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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Moule ihren Fiesta am Chesterton Hotel abgestellt, wo John Ashenden schon leicht nervös auf sie wartete. Der erste
Teil ihres Diavortrages sollte von elf bis zwölf stattfinden, danach war eine
Kaffeepause vorgesehen, zur Vorführung weiterer Dias und zur Beantwortung von
Fragen stand dann noch die Zeit von halb zwölf bis zwölf zur Verfügung.
Ashenden höchstpersönlich hatte den schweren Projektor in den Beau Nash-Raum
geschleppt, in dem sich die meisten Mitglieder seiner Gruppe inzwischen
versammelt hatten. In dem langen, schmalen Raum waren die Plastikstühle je zwei
und zwei hintereinander aufgestellt, mit einem kleinen Gang dazwischen, in dem
ganz vorn der Projektor stand. Als Ashenden sich jetzt umsah, stellte er wieder
einmal fest, daß Touristen (wie Tiere) dazu neigen, sehr früh ihre Reviere zu
markieren: Sitzen sie beim Abendessen an einem bestimmten Tisch, findet man sie
dort fast unweigerlich auch am nächsten Morgen beim Frühstück wieder. Weist man
ihnen zu Beginn der Tour im Bus bestimmte Plätze zu, erheben sie später immer
wieder Anspruch darauf. Der Beau Nash-Raum hätte ebensogut ihr Luxusbus sein
können. Zur Zeit zählte die Gruppe nur dreiundzwanzig Köpfe. Eddie Stratton
befand sich — nur wenige Meter von den sterblichen Überresten seiner Frau
entfernt — im Gewahrsam der New Yorker Polizei, und die Kronquists, eins der
wenigen Ehepaare der Gruppe, waren noch auf ihrem Zimmer im zweiten Stock; Sam
guckte einen Zeichentrickfilm auf ITV, Vera, schon vollständig angezogen, hatte
sich lässig auf dem Doppelbett ausgestreckt und las in der Februarausgabe von Country
Life.
    «Also nicht vergessen, Birdy:
Du hast schreckliche Kopfschmerzen...»
    Seine Frau lächelte leicht,
ohne aufzusehen. «Keine Bange, Sam. Wenn wir das Schild an den Türknauf hängen,
kommt sowieso niemand rein.»
    In der ersten Reihe war nur ein
Stuhl besetzt — die Nummer eins, hätte man die Plätze fortlaufend von links
nach rechts numeriert —, ein Platz, den seit Reisebeginn Janet Roscoe für sich beanspruchte.
Die beiden leeren Stühle dahinter waren eine traurige Erinnerung daran, daß
dort Eddie und Laura gesessen hatten, vom Beginn der Tour am Flughafen Heathrow
bis zu der Ankunft in Oxford.
    In der letzten Reihe, ganz für
sich und darauf gefaßt, sich in der nächsten Stunde (oder waren es gar zwei?)
fürchterlich zu langweilen, saß Mr. Aldrich. Sein Interesse an römischen
Ausgrabungen war minimal, und in seinen Ohren (sein Hausarzt hatte beginnende
Otosklerose diagnostiziert) schienen sich immer dickere Watteschichten zu
sammeln. Er hätte gern in Oxford mit Cedric Downes darüber gesprochen, der
offenbar an dem gleichen Leiden laborierte, doch eine zwanglose Gelegenheit
dazu hatte sich nicht ergeben, und von sich aus hatte Aldrich ihn nicht
ansprechen wollen.
    Sonderbar eigentlich: Aldrich,
von immer stärkeren Hörproblemen geplagt, wählte einen Platz ganz hinten,
während Mrs. Roscoe mit ihren bemerkenswert scharfen Lauschern immer in der
ersten Reihe saß.
    Aber so ist das Leben...
    Links von Aldrich und drei
Reihen vor ihm saßen Howard und Shirley Brown.
    «Hoffentlich sind die Dias
besser als die Ottawa-Fotos, die deine Schwester gemacht hat.»
    «Schlechter können sie auch
kaum sein», meinte Shirley, während Ashenden sich ebenso lobend wie geläufig
über Dr. Moules unvergleichliche Sachkenntnis auf dem Gebiet römisch-britischer
Archäologie in Somerset ausließ. Dann ging er nach hinten zur Tür und schaltete
das Licht aus.
    Um 10.50 sah Aldrich zu den
beiden Besuchern hinüber, die leise durch ebendiese Tür eingetreten waren.
Überraschenderweise konnte er Dr. Moule mit ihrer energischen, volltönenden
Stimme sehr gut verstehen. Hinzu kam, daß er sie verstehen wollte , denn
ihr Vortrag war ausgesprochen interessant. Dieser Meinung waren auch seine
Mitreisenden. Schon drei oder vier Minuten nach Beginn der Veranstaltung
flüsterte Shirley Brown ihrem Mann zu: «Entschieden besser als Ottawa!»
    Dr. Moule hatte die beiden
zusätzlichen Gäste registriert, nahm aber offiziell keine Notiz von ihnen. Erst
als sie den ersten Teil ihres Vortrags beendet und den großzügigen Beifall mit
leichtem Nicken quittiert hatte, als das Licht wieder brannte und Ashenden (wie
jeder Vorsitzender seit Anbeginn der Schöpfung) versichert hatte, wie sehr
sämtliche Anwesenden den Vortrag genossen hatten und wie sehr sie sich freuten,
daß die verehrte Vortragende sich bereit erklärt hatte, nach ihren

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