Tod eines Mathematikers
Tür auf. Fabian drehte sich auf der Treppe um, sah mich traurig an. Ich pfefferte das Buch in seine Richtung und knallte die Tür wieder zu. Völlig erschöpft ließ ich mich aufs Sofa fallen, zog meine Knie dicht an den Körper. Und heulte.
*
Matze und Harry hatten gerade die Partie eröffnet, als Matzes iPhone vibrierte. Alexandras Nummer blinkte auf dem Display. Matze stöhnte. »Madame wünscht, mich zu sprechen. Bestimmt ist ausgerechnet jetzt irgendwo ein Mord passiert und ich muss mit ihr raus.«
»Nun geh schon ran. Pflicht ist Pflicht«, sagte Harry.
Alexandra weinte hemmungslos ins Telefon. Aus ihrem Gestammel konnte Matze nur entnehmen, dass er bitte, bitte, sofort zu ihr kommen sollte, weil sie glaubte, der Mörder ihres Vaters sei bei ihr in der Wohnung gewesen.
Keine Viertelstunde später saßen Matze und Harry bei Alexandra, die nur ein paar Straßen von Matze entfernt wohnte. Alexandra war völlig aufgelöst, saß zusammengekauert auf ihrem Sofa. Mit beiden Händen hielt sie ihr Glas Rotwein und stammelte irgendwas davon, dass ein gewisser Fabian Mohr, ehemals zweiter Vorsitzender dieser Mathestiftung, in die Villa ihres Vaters eingebrochen und bestimmt der Mörder ihres Vaters sei. Außerdem glaubte sie, dass ominöse Lobbyisten mit den Mathefuzzis unter einer Decke steckten.
Harry und Matze tauschten verstohlene Blicke und dachten dasselbe: Alexandra gehörte in die Psychiatrie. Der Tod ihres Vaters und der von Simon Schröder war zu viel für sie gewesen. Nun drehte sie durch.
»Alexandra, hör mal zu«, versuchte Harry, sie zu beruhigen. »Selbst wenn dieser Mohr bei deinem Vater in der Villa war, muss er doch nicht sein Mörder sein. Vielleicht hat er dort nur irgendwas gesucht. Forschungsergebnisse, die er sich selbst ans Revers heften wollte.«
»Dein Vater ist nicht umgebracht worden«, sprang ihm Matze bei.
Harry nickte. »Die Mordkommission, wo ich einen alten Kumpel habe, hat nicht die geringsten Zweifel am Selbstmord. Und du weißt doch auch, was Herr Willich gesagt hat.«
»So, so …« Alexandra verdrehte genervt die Augen. »Und was sagt ihr dazu, dass Fabian Mohr ein Kommilitone von Nicole Wollenbeck war? Er kannte meinen Vater, der nun tot ist. Er kannte Nicole, die verschwunden ist. Alles Zufall, oder was?«
Harry und Matze sahen sich verblüfft an. »Das klingt in der Tat interessant«, gab Harry zu. »Okay, wir knöpfen uns diesen Typen mal vor.« Alexandra gab ihm Mohrs Visitenkarte. Gegen vier Uhr morgens verließen sie Alexandras Wohnung.
*
Er ballt die Faust in seiner Tasche. Stunden steht er nun schon hier und beobachtet ihre Wohnung. Sie ist eine solche Schlampe. Kommt erst mit einem Mann nach Hause, schickt ihn, kaum dass sie mit ihm fertig ist, wieder weg. Und dann kommen schon die nächsten beiden. Er stellt sich vor, wie sie es mit ihnen treibt. Ist erregt. Schade, dass er es noch nicht geschafft hat, eine neue Wanze unter ihrem Bett anzubringen. Aber er muss vorsichtig sein. Muss warten, bis alle Nachbarn aus dem Haus sind und ihn niemand sieht. In der letzten Zeit war es wie verhext. Immer, wenn er schon im Treppenhaus war, kam jemand, sodass er sich nicht in Ruhe an ihrer Wohnungstür zu schaffen machen konnte. Gleichzeitig spürt er eine unbändige Wut. Eifersucht. Das sollten diese Kerle ihm büßen. Töten würde er sie. Alle beide. Sie gehörte ihm. Ihm alleine. Ihre Zeit war gekommen.
*
Alexandra, geliebte Prinzessin! Glaube mir, ich habe Deinen Vater nicht umgebracht. Ja, ich war in seinem Haus. Ja, ich habe sein Arbeitszimmer durchsucht. Aber das Zimmer war schon vorher verwüstet. Es muss jemand vor mir in eurem Haus gewesen sein. Bitte glaub mir das!
Als ich hörte, dass jemand die Haustür aufschloss, habe ich mich ruhig verhalten. Das Knarren der Treppenstufen verriet, dass dieser jemand – ich ahnte nicht, dass Du es warst – nach oben ins Dachgeschoss ging. Und als Du oben beschäftigt warst, ich hörte so ein Rumpeln, habe ich gemacht, dass ich raus kam. Mensch, das war ein Einbruch, den ich da begangen hatte. Du kannst diese Mail gerne zur Polizei schicken. Sie ist ein Geständnis. Ich werde dazu stehen, alles zugeben und mich bestrafen lassen. Wenn es sein muss, gehe ich für den Einbruch in den Knast, wenn es nur hilft, Dich davon zu überzeugen, dass ich nichts mit dem Tod Deines Vaters zu tun habe. Ich war auf der Suche nach … Tja, ich weiß auch nicht. Beweisen, Unterlagen … Mir fehlt offensichtlich das Talent zum
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