Tod eines Maechtigen
spielen!«
Salvats Stimme riß mich aus meinen Gedanken. Sein Ton war ohne hörbaren Vorwurf, nicht einmal belehrend, nur nüchtern und ernst -und vielleicht gerade deshalb so beeindruckend, daß man geneigt sein konnte, sein schlichtes Wort als Gesetz hinzunehmen.
Nun, andere mochte er auf diese Weise womöglich beeinflussen und für sich einnehmen - nicht aber mich! Ich wußte, was draußen in der Welt vorging, und wie nötig diese Welt es hatte, unter den Schutz von Kräften gestellt zu werden, wie die Illuminaten sie besaßen. Lange genug war ich dazu verdammt, auf Erden zu wandeln, um dies einschätzen zu können. Und mit dem Orden im Monte Cargano hatte ich geglaubt, endlich die richtigen Verbündeten gefunden zu haben, um mein Los vielleicht abstreifen zu können .
... wäre da nur Salvat nicht gewesen, dieser elend sture Bock, der sich quer und mir in den Weg stellte!
»Nie würde ich es wagen, selbst gottgleich sein zu wollen!« fuhr ich auf. »Nur in Seinem Namen möchte ich wirken, zum Wohle Seiner Schöpfung. Was könnte daran falsch sein? Und wie kannst du dies nicht wollen?«
»Weil es nicht in Seinem Sinne wäre«, behauptete Salvat unerschütterlich, und als er weitersprach, veränderte sich sein Ton endlich, schwand das Stoische daraus und machte etwas Platz, das ich für Wehmut oder gar Trauer gehalten hätte - würde ich geglaubt haben, Salvat, dieser Eisklotz aus Fleisch und Blut, sei zu solcher Regung auch nur im Ansatz fähig .
»Zu schmal ist der Grat zwischen Wirken in Seinem Namen und dem Wunsch, Seinen Namen zu führen«, sagte er in jenem seltsamen Tonfall, »und zu groß ist die Versuchung, solche Kräfte, wie unser Orden sie besitzt, ohne Grenzen und jedes Maß für Vernunft zu gebrauchen. Schon einmal erlag jemand dieser Versuchung, und der Schaden daraus ist niemals mehr gutzumachen.«
Salvats Blick richtete sich in unauslotbare Fernen, so leer und verloren, als übersehe er nicht allein die Mauern dieses Raumes, son-dern die Zeit selbst .
»Unsinn!« parierte ich und schmetterte sein mysteriöses Gerede von mir. »Jeder einzelne Illuminat würde sich hüten, sein Talent zu mißbrauchen, würde man den Orden auf diese neue Aufgabe einschwören -«
Salvats Geist schien von irgendwoher in ihn zurückzukehren; jedenfalls durchlief ein Ruck seine kräftige Gestalt, und es sah aus, als erwache eine bronzene Statue zum Leben. Er lächelte - und schürte meine Erregung damit aufs Neue!
»Du weißt nicht, was du redest«, sagte er knapp.
»Aber du weißt, was du redest?« fuhr ich ihn an, längst schon an den Grenzen meiner Selbstbeherrschung angelangt.
Er nickte. »Das tu ich, Bruder Remigius.«
Remigius .
Ich schnaubte bei der Nennung meines Namens. Für mich nur einer von vielen, der bis dato letzte in einer langen Reihe, so gut wie jeder andere zuvor und allemal besser als mein erster, mein wahrer Name, der einem Fluch gleichkam - - und in dieser Sekunde war ich drauf und dran, ihn zu nennen, ihn Salvat ins Gesicht zu spucken und damit die ganze Wahrheit über mich und meine Beweggründe! Vielleicht hätte er mich dann endlich verstanden!
Vielleicht hätte ich es tun sollen in dieser Sekunde .
Aber ich tat es nicht. Wahrte mein furchtbares Geheimnis. Trug meine Schuld alleine weiter.
Und mit seinen nächsten Worten erstickte Salvat auch den letzten Funken jener Bereitschaft in mir, mich ihm doch noch anzuvertrauen.
»Sieh dich doch nur selbst an, Remigius - hast du nicht schon bewiesen, daß ein Mensch kaum in der Lage ist, mit besonderer Kraft verantwortungsvoll umzugehen? Bedenke, was du Fionna angetan -« »Schweig!« brüllte ich außer mir. »Du hast kein Recht, mir vorzuwerfen, daß ich nur das Beste gewollt habe -«
»Du hast das Beste gewollt und bekommen«, nickte Salvat, »von jedem Menschen. Weil du es dir genommen hast.«
»Du bist nichts anderes als ein gottverfluchter Bastard, dem es gefällt, andere mit deren Leid noch zu geißeln«, zischte ich. »Vielleicht hast du diesen Orden ja nur deshalb um dich geschart, um Opfer zu haben für deine abartige Lust an der Qual anderer?«
»Du redest Unsinn, und du weißt es.« Salvat war wieder die Ruhe selbst.
Ich haßte ihn - ich haßte ihn in diesem Augenblick mehr, als ich je einen anderen gehaßt habe! Haßte ihn sogar mehr als mich selbst .
... und ich ließ mich zu etwas hinreißen, das ich nie hätte tun sollen - nie zuvor und nie danach.
Aber ich tat es. Ich nutzte mein besonderes Talent, entwickelt und
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