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Tod Eines Senators

Titel: Tod Eines Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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war, hatte ich schlechte Laune. Biltis war, wie Aelianus knapp vermerkt hatte, eine Frau, die einem zu nahe rückte und zu viel Interesse an jedem hatte, der sie befragte. Sie war schlampig und aufgedunsen, hatte ruhelose dunkle Augen und eine Warze am Kinn und war in einem Stil gekleidet, der bewies, dass Klageweiber genauso überbezahlt sind, wie man immer argwöhnt, wenn man für einen geliebten Menschen ein letztes Lebewohl organisiert. Viele Rechnungen, die von bedrückten Menschen nicht in Frage gestellt worden waren, mussten zu dem Glasperlenbesatz auf dem farbenfrohen Kleid der Frau beigetragen haben, genauso wie zu den geschmacklosen Fransen an ihrer üppigen knallroten Stola.
    »Natürlich trage ich gedeckte Farben, wenn ich arbeite«, erklärte sie, sich zweifellos bewusst, dass ich abschätzte, wie viel ihre schrille Aufmachung gekostet haben mochte. »Alle Mühe wird darauf verwendet, das Haar zu zerzausen, um es sich auszureißen … Manche Klageweiber benutzen Perücken, um die eigene Kopfhaut zu schonen, aber mir ist mal eine runtergefallen. Während der Prozession. Das beeindruckt die Trauernden nicht. Na ja, sie zahlen ja auch dafür, nicht wahr? Und bei Tiasus hoffen sie, dass sie für Qualität zahlen. Man muss vermeiden, unhöflich zu erscheinen.«
    »Klar.«
    »Sie sind wohl eher ein Einsilbiger, was?«
    »Stimmt.« Ich hörte zu. Wir hatten Zweifel an ihrer Verlässlichkeit. Ich versuchte, sie unter all ihrem Geplapper einzuschätzen.
    »Der andere hat mir gefallen.« Das hatte noch niemand über Aelianus gesagt. Ich freute mich schon darauf, es ihm zu erzählen.
    »Wäre es unverschämt, Sie zu fragen, was mit Ihrem Auge passiert ist?«
    »Nein, warum? Alle anderen tun’s ja auch!« Ich machte mir nicht die Mühe, die Frau aufzuklären.
    Eingeschnappt hielt sie den Mund. Jetzt war ich dran. Ich ging das durch, was sie Aelianus über die Familienspannungen bei Metellus’ Beerdigung erzählt hatte: Streit in der Familie und Carinas wütende Beschuldigung, ihr Vater sei ermordet worden. Biltis bestätigte auch die Routinevorgänge – die Prozession zur Via Appia und das Verbrennen der Totenbahre am Mausoleum, wo Negrinus zusammen mit Julianas Mann und einem Freund, wahrscheinlich Licinius Lutea, die Feierlichkeiten geleitet hatte. Der Oberspaßmacher, den sie zuerst bei der Prozession einsetzen wollten, hieß Spindex. Er arbeitete regelmäßig für Tiasus, obwohl Biltis sagte, es sei ewig her, seit ihn irgendjemand gesehen habe.
    »Er war sehr ungehalten darüber, dass er von den Metelli ausgeladen wurde. Tiasus hat ihm danach ein oder zwei Aufträge verschafft, aber er hat sie nicht bestätigt und ist auch nicht erschienen. Er ist einfach abgetaucht.«
    »Warum genau wurde er von den Metelli ausgeladen?«
    Das genau schien sie zu beunruhigen. Statt sich weiterhin als allwissende Expertin aufzuspielen, wurde ihr Blick jetzt unstet.
    »Lassen Sie nur«, sagte ich. »Ich kann Spindex selbst fragen, wenn ich ihn finde. Ich hoffe, er hat sich nicht auf irgendeinem Anwesen in einer fernen Provinz zur Ruhe gesetzt.«
    »Oh, der hat keine Verbindungen«, versicherte mir Biltis. »Er hat keine Freunde und erwähnt seine Familie nie.«
    »Vermutlich weil er seine Tage damit verbringt, grob zu sein«, meinte ich.
    »Und er ist grob!«, rief die Frau aus. »Sie finden niemand Besseren als Spindex, um das Schlimmste der menschlichen Natur ans Tageslicht zu bringen. Wenn er den Dreck einmal gefunden hat, hält er sich nicht zurück.«
    »Wissen Sie, wie er an sein Material kommt?«
    »Er gräbt nach.«
    »Macht er das selbst?«
    »Halb und halb, glaube ich. Zu einer Senatorenfamilie würde er nie direkten Zugang bekommen. Er hat einen Kumpel mit Kontakten, der ihm dabei hilft.«
    »Ich dachte, Sie sagten, Spindex hätte keine Freunde? Welcher Kumpel?«
    »Weiß ich nicht. Spindex ist sehr zurückhaltend.«
    »Und Sie wissen nicht, wie der Helfer heißt?«
    »Nein. Ich hab’s rauszufinden versucht, aber Spindex wurde reserviert.«
    »Warum wollten Sie es rausfinden?«
    »Aus purer Neugier«, gab Biltis mit einem Grinsen zu.
    Ich empfand Mitleid für den Spaßmacher. Menschen wie Biltis drängen sich einem auf, entdecken die Schwächen des anderen zusammen mit dessen tiefsten Geheimnissen. Dann wenden sie sich gegen einen oder vergiften die Beziehungen, die man hat. In der Armee war ich Männern begegnet, die es genauso machten.
    Trotzdem war es Biltis gelungen, die Adresse des Spaßmachers herauszufinden.

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