Tod Eines Mäzens
Papa, der eine Sekretärin braucht, die ihm zeigt, wo’s langgeht.«
»Flora hat darüber hinaus noch ihre eigene Caupona geführt. Und das nicht schlecht. Du musst zugeben, Marcus, dass es eine schreckliche Kaschemme ist. Aber sie hält sich seit Jahren. Die Leute kommen immer wieder.«
»Hunde pinkeln gerne an dieselbe Säule.«
»Glaub nicht, dass deinem Vater deine ordentliche Lebensführung entgeht«, fuhr Helena fort und ignorierte meine ungehobelte Bemerkung, als wüsste sie, dass es nichts nützte, Privatschnüffler zu tadeln. »Auch wenn du dich noch so sehr anstrengst, meinen Bemühungen zu entkommen.«
»Ich bin nur ein Klumpen nasser Ton auf deiner Töpferscheibe … Was ist mit Papa?«
»Ich hab ihn heute besucht. Er hat mich gebeten, Floras Inventurlisten und Buchführung zu übernehmen. Ich habe abgelehnt, bin aber dadurch auf Maia gekommen. Ich hab ihr nicht gesagt, dass er mich schon gefragt hat, weil sie es beide genießen werden zu glauben, sie hätten die Initiative ergriffen. Geminus wird nichts davon sagen, dass er mich gefragt hat. Das ist nicht sein Stil. Er ist genauso verschlagen wie du.«
»Oh, vielen Dank!«
»Maia kommt nicht gern an zweiter Stelle – falls sie überhaupt weiß, was sie will.«
»Weswegen ist sie unsicher? Das klingt ja, als ginge da irgendwas vor.« Helena antwortete nicht. Ich packte sie fester. »Ich wittere ein Geheimnis. Was hat sie dir bei euren Mädchenplaudereien anvertraut?«
»Nichts.«
»Nichts, ja?« Als gewiefter Frauenkenner nahm ich mir vor zu ergründen, was dieses Nichts war. »Und was erwartest du vom Leben, Schatz?« Das war eine ernst gemeinte Frage. Helena hatte eine Welt senatorischen Luxus und Bequemlichkeit verlassen, um mit mir zusammen zu sein; das verlor ich nie aus den Augen. »Abgesehen von einem gut aussehenden Burschen mit poetischer Empfindsamkeit, der hervorragend im Bett ist?« Darauf gab Helena Justina, kultivierte Tochter des edlen Camillus, ein lautes Schnarchen von sich und tat so, als hätten meine Bemühungen ehelicher Zweisamkeit sie eingeschläfert.
XIX
Am nächsten Tag begab ich mich als Erstes zum Forum Romanum.
Um nicht über den Clivus Publicus am Skriptorium vorbeizukommen, ging ich den Aventin hinunter zur Porta Trigemina, dann über das Forum Boarium und um den Fuß des Kapitols herum. Zum Tempel der Juno Moneta – Juno der Münze –, parallel zum geschäftigen Forum des Julius, verlief der Clivus Argentarius, die Silberstraße. Ich ging selten dort lang, weil ich den Geruch der Dreckskerle, die mit den Bedürfnissen anderer Menschen Geld verdienten, nicht ausstehen konnte.
Am Clivus Argentarius standen Wechseltische, hinter denen bucklige Sklaven Münzen auf tragbaren Waagen prüften. Sie beschissen einen, wenn auch nicht so rücksichtslos wie die östlichen Abweichler am griechischen Ende des Mare Internum. Diesen römischen Kleingeldschwindlern reichte es, trottelige Provinzler sanft auszunehmen, die den Unterschied zwischen einem Dupondius und einem As nicht kannten (beide aus Messing, aber auf dem Dupondius trägt der Kaiser eine Strahlenkrone statt eines Lorbeerkranzes, was der gebildete Leser natürlich weiß!). Diese münzenbeißenden Fachleute, die Stater und Obol in anständige Denarii umtauschten, waren jedoch nicht mein eigentliches Ziel. Ich hatte es auf die Welt der Hochfinanz abgesehen, wollte dort hin, wo die dicken Geldgeber und Makler auf der Lauer lagen. Diese Kerle, die während der Bürgerkriege heimlich städtische Unternehmungen zu enormen Zinsen finanzierten. Bürgen für Schiffsfrachten. Investoren des Luxushandels. Essensgäste von Verbrechern und Förderer des Senats.
Da Chrysippus ein Förderer der Literatur war – und angeblich im Geld schwamm –, erstaunte es mich, dass er unter dem Zeichen des Goldenen Pferdes Geldgeschäfte abwickelte, direkt hier unten. Seine Aurelianische Bank, die ich selbstverständlich für ein ernst zu nehmendes Erbteil gehalten hatte, schien nicht mehr als ein bescheidenes Geldwechselunternehmen zu sein. Es verfügte über den üblichen schiefen Tisch, wo ein Galgenvogel in einer schmuddligen Tunika über ein paar verbeulten Münzkästen wachte und trübsinnig seine quietschende Handwaage am Finger baumeln ließ, während er auf Kundschaft wartete.
War das denn wirklich alles? Mir war aufgefallen, dass sämtliche Stände auf dem Clivus Argentarius, dieser gut gelegenen und renommierten Straße, wie Ein-Mann-Ramschverkäufer unter den
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