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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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«Wir haben den
Schlüssel, den Ihre Frau Ihnen gab, nachdem sie die Sachen und das
blutbefleckte Bettzeug—»
    «Ich war den ganzen Tag hier in
Oxford...» Seine Stimme verriet keine Empörung mehr, nur noch
Fassungslosigkeit. «Ich habe ein hieb- und stichfestes Alibi. Heute nachmittag
hatte ich ein Tutorium, von — »
    Damit aber kam er bei Morse
nicht durch. Der Chief Inspector hob gebieterisch die Hand. «Ich verspreche
Ihnen, daß wir alle Leute befragen werden, mit denen Sie heute nachmittag
zusammen waren. Sie haben, falls Sie die Wahrheit sagen, nichts zu befürchten.
Aber jetzt hören Sie mir bitte einmal genau zu, Mr. Downes. Als mein Sergeant
vorhin hereinkam und mich auf diese dringende Angelegenheit ansprach, hatte er
gerade erfahren, daß auf meine Anweisung hin das Schließfach in London geöffnet
worden war. Und daß in diesem Schließfach ein Koffer stand, ebenjener Koffer,
mit dem Ihre Frau heute nach London gefahren ist und in dem ihren Angaben nach
Vorhänge waren. Vorhänge! Mein Sergeant und ich haben sie gesehen, wie sie mit
dem Koffer ein Taxi bestieg. Und soll ich Ihnen noch einmal sagen, was wirklich in dem Koffer war?»
    Downes trommelte mit beiden
Fäusten auf den Tisch, so daß PC Wright den Stenoblock auf die
schwarzbestrumpften Knie legte und die nächsten drei Worte, die Downes
hervorstieß, nicht mitbekam. «Nein, nein, nein!»
    Morse schien völlig ungerührt.
«Bitte sagen Sie mir, wie Sie an den Schlüssel gekommen sind. Er lag unter der
Fußmatte vor dem Fahrersitz, nicht wahr? Oder im Handschuhfach? Haben Sie dafür
eine Erklärung? Wollen Sie mir erzählen, daß jemand, der aus London zurückkam,
Ihnen den Schlüssel zugesteckt hat?»
    «Was — »
    «Ihre Frau kann es kaum gewesen
sein, nicht wahr?»
    «Was hat Lucy mit — »
    «Der Schlüssel! Was ist mit dem
Schlüssel?» fuhr Morse ihn an.
    «Der Schlüssel? Sie meinen —»
Downes war sehr blaß geworden und erhob sich halb.
    «Hinsetzen», donnerte Morse.
Downes gehorchte stumm.
    «Wissen Sie, welche Nummer auf
dem Schlüssel stand, Sir?»
    «Natürlich.»
    «Nämlich?»
    «Eine Siebenundsechzig.»
    «Ganz recht, Mr. Downes. Ganz
recht.» Morse legte kurz die rechte Hand auf PC Wrights Arm und nickte ihr kaum
merklich zu. Es war entscheidend, daß sie die nächsten Sätze ganz genau und
wortwörtlich protokollierte. Doch als Downes, hilflos die Schultern zuckend,
seine Antwort gab, blieb der frisch gespitzte Stenostift von PC Wright über dem
Stenoblock in der Schwebe.
    «Das ist der Schlüssel zu
meinem Garderobenfach im Golfclub von North Oxford, Inspector.»
    Im Vernehmungsraum zwei war es
plötzlich grabesstill geworden.

48
     
    Das
Dunkel ist der Hervorbringung erhabener Ideen förderlicher als Helligkeit. (Edmund
Burke, On the Sublime and Beautiful)
     
    Auf der Western Avenue
herrschte nicht viel Verkehr, und schon eineinviertel Stunden, nachdem er in
Oxford aufgebrochen war, sprach Lewis mit der Nachtschwester, einer adretten,
allem Anschein nach tüchtigen Brünetten, die den ungewohnten Polizeibesuch
offenbar viel interessanter fand als den Zustand der kürzlich eingelieferten
Patientin in dem durch Vorhänge abgeschirmten Bett. Kein besonders ernster Fall:
Oberarmbruch, Bruch des linken Schlüsselbeins, ein paar häßliche Schrammen und
Blutergüsse an der linken Schulter, aber keine gebrochenen Beine, keine
angeknacksten Rippen und mit ziemlicher Sicherheit auch keine Kopfverletzungen.
Ja, sagte die Schwester, Mrs. Downes habe wirklich Glück gehabt, und Sergeant
Lewis könne sie kurz sprechen. Sie hatte etwas zur Beruhigung bekommen, war ein
bißchen dösig, benommen und desorientiert, litt vielleicht auch noch unter
einem leichten Schock, war aber durchaus ansprechbar. «Und lassen Sie sich was
einfallen, falls sie fragt, wann ihr Mann kommt. Wir hatten die größte Mühe,
sie hinzuhalten.»
    Lewis trat ans Bett und blickte
auf Lucy Downes herunter, die mit geöffneten Augen dalag und ihm zulächelte.
Sie sprach leise und mit leichtem Lispeln, und Lewis sah sofort (man hatte es
ihm nicht gesagt), daß links oben zwei Zähne abgebrochen waren.
    «Sie waren heute vormittag bei
uns, nicht?»
    «Ja, Mrs. Downes.»
    «Weiß Cedric, was mit mir ist?»
    «Machen Sie sich keine Sorgen,
wir haben alles im Griff.»
    «Er kommt doch hoffentlich
bald?»
    «Wir kümmern uns um alles»,
beteuerte Lewis. «Machen Sie sich nur keine Sorgen.»
    «Aber ich will ihn sehen.»
    «Sie sollen im Augenblick noch
keinen Besuch

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