Tod Eines Senators
gemütlicher, muss ich sagen.« Sie schwieg, und ich konnte mich nicht überwinden, sie zu fragen, wie das bei ihr und Laco aussah. »Sie haben andere Ansichten als Ihre Eltern. Ihre Mutter bestand darauf, dass Saffia ihre Tochter einer Amme überließ, wurde mir erzählt. Haben Sie das mit Ihren Kindern auch gemacht?«
»Nein.« Wieder sah ich diesen flüchtigen Ausdruck, den ich nicht einordnen konnte. Vielleicht fühlte sich Carina, nach außen hin so gelassen, unbehaglich dabei, zuzugeben, dass sie Calpurnias strikte Kinderbetreuungsratschläge zurückgewiesen hatte.
»Darf ich Sie fragen, ob Ihre unabhängigen Ansichten der Grund sind, warum Sie in dem Ruf stehen, sich von Ihrer Familie entfremdet zu haben?«
»Ich verstehe mich bestens mit meiner Familie«, verkündete Carina.
»Ach ja?« Ich erhöhte den Druck. »Soviel ich gehört habe, gab es Ärger. Ihr Mann musste sich gegen Einmischung zur Wehr setzten, Sie haben sich geweigert, am Abschiedsmahl Ihres Vaters teilzunehmen, und Sie haben bei seiner Beerdigung Ihre Verwandten lautstark bezichtigt, ihn umgebracht zu haben.«
Panik ergriff sie. »Ich will nicht mehr mit Ihnen reden!«
»Aber stimmen meine Fakten?«
»Ja. Doch Sie verstehen nicht …«
»Dann sagen Sie es mir.«
»Es gibt nichts zu sagen.«
»Als Ihr Vater ankündigte, er wolle Selbstmord begehen, warum wollten Sie ihn da nicht sehen?« Sie schwieg. »Bedauern Sie das jetzt?«
Eine Träne löste sich aus ihrem Auge. »So war das nicht, Falco. Ich habe mich nicht geweigert, an dem Mahl teilzunehmen. Ich war nicht eingeladen. Ich wusste nichts von der Diskussion. Juliana hatte mir erzählt, Papa hätte sich gegen Selbstmord entschieden – und ich dachte sogar, mein Bruder sei gar nicht da.«
»Also hatten Sie sich entfremdet?«
»Nein, sie dachten nur alle, es sei einfacher so …« Sie versuchte zu rationalisieren. Sie wollte die Familie dafür in Schutz nehmen, sie ausgeschlossen zu haben.
»Das erklärt also Ihre Vorwürfe während der Beerdigung? Sie hatten das Gefühl, dass man Ihnen die falsche Geschichte aufgetischt hatte?«
»Ich war verstört. Ich habe einen Fehler gemacht.«
»Nein – wenn sich herausstellt, dass jemand Ihren Vater getötet hat.«
»Niemand aus meiner Familie.«
»Sie haben darüber Ihre Meinung geändert?«
»Ich hatte ein langes Gespräch mit meinem Bruder. Er hat mir erklärt …« Sie hielt inne. »Dinge, die ich davor nicht gewusst hatte.«
»Ihr Bruder hat Ihnen seine Geschichte erzählt, und Sie haben hingenommen, dass der Tod Ihres Vaters von jemandem außerhalb der Familie verursacht wurde? Von wem denn?«
»Das kann ich nicht sagen. Es ist Ihre Aufgabe, das herauszufinden.«
»Sie helfen mir nicht dabei.«
»Das ist so ein Albtraum.« Rubiria Carina sah mich direkt an.
Sie sprach wie eine Frau, die vollkommen aufrichtig ist. Frauen, die lügen, wissen immer, wie man diesen Eindruck erweckt. »Ich wünschte, das würde alles verschwinden, Falco. Ich möchte, dass wir zu unserer Gemütsruhe zurückfinden. Ich will nichts mehr davon hören.«
»Aber Ihr Bruder ist des Vatermordes angeklagt«, erinnerte ich sie. Carina stand deutlich unter enormer Anspannung, und ich befürchtete, dass sie zusammenbrechen würde.
»Das ist zu hart«, murmelte Carina bitter. »Nach allem, womit er leben muss. Das ist ihm gegenüber so ungerecht.«
Ihre Gefühle waren tief und erklärten, warum sie Negrinus in ihrem Haus Zuflucht gewährt hatte. Doch irgendwie war es nicht das, was ich an Äußerung von ihr erwartet hatte. Sie meinte etwas anderes, was mir entging, das spürte ich.
Ich fragte Carina nach dem Testament ihres Vaters. Als sie mir mit der alten Ausrede kam, sie sei nur eine Frau und wisse nichts über die Familienfinanzen, brach ich das Gespräch ab, sammelte Honorius ein und ging nach Hause.
Honorius hatte wenig Neues von Vögelchen erfahren. Doch ich hatte auch nichts anderes erwartet.
Der junge Anwalt war aber nicht völlig nutzlos. »Ich fragte ihn, wer die Abschrift des Testaments habe. Das könnte Sie überraschen, Falco, oder auch nicht. Paccius Africanus hat sie.«
Ich war überrascht – würde es aber Honorius nicht zeigen.
»Sagen Sie nichts …« Denunzianten vom Typ Paccius und Silius sind berüchtigt für Erbschleicherei. »Paccius hat sich selbst zum Haupterben einsetzen lassen.«
Unglaublicherweise stimmte das.
XXII
Vögelchens Ernennung von Honorius als Mitarbeiter von Falco und Partner rief bei meinen
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