Tod Eines Senators
guter Vater. Wir mochten ihn alle.«
»Sie und Ihre Schwester wurden beide jung verheiratet. Waren Sie beide glücklich mit Ihrer Wahl?«
»Ja.« Wieder das Mauern. Der Anstandswauwau ignorierte unser Gespräch. Ich fragte mich, ob die Alte taub war.
»Und Ihr Bruder? Ich habe noch nicht viel mit ihm über diese merkwürdige Situation gesprochen, in der er zum zweiten Ehemann der Frau seines besten Freundes wurde.«
»So was passiert«, erwiderte Carina grob.
»Ich weiß.« Ich wartete ruhig.
»Licinius Lutea und mein Bruder wurden zusammen unterrichtet und leisteten ihren Armeedienst in derselben Provinz ab. Sie waren ihr Leben lang enge Freunde gewesen. Lutea heiratete als Erster. Das Paar bekam einen Sohn. Später geriet Lutea in finanzielle Schwierigkeiten, und Saffia Donatas Vater bestand auf der Scheidung.«
Ich hob die Augenbrauen. »Das ist hart. Eine eher altmodische Vorstellung, nicht wahr? Heute neigen wir zu der Ansicht, dass Eltern glückliche Paare nicht trennen sollten.«
»Ich weiß nur«, sagte Carina langsam, »dass Saffia ihrem Vater nicht widersprochen hat.«
»Jeder Ehemann kann mal schwierige Zeiten durchmachen … Ich habe Donatus kennen gelernt. Ein alter Dickschädel. Er macht sich Sorgen, dass die Mitgift seiner Töchter verplempert wird, wenn sie sich in anderen Händen befindet.«
Carina gab keinen Kommentar ab zu meiner Andeutung über die Behauptung des alten Dickschädels, ihr Vater hätte Saffias Besitz nicht gut verwaltet. »Ich glaube, mein Bruder hatte Mitleid mit seinem Freund«, sagte sie. »Lutea hatte Angst, den Kontakt zu seinem Sohn zu verlieren, der noch ein Säugling war. Mein Bruder stimmte zu, Saffia selbst zu heiraten – er brauchte eine Frau, er ist ein eher schüchterner Mensch, und er kannte Saffia. Das bedeutete, dass Lutea den kleinen Lucius immer noch oft sehen konnte, und irgendwann könnte dann Lucius bei seinem Vater leben, ohne dass es zu allzu vielen Spannungen kommen würde.«
»Also war Lutea einst ein häufiger Besucher im Haus Ihres Bruders. Ich nehme an, er und Ihr Bruder stehen sich jetzt nicht mehr so nahe? Während es so scheint, als stünden Lutea und Saffia nach wie vor auf recht gutem Fuß?«
Carina wusste, was ich meinte. »Sieht so aus«, erwiderte sie ziemlich trocken. Aber mehr sagte sie nicht.
Ich schaute ihr in die Augen. Sie war eine verheiratete Frau, die Mutter von drei Kindern. Sie musste die Welt kennen. »Glauben Sie, Lutea und Saffia haben herumgespielt, während sie mit Ihrem Bruder verheiratet war?«
Sie errötete und sah auf ihren Schoß. »Ich habe keinen Grund, sie dessen zu verdächtigen.« Sie hat jeden Grund, dachte ich.
»War Ihr Bruder deswegen besorgt?«
»Mein Bruder ist gutmütig und unbekümmert.« Wenn es stimmte, dass er zum Hahnrei gemacht worden war, fragte ich mich, wer wohl dann der Vater von Saffias bisher ungeborenem Kind war. Dann fragte ich mich sogar, wer tatsächlich das erste Kind in dieser zweiten Ehe gezeugt hatte, die zweijährige Tochter.
»Manche würden sagen, Ihr Bruder lässt sich zu leicht rumschubsen.«
»Das würden manche sagen«, stimmte Carina ruhig zu.
»Saffia meinte, Sie seien eine nette Frau«, bemerkte ich. »Würden Sie etwas Ähnliches über sie sagen?«
»Ich habe nichts über Saffia Donata zu sagen«, antwortete ihre Exschwägerin. Das überraschte mich nicht. Carina war nett. Nett – oder sie verbarg etwas.
»Reden wir über Ihre Mutter. Wie schon gesagt, seien Sie nicht beunruhigt. Ich brauche ein bisschen mehr Hintergrundwissen. Haben Ihre Eltern beide nur diese eine Ehe geführt?« Sie nickte. »Das ist heutzutage etwas Seltenes und Schönes. Die Kinder sind also glücklich aufgewachsen, und die Ehe verlief angenehm?«
»Ja.«
»Ihre Eltern haben drei Kinder zur Welt gebracht, wie vom Gesetz gefordert …« Ich bemerkte ein Aufflackern von Emotion. »Sie sind alle in kurzen Abständen geboren, nicht wahr? Kann ich daraus folgern, dass, nachdem Ihre Mutter ihre drei Kinder hatte, absichtliche Maßnahmen ergriffen wurden …«
Abtreibung ist illegal, Verhütung wird missbilligt. Carina fuhr hoch. »Dazu kann ich wirklich nichts sagen, Falco!«
»Entschuldigung. Verzeihen Sie, aber Ihr Vater ist in ›seinem‹ Schlafzimmer gestorben, wenn ich recht unterrichtet bin. Hatte Ihre Mutter ihr eigenes Zimmer?«
»Ja«, gab Carina ziemlich steif zu.
»Das haben viele Menschen«, versicherte ich ihr. »Aber meine Frau und ich finden ein gemeinsames Ehebett
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