzusetzen, dann du.«
»Habt ihr denn schon mal über mich geredet?«, fragte Brandt, dem es gar nicht gefiel, dass Andrea Sievers mit der Klein befreundet war.
Sie lächelte still vor sich hin und antwortete: »Einmal. Aber ich schwöre, sie hat nicht schlecht von dir gesprochen. Eigentlich sucht sie Bestätigung und natürlich auch Freunde, aber sie tritt immer wieder ins Fettnäpfchen, und keinen ärgert das mehr als sie selbst.«
»Weiß sie, dass wir heute Abend ausgehen?«
»Wo denkst du hin?! Und sie wird es auch nicht erfahren. Und jetzt mach ein freundliches Gesicht, ich bin sicher, ihr beide werdet euch schon irgendwie zusammenraufen. Da kommt unser Essen. Ich hoffe, du magst Fisch.«
»Meine Mutter ist Italienerin und strenge Katholikin, da gibt’s einmal in der Woche Fisch.«
»Lass mich raten – freitags?«, sagte Andrea verschmitzt lächelnd und nahm einen Schluck von ihrem Wein.
»Wie kommst du bloß darauf? Aber heute hab ich zum Glück noch nichts Anständiges gegessen. Was ist das?«
»Lass es dir einfach schmecken«, antwortete sie. »Es ist eine Spezialität. So gut, wie es hier zubereitet wird, bekommst du es in Portugal nur in Luxusrestaurants.«
Während des Essens erfuhr Brandt einiges aus dem bisherigen Leben von Andrea Sievers, die ihren Vater durch einen Unfall verlor, als sie gerade vier Jahre alt war, und zusammen mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder von ihrer Mutter allein großgezogen worden war. Ihre und seine Geschichte ähnelten sich auf eine gewisse Weise, nur dass er, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Eltern, seine beiden Töchter alleine großzog. Sie schwärmte von ihrer Mutter und ihrem Bruder, der immer für sie da war, auch heute noch, obwohl er fünfhundert Kilometer entfernt in Hamburg wohnte. Je mehr sie erzählte, je länger er ihr zuhörte, sich von dem Klang ihrer Stimme verzaubern ließ, desto mehr war er versucht, einfach ihre Hand zu nehmen und sie nie mehr loszulassen.
Es war ein traumhafter Abend, viel schöner, als er es sich vorgestellt hatte. Irgendwann mittendrin fragte sie ihn nach seinen Kindern, wie sie damit fertig wurden, ohne Mutter aufzuwachsen. Er sagte, dies sei schon lange kein Thema mehr, sie hätten sich entschieden, bei ihm zu wohnen, außerdem würde ihre Mutter in regelmäßig unregelmäßigen Abständen vorbeischauen, teure Geschenke mitbringen und schon nach spätestens einer Stunde wieder verschwinden.
»Hat sie denn überhaupt keine Muttergefühle?«, fragte Andrea Sievers kopfschüttelnd
»Sicher hatte sie die irgendwann mal, aber im Grunde ihres Herzens war sie für ein geregeltes Familienleben nie geschaffen. Weißt du, ich kann ihr nicht einmal böse sein, sie ist, wie sie ist und soll von mir aus glücklich werden. Obwohl ich kaum glaube, dass sie wirklich glücklich ist. Tja, ich habe meine Lektion gelernt und meine Lehren daraus gezogen.«
»Was für Lehren?«
Brandt merkte, dass er die falschen Worte gewählt hatte, und verbesserte sich gleich: »Wir haben damals einfach zu schnell geheiratet. Mein Gott, wir haben uns gerade mal zwei Monate gekannt.«
»Hast du denn jemals in Erwägung gezogen, wieder eine Bindung einzugehen?«
Brandt lächelte vielsagend, als er antwortete, wobei er jedoch vermied, Andrea anzusehen: »Bis vor kurzem nicht … Das Essen war übrigens hervorragend, ich würde nur zu gerne wissen, was das für ein Fisch war.«
»Espardarte, Schwertfisch. Fahren wir
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