Tod Eines Senators
Mitfühlendes.
»Sie sind noch sehr klein«, besänftigte Justinus ihn. »Sie brauchen nichts davon zu erfahren, bis all das längst vorbei ist.«
Auch er schaute zu Boden. Aelianus drückte sein Kissen an sich und war jetzt ganz still. Seit sie mit mir arbeiteten, hatte ich ihnen beigebracht, zumindest beim Spiel mit Verdächtigen synchron zu sein. »Merkwürdig, nicht wahr?«, sinnierte Justinus dann. »Hätten Sie je mit so etwas gerechnet? Als Sie Kind waren? Waren Sie glücklich?«
»Oh, wir waren glücklich«, antwortete Negrinus kläglich. »Wir wussten von nichts. Ich wusste von nichts«, wiederholte er. Wir nahmen alle an, dass er damit meinte, sie hätten nichts von den momentanen rechtlichen Problemen vorausgesehen. »Ich möchte, dass meine Kinder glücklich sind«, jammerte er. »Ist das zu viel verlangt?«
Wir versicherten ihm alle, dass seine Hoffnung angemessen sei, dann ging Justinus pinkeln.
Aelianus nickte hinter ihm her. »Probleme mit seiner Frau. Geht alles den Bach runter. Genau wie bei Ihnen.«
Negrinus trank wieder. Aelianus beugte sich vor und schenkte ihm nach, doch wir beide griffen nicht nach unseren Bechern. Ein Kohlebecken zischte, und die Flamme erlosch. Ich legte den Deckel darüber und ließ den Raum dunkler werden. »Nicht wie bei mir«, sagte Vögelchen. »Ging nie den Bach runter, war von Anfang an schlimm, verstehen Sie. Ich wurde reingelegt. Keine Chance. Ich wurde reingetrieben und reingelegt …« Er sackte noch mehr in sich zusammen. »Aber damals hatte ich keine Ahnung.«
War es dasselbe, was er nicht wusste, irgendwas Bestimmtes? Oder schwafelte er nur angetrunken vor sich hin?
Justinus kam wieder herein. Er musste zur Küchenlatrine und zurück gerannt sein, um nur ja nichts zu verpassen. Aelianus warf ihm einen strafenden Blick zu, falls unsere Plaudertasche dadurch den Faden verloren hatte.
»Wer hat Sie denn reingelegt, Vögelchen?«
»Irgendjemand!« Eine pubertäre Antwort. Er klang betrunken, aber nicht zum ersten Mal in seinem Leben. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Mann unerwartet gepanzert war. Er schaute uns herausfordernd an, obwohl seine Haltung liebenswürdig blieb. »Jetzt hört mal zu, ihr naseweisen Burschen – das ist mein Privatleben!« Er sackte wieder zusammen. »Privatleben … Ein Mann muss ein Privatleben haben, wenn er ein öffentliches Amt bekleiden will. Muss verheiratet sein. Ich musste heiraten. Also habe ich Saffia geheiratet.«
»Die Frau Ihres besten Freundes?«, fragte ich obenhin.
»Mein bester Freund!«, rief er. »Auch mein schlimmster Freund …« Wir kamen nicht mehr mit. Plötzlich wurde er wieder munter. »Geprüft! Wusste, wie sie war, versteht ihr.«
»Waren Sie glücklich mit ihr?« War Lutea glücklich mit ihr gewesen, fragte ich mich. Wenn Luteas Ehe mit Saffia aus irgendeinem Grund gescheitert war, würde er gewünscht haben, dass sein Freund sich seiner abgehauenen Frau annahm? Oder hatte sich Saffia zuerst in Negrinus verknallt und so das Scheitern der Ehe mit Lutea verursacht? Das schien unwahrscheinlich. Dann stünde Lutea nicht auf so gutem Fuß mit ihr.
»Ich war glücklich!«, antwortete Negrinus überschwänglich. »Sie war sehr glücklich!«
»Aber das ist vorbei?«, hakte Justinus sanft nach.
Negrinus verstummte. Jetzt hatten wir ihn wirklich verloren. »Alles ist vorbei«, erklärte er mit hohler Stimme. »Für mich ist alles vorbei. Ich habe nichts, ich bin nichts …«
»Reißen Sie sich zusammen! Ich habe überlegt, wo Sie unterkommen könnten«, sagte ich und ließ es so hilfreich wie möglich klingen. Ich hatte entschieden, dass ich es nicht ertragen konnte, ihn unser Haus mit seiner Mutlosigkeit und seiner hochtrabenden Art erfüllen zu lassen. Nicht nachdem ich jetzt wusste, wie viel er trank. Ich würde mir von einem willensschwachen Aristokraten, dessen Name zu einem Forumsbegriff geworden war, keine Dankesschuld auferlegen lassen. Es war ja durchaus möglich, dass dieser Mann es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, Schierling ins Abendessen des Haushalts zu tropfen. »Was ist mit Ihrem Kumpel? Würde Lutea Sie nicht für eine Weile bei sich aufnehmen?«
»Nein, da kann ich nicht hin …« Sein Ton war ausdruckslos. Er gab keinen Grund an, brauchte uns keine Rechenschaft ab zulegen. Ich verübelte es ihm, dass er uns manchmal wie Sklaven behandelte. Er befand sich in meinem Wintersalon, trank meinen Wein, und er kippte sich eine Menge davon hinter die Binde.
Justinus bedrängte ihn. »Aber
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