Tod Eines Mäzens
anfingen, uns wie die Kinder aufzuführen und ohne Zweifel zu erregbar waren, wie Marius so großspurig erklärt hatte.
»Hat dich Nux’ Welpe etwa auf die Idee gebracht, noch ein Kind zu wollen?«, fragte ich kichernd.
»Möchtest du eine Einladung, etwas in der Richtung zu unternehmen?«
»Ist das ein Angebot?«
Woraufhin Helena mir erzählte, dass sie wieder schwanger war, und wir beide stiller und sehr viel ruhiger wurden.
Als Helena mit Julia schwanger gewesen war, hatte sie die ganze Zeit befürchtet, die Geburt könnte schwierig werden. Was sie auch wurde. Mutter und Kind wären fast gestorben. Jetzt waren wir beide nicht fähig, über unsere Ängste für das zweite Kind zu sprechen.
Marius verbrachte den größten Teil des nächsten Tages mit uns. Zumindest im Schneidersitz neben dem Welpen. Helenas und meine Anwesenheit war für ihn nicht von Bedeutung.
Ich blieb zu Hause, schrieb Berichte für die Vigiles über die Schuldner, die Aelianus befragt hatte. Als Senatorensohn hielt er das Berichteschreiben für unter seiner Würde. Wenn er weiter mit mir arbeiten wollte, würde ich ihm bessere Manieren beibringen müssen. Er erwartete von mir, ihm eine Kohorte von Sekretären zur Verfügung zu stellen, die seine Notizen entziffern konnten.
Gut, ich würde ihm Ratschläge geben. Wenn er sie ignorierte, würde er eines Tages mit einem Klienten vor Gericht landen (einem Klienten, auf den ich keinen Wert legte; davon gab es genug), ein Anwalt würde schriftliche Beweise verlangen, und der edle Aelianus würde in die Röhre gucken.
Am Nachmittag verschwand Marius, kam aber abends zurück und hatte diesmal eine aufgerollte Decke und seine eigene Essschüssel dabei.
»Willst du bei uns einziehen? Weiß deine Mutter davon?«
»Ich hab es ihr erzählt. Der Welpe muss noch für mehrere Wochen bei Nux bleiben.«
»Nux und dem Welpen geht es gut, Marius. Du kannst sie besuchen, wann immer du willst. Du musst sie nicht die ganze Nacht bewachen.«
»Arctos.«
»Wer ist das?«
»Ich werde ihn Arctos nennen. Der Große Bär. Er braucht keinen so blöden Namen wie Nux.«
»Das klingt ja so, als würdest du uns den kleinen Arctos nicht anvertrauen«, sagte Helena. »Nux wird sich sehr gut um ihn kümmern, Marius.«
»Ach, das ist nur eine Ausrede«, meinte Marius leichthin. Helena und ich waren sprachlos. »Ich bin lieber bei euch. Es ist so langweilig, nach einem langen Tag mit Schwerstarbeit im Lagerhaus heimzukommen« – Ich wusste von Papa, dass Marius nur leichte Arbeiten verrichtete und bloß auftauchte, wann es ihm passte. Als er über seine Arbeit stöhnte, hörte ich seinen verstorbenen Vater in ihm, so unterschiedlich Marius und Famia auch waren –, »nur um dauernd diesen Anacrites dort vorzufinden.«
»Ach ja?«, sagte ich und versteifte mich. »Was heißt ›dauernd‹?«
»An den meisten Abenden«, bestätigte Marius verdrossen.
»Ist das alles?«
»Er bleibt nicht über Nacht. Bisher heißt es noch nicht ›Dies ist dein netter neuer Vater‹«, versicherte mir mein Neffe mit der erstaunlichen Selbstsicherheit, die Maias Kinder schon immer besessen hatten. Für seine neun Jahre war er ziemlich weltgewandt. Ein vaterloser Junge muss rasch erwachsen werden, aber das war doch erschreckend. »Cloelia und ich haben unser Bestes getan, der Sache ein Ende zu bereiten.«
»Ich würde empfehlen, sich nicht einzumischen«, riet ich ihm von Mann zu Mann.
»Du hast Recht! Als wir es versucht haben, hat Mama geweint. Es war entsetzlich.«
»Deine Mutter darf tun und lassen, was sie will, weißt du«, sagte ich, biss mir auf die Lippe und dachte: Nicht, wenn ich es verhindern kann. (Also ehrlich, diese Idioten, die gelehrte Abhandlungen über die patriarchalische Macht des Römers verfassen, haben offensichtlich nie versucht eine Frau zu irgendwas zu bewegen.)
»Ja, aber das wird furchtbar schief gehen, Onkel Marcus. Dann wird er abhauen, und wir können sehen, wie wir mit dem Schlamassel, den er angerichtet hat, fertig werden.«
Helena, die ein Lächeln zu verbergen schien, machte sich daran, das Abendessen vorzubereiten, und überließ mir alles Weitere.
Ich senkte verschwörerisch die Stimme. »Also, was sprechen die Würfel, Marius?«
»Mama sagt, Anacrites sei ihr Freund . Bah!«
»Wozu braucht sie einen Freund? Sie hat doch dich und mich, die für sie sorgen.«
»Sie sagt, es gefällt ihr, jemanden zum Reden zu haben – einen Außenseiter, der nicht dauernd zu wissen glaubt, was sie
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