Tod Eines Senators
Senator. Er hatte in der Armee gedient. Als er Perseus trat, lernte der, was eine militärische Ausbildung wert ist.
»Ich hab die Schnauze voll von dir«, brüllte Negrinus ihn an. Er trat zu und legte dabei sein volles Gewicht hinein. Ich schaute zum Verwalter, und wir zuckten beide zusammen. »Ich bin es leid, dass mir die Leute Schmerz zufügen, also werde ich …« Tritt! »dir …« Tritt! »Schmerz zufügen!« Ein letzter Tritt hatte die gewünschte Wirkung.
Perseus gestand, dass sich die fehlende Bettdecke im Gartenschuppen befinden könnte. Dafür brauchte man Schlüssel, denn ich hatte gesehen, dass der Schuppen mit Kette und Schloss gesichert war. Calpurnia hatte behauptet, dort seien »unerwünschte Haushaltsgegenstände« untergebracht. Der Verwalter fand seine Autorität wieder, schlüpfte weg und erschien mit Calpurnias Schlüsselbund.
Immer noch erbost, riss Vögelchen den Pförtner hoch, marschierte in den Garten und zerrte Perseus mit. Es war ein milder, erstaunlich freundlicher Wintertag. Inzwischen war ich völlig steif von dem gestrigen Überfall, und so humpelte ich schmerzerfüllt in einiger Entfernung hinter den beiden her, als sie sich dem kleinen Schuppen näherten. Ein paar Wespen summten noch im späten Nachmittagssonnenschein herum.
Ich holte Vögelchen ein, als er am Schloss herumfummelte, während der weggeschubste Perseus unter einem in der Nähe stehenden Feigenbaum wimmerte. Er sah so aus, als wollte er weglaufen, daher bewachte ich ihn. Vögelchen zog die Schuppentür auf und trat geduckt ein. Ich hörte einen Aufschrei und bewegte mich mit einem Gefühl des Grauens auf ihn zu, als würde ich befürchten, er hätte eine Leiche entdeckt.
Er kam wieder aus der Tür und hielt nichts Schlimmeres als ein farbenfrohes Stoffbündel im Arm. Es war stark verknittert, und als er es im Licht betrachtete, erschien ein Ausdruck von Ekel auf seinem Gesicht. Er warf die Bettdecke zu Boden und kam auf den Pförtner zu. Aus Angst vor weiteren Tritten ergriff Perseus die Initiative und stürzte sich auf Vögelchen. Miteinander rangelnd fielen sie zurück in den Schuppen.
Ich erreichte die Tür, als Vögelchen wieder herausstolperte. Ich dachte, er wäre vielleicht verwundet, obwohl ich kein Blut sehen konnte. Er taumelte an mir vorbei, und hinter ihm kam der Pförtner. Ich konnte ihn gerade noch in dem fast völligen Dunkel ausmachen, während ich für ihn im Sonnenlicht als Silhouette zu sehen sein musste. Er stieß mit einem langen Gerät nach mir, so einem, wie man es zum Beschneiden von Bäumen benutzte, mit einem langen gebogenen Haken. Da mir der Rücken wehtat, stützte ich mich am Türrahmen ab. Dabei bemerkte ich, dass an dem grob gezimmerten Dach der Hütte ein Fleck war. Ich erkannte die Symptome. Nach Jahren in Dachgeschosswohnungen wusste ich, dass sich die Wespen direkt über mir befinden mussten. Das Licht war zu schwach, um Flecken an der Decke genau zu sehen, aber über mir konnte durchaus ein drei Fuß großes Wespennest sein.
Ich ließ mich fallen, packte einen Besen, kam mit einem Ruck hoch und hielt den Besen am Borstenende fest. Als sich der Pförtner auf mich stürzte, rammte ich den Stiel nach oben in das Dach aus unbehauenen Balken. Dann wirbelte ich aus der Tür und warf sie hinter mir zu.
Ich hörte, wie wütende Wespen aus ihrem zerstörten Nest schwirrten. Selbst um diese Jahreszeit waren sie noch aktiv. Der Pförtner begann zu schreien. Ich humpelte von der Tür weg, während Vögelchen mich mit bleichem Gesicht anstarrte.
Vor meinen Füßen lag die Bettdecke, bestickt mit vielfarbigem Garn in den schimmernden Blautönen von Pfauenfedern. Sie war herrlich anzusehen, doch sie stank widerlich. Ich konnte verstehen, warum man sie aus dem Haus entfernt hatte – aber nicht, wieso sie im Schuppen versteckt worden war. Sie stank, und der eklige Geruch stammte von verfaulten menschlichen Exkrementen.
XXVIII
Leute kamen angerannt und zerrten den Pförtner aus dem Schuppen. Er lebte noch, wenn auch nur so eben. Er hatte Glück gehabt. Manche Menschen winden sich mit geschwollenem Mund und geschwollener Kehle in Krämpfen. Manche sterben. Vielleicht hätte ich Reue empfinden sollen, aber er war ein offenkundiger Übeltäter. Ich kündigte an wiederzukommen, um ihn zu verhören.
Vögelchen schien ebenfalls unter Schock zu stehen. Ich versuchte mit ihm zu reden, aber es war zwecklos. Ich konnte nur zuschauen, wie unser bibbernder Klient in seinen Tragestuhl
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