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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhys Bowen
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hier beerdigen«, rief ihm Mrs. Williams nach, als er über den Flur hastete. »Wir hatten seit Jahren keine anständige Beerdigung mehr, und sie könnten sich eine sehr schöne leisten, mit allem Drum und Dran. Vielleicht kommt ja sogar diese berühmte italienische Dame und singt.«
    Er wollte gerade das Badezimmer verlassen, als ihm Reverend Powell-Jones den Weg versperrte.
    »Wer wurde in meinem Haus getötet? Ich habe ein Recht, das zu erfahren«, verlangte der Pfarrer zu wissen. Evan hatte das nächtliche beharrliche Klopfen an seiner Zimmertür einfach ignoriert.
    »Mr. Llewellyn ist gestürzt und ist mit dem Kopf aufgeschlagen, im Wohnzimmer. Es sieht so aus, als habe er das Kamingitter getroffen.«
    »Schrecklich. Wie tragisch.« Sein Gesichtsausdruck hatte sich erheblich aufgeheitert. »Ich muss sofort meine Frau anrufen. Ich wollte ihr eigentlich unnötige Aufregung ersparen, bis ich alle Einzelheiten kenne, aber ich bin sicher, dass sie hier sein möchte. Und ich selbst muss auch sofort hin.
    Die trauernde Witwe wird jemanden brauchen, der ihr Trost zuspricht.«
    Er entfernte sich in Richtung seines Zimmers und sah dabei aus wie ein großer Krebs. Evan war sicher, dass der Letzte, den Mrs. Llewellyn im Augenblick um sich haben wollte, Reverend Powell-Jones war.
    Er eilte in sein Zimmer zurück und zog sich an. Er wollte sicher gehen, dass er im Haus oben war, bevor Powell-Jones dort auftauchte.
    »Ihr Frühstück ist fertig, Mr. Evans«, rief Mrs. Williams, als er die Treppe heruntergerannt kam.
    »Tut mir Leid, Mrs. Williams, keine Zeit«, sagte Evan. »Ich nehme nur ein Stück von Ihrem Früchtebrot, das reicht mir.«
    »Früchtebrot zum Frühstück. Gütiger Himmel, was soll nur aus der Welt werden?«, klagte Mrs.
    Williams.
    »Nicht Pflaumen und Müsli, hoffentlich«, antwortete Evan und verließ die Küche.
    Pünktlich zum Eisteddfod war es schön geworden. Evan musste kurz an das Festival denken, als er aus der Haustür trat. In all der Aufregung gestern Nacht hatte er ganz vergessen, dass er heute eigentlich als Mitglied des Cor Meibion von Llanfair erstmals daran teilnehmen sollte.
    Ein frischer Wind vom Meer blies über den Pass und zerzauste das Fell der Schafe auf den Hügeln.
    Ein guter Tag zum Wandern, dachte Evan, und sein Blick ging zum Schulhaus hinüber. Seit ihrer Unstimmigkeit über seine Verabredung mit Betsy hatte er nicht mehr mit Bronwen gesprochen, aber er erinnerte sich, dass sie heute mit ihrer Klasse zum Eisteddfod gehen wollte. Nun würde er nicht einmal die Gelegenheit haben, sie zu treffen. Er würde vermutlich viel zu sehr damit beschäftigt sein, aufdringliche Journalisten zu verscheuchen.
    Evans-der-Briefträger kam ihm mit flatternden Armen und Beinen entgegen, die Augen vor Aufregung weit aufgerissen. Er sah aus wie eine zu groß geratene Stoffpuppe.

    »Sie sagen, man hat eine Leiche gefunden«, rief er Evan zu. »Sie sagen, ihr Kopf ist zertrümmert.
    Ich wollte sie mal anschauen, aber sie haben mich nicht gelassen.«
    »Die Leiche wurde schon weggebracht«, sagte Evan.
    »Und wer war's?«, fragte Evans-der-Briefträger mit vor Erregung zuckenden Lippen. »Ist es ein neuer Mord?«
    »Es war nur ein Unfall«, antwortete Evan. »Er ist gestürzt und hat sich am Kopf verletzt, das ist alles.«
    »Oh. Das ist alles.« Sein Lächeln verschwand. »Mein Bruder Tomos ist auch einmal hingefallen und hat sich am Kopf verletzt. Seitdem ist er nicht mehr derselbe.«
    Er ging weiter und betastete die Briefe, die er hoffte lesen zu können, falls Miss Roberts, die Postbeamtin, ihn nicht vorher erwischte.
    Eine kleine Traube Menschen hatte sich vor den Kapellen versammelt. Die heutige Bibellesung stand unter dem Motto »Lass Dein Licht leuchten«; gegenüber war es »Gesegnet seien die Sanftmütigen«.
    In der Powell-Jones'schen Einfahrt parkte bereits ein Polizeiwagen neben dem schwarzen Mercedes. Evan dachte kurz darüber nach, wie Mrs. Llewellyn gestern wohl vom Bahnhof in Bangor hergekommen war. Taxi, vermutete er. Leute mit so viel Geld überlegten wahrscheinlich nicht lange, bevor sie ein Taxi nahmen.
    Jim Abbott und ein weiterer Beamter standen neben dem Polizeiwagen.
    »Morgen, Evans«, rief Jim Abbott. »Ist das Ihr üblicher Arbeitsbeginn? Lockerer Job.« Er grinste seinem Kollegen zu.
    »Ich muss nicht mal jeden Tag erscheinen«, erwiderte Evan. »Heute ist schließlich Samstag.«
    Jim Abbott nickte. »Und am Wochenende finden hier oben wahrscheinlich ohnehin keine

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