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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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knurrte.
    Urbanus lehnte sich zurück. Er zeigte keine sichtbare Verärgerung, schien den Vorwurf bereits gehört zu haben. »Die Menschen sind seltsam – zum Glück, sonst bekämen wir Dramatiker keine Inspirationen.« Er schaute zu seiner Frau, die ihm diesmal ein blasses Halblächeln schenkte. »Das ist ein Vorwurf der schlimmsten Art, weil er sich wohl beweisen lässt, wenn er zutrifft, aber wenn er nicht zutrifft, unmöglich zu widerlegen ist.«
    »Eine Glaubensfrage«, sagte ich.
    Jetzt blitzte doch Ärger bei ihm auf. »Warum werden verrückte Ideen so ernst genommen? Ach ja, natürlich! Gewisse Leute wollen nicht akzeptieren, dass gebildetes und humanes Schreiben in einfallsreicher Sprache und mit tiefen Emotionen aus den Provinzen kommen kann, schon gar nicht aus dem unzivilisierten Britannien.«
    »Sie gehören nicht zu der geheimen Gesellschaft. ›Oh, nur ein gebildeter Römer hätte dies vollbringen können …‹ «
    »Nein. Uns traut man nicht zu, dass wir etwas zu sagen haben oder fähig sind, es auszudrücken … Wer soll denn angeblich für mich schreiben?«, schnaubte er verächtlich.
    »Diverse unglaubwürdige Andeutungen«, erwiderte Helena. Vielleicht hatte Scrutator ihr das erzählt, oder sie war den Gerüchten selbst nachgegangen. »Wovon manche der Genannten nicht mal mehr am Leben sind.«
    »Und wer soll ich – dieser Mann, den Sie vor sich haben – dann sein?«
    »Der Glückspilz, der das Eintrittsgeld kassiert«, erwiderte ich grinsend. »Während die mächtigen Autoren, die Sie ›nachahmen‹, zulassen, dass Sie deren Tantiemen verprassen.«
    »Tja, da entgeht ihnen der ganze Spaß«, meinte Urbanus trocken, plötzlich fähig, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    »Kehren wir zu meinem Problem zurück. Ich könnte anführen«, erläuterte ich ihm ruhig, »Chrysippus hätte dieses böswillige Gerücht in die Welt gesetzt, weil er wusste, dass er Sie verlieren würde. Sagen wir, Sie waren so beleidigt darüber, dass Sie zu seinem Haus gingen, um ihn zur Rede zu stellen, dann haben Sie beide gestritten, und Sie verloren die Nerven.«
    »Entschieden zu drastisch. Ich bin ein viel beschäftigter Autor«, protestierte der Dramatiker milde. »Ich muss nichts beweisen, und ich würde meine Position nicht wegwerfen. Und was literarische Fehden angeht – Falco, dazu habe ich keine Zeit.«
    Ich grinste und beschloss, es unter einem literarischen Aspekt anzugehen. »Helfen Sie uns, Urbanus. Wenn Sie über den Tod von Chrysippus schreiben müssten, wie würden Sie ausdrücken, was passiert ist? War sein Geld ein Motiv? War es der Sex? Steckt ein frustrierter Autor dahinter, eine eifersüchtige Frau oder vielleicht der Sohn?«
    »Söhne raffen sich nie zu Aktionen auf«, meinte Urbanus lächelnd. »Sie leben viel zu lange mit ihrer Wut.« Aus persönlicher Erfahrung musste ich ihm zustimmen. »Söhne grübeln, während es in ihnen gärt, und nehmen die Demütigung letztlich hin. Töchter können allerdings die reinsten Furien sein!«
    Keine der anwesenden Frauen ging darauf ein. Seine Frau Anna hatte sich nicht an der Unterhaltung beteiligt, aber Urbanus stellte ihr jetzt eine direkte Frage: Wen würde sie verdächtigen? »Darüber müsste ich nachdenken«, sagte Anna vorsichtig und mit gewissem Interesse. Manche Leute benutzen so was als Ausrede, doch sie klang so, als wäre es ihr tatsächlich ernst. »Natürlich«, meinte sie, zu mir gewandt, mit einem neckenden Glitzern in den Augen, »könnte ich Chrysippus für meinen Mann umgebracht haben.« Bevor ich dazu kam, sie zu fragen, ob sie es getan hatte, fügte sie scharf hinzu: »Doch ich habe mit meinen kleinen Kindern zu viel zu tun, wie Sie sehen können.«
    Ich war davon überzeugt, dass Urbanus dämlich gewesen wäre, Chrysippus zu töten. Für mich stand er nicht mehr unter Verdacht, aber er interessierte mich. Die Unterhaltung wandte sich allgemeineren Themen zu. Ich gestand, dass ich auch eine gewisse Erfahrung als Stückeschreiber bei einer Theatergruppe hatte. Ich bat ihn sogar um Rat für Der redselige Geist , mein einziger Versuch als Dramatiker. Nach meiner Beschreibung meinte Urbanus, diese brillante Farce sollte in eine Tragödie verwandelt werden. Das war Blödsinn; vielleicht war er schließlich doch kein so begnadeter Theatermann.
    Während wir plauderten, hielt Anna das Kleinkind immer noch über die Schulter gelegt und tätschelte ihm den Rücken, als es unruhig wurde. Sowohl Helena als auch mir fiel auf, dass Anna

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