Tod eines Lehrers
so sehr anstrengen konnten, sie haben’s einfach nicht gepackt. Was aber, wenn Maureen gar nicht erpresst wurde?«
»Hab ich auch schon überlegt, aber das würde wiederum bedeuten, dass sie freiwillig mitgemacht hat, womit wir nach einem neuen Motiv suchen müssten. Außerdem ist das Blödsinn, Schirner und Teichmann sind tot, heute Morgen kriegen wir das Video auf den Tisch, und kurz darauf erfahre ich, dass das Mädchen sich umgebracht hat. Nein, nein, das hängt alles zusammen, aberim Moment ist da noch der berühmte Knoten, den ich nicht lösen kann.«
»Würdest du mir das Video mal zeigen?«
»Warum willst du dir das antun?«
»Weiß nicht, Neugierde.«
»Aber nicht heute, oder?«
»Warum nicht? Wir könnten doch nach dem Essen kurz ins Präsidium fahren, uns das Video anschauen, und anschließend bringst du mich nach Hause und …« Sie lächelte ihn vielsagend an.
Brandt registrierte es, und schon wieder kroch ein Gefühl der Beklemmung in ihm hoch. Er hatte seit über zwei Jahren mit keiner Frau mehr geschlafen, er hatte in den letzten Monaten Frauen sogar weitestgehend ignoriert, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen, aber wie hatte seine Mutter vorhin doch gleich gesagt – ich würde mir wünschen, dass du wieder eine Frau bekommst. Eine, die weiß, was sie an dir hat. Dabei war er doch nur ein kleiner Bulle, während sie eine akademische Laufbahn eingeschlagen hatte. Und sie wohnte in Frankfurt und er in Offenbach. Aber wenn sie zusammenziehen würden, dann nur bei ihm in Offenbach. Er würde niemals nach Frankfurt ziehen, es reichte ihm schon, wenn er durchfahren musste. Nun, ganz so schlimm war es auch wieder nicht, eigentlich war Frankfurt gar nicht so übel, man konnte prima einkaufen, es mussten ja nicht gleich die Kollegen erfahren, es gab gute portugiesische Restaurants – und eine Rechtsmedizinerin, für die er alle Vorsätze, die noch vor kurzem für ihn galten, nämlich nie wieder etwas mit einer Frau anzufangen, über Bord werfen würde.
»Wenn bei euch ein Suizid auf den Tisch kommt und ihr die Leiche auf Drogen untersucht, wonach sucht ihr da genau?«
»Hängt vom Suizid ab – Heroin, Koks, Gras und natürlich Alkohol.«
»Was ist mit Beruhigungsmitteln wie Valium, Rohypnol und so weiter?«
»Nur, wenn wir von der Staatsanwaltschaft ausdrücklich darum gebeten werden und es schon Hinweise in der Richtung gibt. Würden wir aber bei jedem Toten nach allen Substanzen suchen, die unter das BTMG fallen, hätten wir keine Zeit mehr, uns um andere Sachen zu kümmern.«
»Könnte man drei Monate nach dem Tod noch Beruhigungsmittel nachweisen?«
»Kommt auf das Mittel an. Heißt das, wir sollen das Mädchen noch mal aufmachen?«
»Nein, nein, vorläufig nicht. War auch nur ’ne Frage. Du bist aber nicht zufällig auch aufs Georg-Büchner-Gymnasium gegangen, oder?«, fragte Brandt grinsend und nippte an seinem Wein.
»Wieso auch?« Andrea kräuselte die Stirn.
»Ich kenne da eine gewisse Person, die …«
»Die neue Staatsanwältin?«, fragte Andrea mit einem verschmitzten Lachen.
»Wie kommst du ausgerechnet auf sie?«
»Sie hat’s mir erzählt, als wir uns mal vor einiger Zeit bei ihr getroffen haben.«
»Was heißt bei ihr?«, fragte er misstrauisch.
»Jetzt mach nicht so ’n Gesicht. Elvira und ich sind schon seit längerem gute Bekannte.«
»Du und die Klein?« Er lehnte sich zurück und trank sein Glas aus. »Das war’s dann wohl.«
»Was war’s dann wohl? Du glaubst doch nicht etwa, dass ich ihr auch nur ein Wort von dem erzähle, was wir hier besprechen?«
»Hoffentlich, sonst hat sie mich noch mehr auf dem Kieker. Ich komm mit ihr einfach nicht zurecht, auch wenn sie heute einen eher guten Tag hatte. Eigentlich hab ich sie so wie heute noch nie erlebt. Woher kennt ihr euch überhaupt?«
»Seit sie bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt angefangen hat, hat sie große Probleme, vor allem mit Untergebenen. Sie war ein paarmal bei mir in der Rechtsmedizin, und daraus ist dann so’ne Art Freundschaft entstanden. Weißt du, Elvira ist ein schwieriger Typ, aber sie ist nicht so, wie du denkst. Sie hat nur ein einziges, aber dafür riesengroßes Problem – sie ist zu verbissen. Sie kann einfach nicht locker sein. Wenn sie bei mir ist, heult sie sich oft aus – keiner mag mich, alle schneiden mich und so weiter und so fort. Das ist Elvira, doch wenn man erst mal ihre Geschichte kennt, sieht man alles in einem andern Licht.«
»Aber wie kommt man an sie ran? Die
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