Tod Eines Mäzens
erwartet, doch wir konnten nicht sicher sein, welcher ihrer grässlichen Freier die Welpen gezeugt hatte oder wann es passiert war.
Sobald Helena mir die Nachricht schickte, dass es offenbar losging, eilte ich nach Hause zurück und traf meinen Neffen Marius auf der Treppe. Nach ein paar Bemerkungen von Helena, dass ich mit den Wehen der Hündin besser umging als damals mit der Geburt meiner eigenen Tochter, hockten Marius und ich uns daneben, während Nux sich mit der Entbindung abmühte. Sie hatte Schwierigkeiten.
»Das ist hoffnungslos, Onkel Marcus!« Marius war verzweifelt. Ich auch, aber ich konnte es nicht zeigen. Er war neun, ich war dreiunddreißig. Außerdem hörte Helena zu. »Scheiße, so wird das nichts!«, brüllte er. Marius hatte in Papas Warenlager gearbeitet. Seine Sprache hatte sich auf traurige Weise verschlimmert. »Ich weiß, dass ein Freund meines Vaters Hunde hält. Den hole ich.«
Marius schoss davon und kam mit einem verwirrten Pferdedoktor der Grünen zurück. Der Mann war einer von Famias typischen Freunden – unbestimmt, schläfrig und finster. Allerdings zeigte er mehr Eifer als mein verstorbener Schwager, grunzte und murmelte und half Nux schließlich, während Marius und ich uns aneinander klammerten und nicht mehr hinsehen konnten, einen einzigen, absolut riesigen Welpen auf die Welt zu bringen.
»Es ist ein Rüde.«
»Ein Junge – der gehört mir!«, schrie Marius entschlossen. Der Pferdedoktor und ich arbeiteten heimlich an dem Wesen. Wir wollten vermeiden, dass Marius die drohende Tragödie mitbekam – der Welpe war leblos. Marius wurde gesagt, er solle sich um Nux kümmern. Der Tierarzt seufzte. Mein Herz sank. Ich nahm an, dass er damit ausdrücken wollte, es sei vorüber.
Er nahm den schlaffen, nassen Welpen hoch, hielt ihn zwischen beiden Händen, hob mit seinem dreckigen Daumen den baumelnden Kopf an und öffnete mit zwei Fingern das bleiche Maul. Zu unserem Erstaunen blies er ihm seinen eigenen Atem ein. Nach einem Augenblick passiven Widerstands konnte der Welpe den Gestank des Knoblauchatems nicht mehr ertragen. Er würgte und gluckste und versuchte zu fliehen. Er wurde meinem Neffen mit der Anweisung übergeben, ihn einzuwickeln und ordentlich abzurubbeln, damit er von selbst atmete. Ich gab dem Doktor Geld für mehrere Becher Wein, vor allem deswegen, weil er Marius vor Kummer bewahrt hatte. Er schlurfte davon, und als sich der Welpe aufgewärmt hatte, legten wir ihn neben Nux.
Zuerst wedelte sie nur mit dem Schwanz und schaute uns an. Als sie das schmutzige Wesen neben sich bemerkte, schnüffelte sie daran mit dem verwirrten Ausdruck, den sie immer aufsetzte, wenn Helena erwähnte, dass Nux gefurzt hatte. Dann bewegte sich ihr Nachkomme. Nux stieß ihn mit der Pfote an und beschloss, sie könne ihn eigentlich auch sauber lecken und ihm erlauben, ihr Leben zu übernehmen.
»Sie weiß, dass sie seine Mutter ist.« Ich war begeistert. »Schau mal, er beginnt zu saugen. Helena, komm und sieh dir das an!« Marius zupfte an meiner Tunika. »Komm da weg, Onkel Marcus. Wir müssen sie jetzt in Ruhe lassen. Sie darf nicht gestört werden, sonst nimmt sie ihn nicht an. Es geht nicht, dass hier alle neugierig reinströmen, und euer Kind bleibt besser in einem anderen Zimmer.« Marius, im Grunde seines Herzen ein Intellektueller, hatte sich ganz in diese Sache reingekniet. Ich wusste, dass Helena ihm ein Kompendium über Viehzucht geliehen hatte. Voll mit Wissen und Besitzerstolz, weigerte er sich, seinen kostbaren Schatz Amateuren anzuvertrauen. »Ich füttere Nux für euch, wenn es sein muss. Ihr zwei«, verkündete er Helena und mir unheilvoll, »seid viel zu erregbar, wenn ich das sagen darf. Außerdem hat Nuxie euch wohl ein kleines Problem bereitet …«
Wie Recht er hatte. Trotz all meiner Bemühungen, ihr einen verlockenden Korb in einer dunklen Ecke vorzubereiten, wo sie ihren grotesken Riesenwelpen in Ruhe zur Welt bringen konnte, hatte sich Nux einen eigenen Platz ausgesucht – auf meiner Toga, in der Mitte unseres Bettes.
»Dann hoffen wir mal«, sagte Helena recht sanft, »dass du in den nächsten paar Tagen nicht bei irgendwelchen feierlichen Anlässen auftreten musst, Marcus.«
Na ja, zumindest das war ziemlich unwahrscheinlich; der August hat auch seine Vorteile.
XXXIV
Helena und mir blieb nichts anderes übrig, als in dieser Nacht unser Bett auf meiner alten Leseliege aufzuschlagen. Die, muss man sagen, war so eng für uns beide, dass wir
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