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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhys Bowen
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Jeder, der über Mrs. Powell-Jones die Oberhand gewann, und sei es auch nur zeitweilig, verdiente einen Orden.
    »Ich fürchte, es stimmt, was sie sagen, Mrs. Powell-Jones«, sagte Evan besänftigend. »Wir können niemanden hineinlassen, bevor die Laborleute ihre Proben genommen haben.«
    Mrs. Powell-Jones sah ihn fassungslos an. »Proben nehmen? Ich dachte, es sei ein tragischer Unfall gewesen. Wollen Sie etwa damit sagen, es handelt sich um etwas anderes?«
    »Keinesfalls. Wir müssen bei jedem Unfalltod die genaue Ursache ermitteln, und in diesem Fall brauchen wir Proben von Gegenständen aus dem Zimmer.«
    »Noch niemals habe ich einen derartigen Unsinn gehört!«, fuhr Mrs. Powell-Jones ihn an. »Wenn ich nicht bald Zugang zu meinem Haus bekomme, sehe ich mich gezwungen, meinen Freund den Kommissar anzurufen. Ich muss überprüfen, ob eins meiner Möbelstücke bei dem Unfall beschädigt wurde. Das Mobiliar ist sehr alt und wertvoll, müssen Sie wissen.«
    »Ich bin sicher, die Spurensicherung wird nicht lange brauchen, wenn sie erst einmal da ist, Mrs.
    Powell-Jones«, erwiderte Evan. »Alles wird sich klären, ich würde mir keine Sorgen machen.«
    »Wertvolle Stücke könnten umgestoßen worden sein«, sagte Mrs. Powell-Jones. »Nicht, dass ich jemand wäre, der den Dingen einen materiellen Wert beimisst, aber viele Stücke haben einen hohen Erinnerungswert. Manche sind sogar schon seit Generationen in meiner Familie.«
    »Soweit ich das beurteilen kann, ist nichts kaputtgegangen«, erklärte Evan.
    Mrs. Powell-Jones horchte auf. »Ach, Sie haben die Leiche also gesehen?«
    »Ja, ich war derjenige, der sie gefunden hat.«
    »Und?«
    »Ich kann Ihnen derzeit wirklich nichts sagen. Der Inspektor wird eine Erklärung abgeben. Ich habe Anweisung, nicht darüber zu sprechen.«
    Mrs. Powell-Jones schüttelte ärgerlich den Kopf und schnaubte abfällig. »Ich wusste, es war keine gute Idee, diesem Mann das Haus zu überlassen, so viel er auch dafür geboten hat«, sagte sie. »Wenn mir klar gewesen wäre, dass er derselbe Ifor Llewellyn war, der uns die Kohleneimer auf die Zimmer gebracht hat ... auf die Kinderstube kommt es an, wissen Sie. Oder eben auf die fehlende Kinderstube.«
    Sie lehnte sich näher zu Evan. »Wie ich hörte, soll er getrunken haben wie ein Loch.« Sie brach ab.
    Evan schwieg. »Trinken ist der Grund für so viel Elend auf der Welt«, fuhr sie fort. »Deshalb bin ich ...«
    Plötzlich bemerkte sie Gladys, die im dunklen Flur stand. »Gladys, was machst du denn hier?«
    »Ich bin zur Arbeit gekommen, Ma'am. Sie haben mich für heute herbestellt.«
    »Am Wochenende? Ich hoffe, das zahlen sie extra?«
    »Oh ja, Ma'am. Einiges mehr, als Sie mir geben«, antwortete Gladys selbstzufrieden.
    »So eine Verschwendung.« Mrs. Powell-Jones schüttelte erneut den Kopf. »Nun muss ich meine Pflicht tun und der trauernden Witwe einige Trostworte spenden. Sie ist doch im Haus, richtig?«
    Sehr geschickt, dachte Evan. Dumm war Mrs. Powell-Jones mit Sicherheit nicht. »Nein, sie ist oben im Everest Inn«, sagte er und beobachtete, wie ihre Miene sich verdüsterte. »Ich glaube, Ihr Mann ist schon bei ihr.«
    Nachdem er Mrs. Powell-Jones los war, machte Evan Gladys einen Tee und war gerade dabei, ihre Aussage aufzunehmen, als er sah, dass ein weißer Kleintransporter der Polizei vor der Wache hielt.
    »Ich bin gleich wieder da, Gladys. Gehen Sie nicht weg«, sagte er.
    »Es ist die Straße hoch, bei der Kapelle, da, wo die Leute stehen«, rief er in Richtung des Wagens.
    Zu seiner Überraschung stieg aber nicht einer der Techniker von der Spurensicherung aus, sondern Sergeant Watkins.
    »Ich bin gleich bei euch, Jungs. Ihr wisst, wo ihr hinmüsst, oder?« Watkins winkte dem Fahrer zu, und der Wagen fuhr weiter die Straße hoch.
    »Es überrascht mich, Sie hier zu sehen, Sarge«, begann Evan. »Ich dachte, Sie hätten heute frei und
    -«
    Sergeant Watkins schnitt ihm das Wort ab. »Also, ich wüsste zu gerne, wie Sie das machen«, sagte er, während er auf Evan zuging.
    »Was machen?«
    »Hat das was mit Ihrer Nase zu tun? Keine besonders große Nase. Eigentlich eine ganz gewöhnliche Nase. Es muss also etwas anderes sein.«

    Evan starrte ihn an, als habe er gerade begonnen, Serbokroatisch zu sprechen. »Entschuldigung, Sergeant, ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Warum sprechen wir über meine Nase? Was ist mit ihr?
    Habe ich etwas gerochen?«
    »Sie wissen sehr gut, dass das stimmt. Eine Ratte nämlich.«

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