Tod eines Tenors
als von draußen das leise Knirschen von Schritten im Kies hörbar wurde und jemand die Tür aufstieß. Mrs. Llewellyn trat ein. Sie trug Trenchcoat und Schal und hatte eine kleine Reisetasche bei sich. Es musste begonnen haben zu regnen, denn in ihrem Haar schimmerten kleine Wassertropfen wie Perlen. Ihr Gesicht war leicht gerötet, und ihre Augen glänzten.
»Was um Himmels willen ist denn hier los?«, wollte sie wissen, als sie den drei Männern in ihrer Diele gegenüberstand. »Ich habe den Polizeiwagen draußen gesehen. Wurde eingebrochen? Obwohl ich nicht wüsste, was sie gestohlen haben könnten. Hier gibt es nichts Wertvolles, alles Plunder, und unsere guten Sachen haben wir in Italien gelassen, außer ...«
»Ich befürchte, es geht um etwas Ernsteres als einen Einbruch, Mrs. Llewellyn«, sagte Inspektor Hughes und trat auf sie zu. »Es tut mir Leid, Ihnen sagen zu müssen, dass es einen schrecklichen Unfall gegeben hat.«
»Ist Ifor verletzt?« Ihr Gesichtsausdruck wechselte augenblicklich von Ärger zu Furcht. »Ein Autounfall? Ach nein, das Auto steht ja draußen.«
»Ihr Mann ist gestürzt und hat sich am Kopf verletzt«, erklärte Inspektor Hughes und trat zwischen sie und die Wohnzimmertür. »Dort drinnen.« Er hielt sie zurück, als sie auf die Tür zugehen wollte. »Ich fürchte, er ist tot. Es wäre besser, Sie gingen da nicht rein.«
»Ifor? Tot?« Sie schlug die Hand vor den Mund und wirkte verwirrt. »Aber ich muss zu ihm.« Erneut machte sie Anstalten, ins Wohnzimmer zu gelangen, aber wieder stellte sich Inspektor Hughes zwischen sie und die Tür.
»Wenn Sie gestatten, warten wir besser auf den Polizeiarzt, der die Leiche untersuchen wird.«
Mrs. Llewellyn stand da und starrte auf die geschlossene Tür. »Ich kann es nicht glauben«, sagte sie leise. »Das ist doch nicht möglich. Nicht Ifor ...«
»Waren Sie verreist, Mrs. Llewellyn?«, fragte Evan und nahm ihr die Tasche ab, die sie noch immer umklammert hielt.
»Wie? Oh ja, ich war einige Tage in London.« Sie starrte weiterhin auf die Tür. »Hat er wieder getrunken? Elende Trinkerei - ich habe ihm gesagt, er solle es lassen, aber ...« Sie schlug erneut die Hand vor den Mund und rang um Fassung. »Es war doch wirklich ein Unfall?«, fragte sie plötzlich.
»Wie meinen Sie das?« Inspektor Hughes sah sie scharf an.
Sie schien einige Sekunden zu zögern, bevor sie antwortete: »Ich meine, er hat sich doch nicht umgebracht, Officer? Ich bin stark, Sie müssen mir keine unangenehmen Einzelheiten ersparen.«
Inspektor Hughes wirkte überrascht. »Sie denken, Ihr Mann hatte die Absicht, sich das Leben zu nehmen?«
Sie beruhigte sich und schüttelte entschieden den Kopf. »Natürlich nicht. Ifor liebte das Leben. Das wusste jeder. Aber er wird - er wurde - beim Trinken gelegentlich etwas melancholisch.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass es kein Selbstmord war, Mrs. Llewellyn«, sagte Inspektor Hughes.
»Es war ein sehr unglücklicher, tragischer Unfall.«
»Ich nehme an, das soll wohl ein Trost sein.«
»Haben Sie jemanden, zu dem Sie heute Nacht gehen können?«, fragte Inspektor Hughes und klang mit einem Mal fast menschlich. »Irgendwelche Verwandte oder Freunde in der Nähe?«
»Niemanden«, antwortete sie. »Wir kennen hier niemanden mehr. Ich weiß nicht, warum er zurückkommen wollte - in dieses gottverlassene Nest. Ich habe ihm gesagt, dass er verrückt sein muss.
Ifor hatte immer Launen, wie ein großes Kind, wirklich. Ich weiß nicht, was ihm dieser Ort bedeutete.«
»Ich habe gehört, Sie haben Kinder«, sagte Inspektor Hughes sanft. »Sie sind nicht hier, bei Ihnen?«
»Nein, sind sie nicht. Sie sind beide in Italien.« Sie sah sich wieder um, als kenne sie diesen Ort nicht und habe keine Ahnung, wo sie war. »Ich muss sie sofort anrufen. Wie soll ich es ihnen nur sagen? Sie werden es nicht glauben wollen.« Sie schüttelte den Kopf. »Genau wie ich. Mir fällt es im Moment auch schwer, das alles zu glauben. Ich dachte, Ifor sei unzerstörbar. Er prahlte immer damit, dass er uns alle überleben würde, trotz allem, was die Ärzte ihm sagten ...« Nun konnte sie ihre Tränen nicht länger zurückhalten. »Entschuldigung«, sagte sie nach einer Weile. »Ich muss wirklich meine Kinder anrufen.«
»An Ihrer Stelle würde ich damit noch etwas warten, Mrs. Llewellyn«, sagte Evan und fasste sie besänftigend am Arm. »Sie sollten sich erst einmal beruhigen und überlegen, wie Sie es ihnen sagen wollen. Sie wollen sie
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