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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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) trug, erklärte sich
bereit, im Interesse von Recht und Ordnung seine kostbare Zeit zur Verfügung zu
stellen. Trotzdem hatten sie zu zweit über zwei Stunden gebraucht, um die
Unterlagen zusammenzusuchen und zu kopieren, die nach Meinung des Chief
Inspector dasein mußten.
    Und die sich dann auch
tatsächlich angefunden hatten.
     
     
    Am schwierigsten und mühsamsten
aber hatte sich die Arbeit der Telefonistinnen gestaltet, die am Vormittag, am
Nachmittag und am frühen Abend des Dienstag unzählige Transatlantikgespräche
geführt hatten. Ein Gespräch führte zum nächsten, ein Anruf bei Freunden zum
Anruf bei den Freunden oder Kollegen von Freunden, von einem Polizeirevier,
einem Bundesstaat zum anderen, Nachfragen nach bestimmten Unterlagen machten
eine Überprüfung anderer Unterlagen notwendig und so weiter und so fort ad
infinitum.
    «Hätte das nicht auch bis
morgen Zeit gehabt?» wandte Chief Superintendent Strange ein, der nachmittags
kurz vorbeigekommen war.
    Unvollständigkeit war Morse ein
Graus, er fand keine Ruhe, bis er alles erfahren hatte — und zwar sofort! Blieb
einmal ein Feld im Kreuzworträtsel des Listener offen, beanspruchte
Morse seine kleinen grauen Zellen bis an die Grenzen ihrer Kapazität, um die
Lösung zu finden. Und in einem Mordfall machte er es genauso. Bis morgen auf
die letzte Spur zu warten, erschien ihm unerträglich nach all der rastlosen
Gedankenarbeit, die er investiert hatte, seit Lewis, dieser Prachtkerl, auf
jene scheinbar unwichtige Meldung in der Oxford Times gestoßen war.
    Diese Namen!
    Morse höchstpersönlich hatte veranlaßt,
daß Edward Stratton festgenommen wurde, als er in New York von Bord der Pan
Am-Maschine gegangen war, Morse höchstpersönlich hatte sechsundvierzig Minuten
und sieben Sekunden (laut Anzeige des unlängst in die neue Telefonzentrale von
St. Aldate’s eingebauten Gebührenzählers) mit besagtem Stratton gesprochen.
Doch nicht einmal der notorisch knickerige Strange hätte wohl an dem Preis der
erstaunlichen Erkenntnisse, die Morse durch dieses Gespräch gewonnen hatte,
viel auszusetzen gehabt.
    Und Morse höchstpersönlich
hatte dann abends um halb neun die Arbeit einstellen lassen. Ein
überschwenglicher Dank an seine Leute für ihren beispielhaften Einsatz war
ausgeblieben, aber daß der Chief Inspector sich schwertat, Gefühle zu zeigen,
war ja hinlänglich bekannt. Die Pässe der Reisegruppe hatte er (bis auf drei)
dem Direktor des Randolph zurückgegeben — nicht ganz zu dessen Freude,
denn Mr. Gascoine mußte sich nun einiges einfallen lassen, um seinen längst
entschwundenen Gästen die Reisedokumente wieder zuzustellen.
    Um neun lenkte Morse, an diesem
Tag mit Bier bislang stark unterversorgt, seine Schritte über den Cornmarket
zur Chapters Bar des Randolph. Häufig brauchte Morse etwas zu
trinken, um denken zu können. Hin und wieder aber trank er auch gern einfach um
des Trinkens willen. Und da sein Jaguar auf dem Polizeiparkplatz gut aufgehoben
war, gedachte er heute abend ebendies zu tun.
    Eineinhalb Stunden später saß
er noch immer auf seinem Barhocker, als er eine gepflegte Hand auf seinem
linken Arm und den Druck einer weichen Brust an seiner Schulter spürte.
    «Darf ich Sie zu einem Drink
einladen, Inspector?» Die Zunge war ein bißchen schwer, die Stimme ein bißchen
rauh — und sehr, sehr aufregend.
    Morse brauchte sich nicht
umzusehen. «Eigentlich wäre ich wohl heute dran, Sheila.»
    «Nein, nein, kommt nicht in
Frage.» Sie nahm seinen Arm und drückte ein weiches, trockenes Lippenpaar auf
eine vor vierzehn Stunden höchst mangelhaft rasierte Wange.
    Morse schwieg einen Augenblick.
Er hatte einen überaus zufriedenstellenden Tag hinter sich. Der Diebstahl, der
Mord, die Verbindung zwischen Diebstahl und Mord — das alles (fast alles) war
jetzt geklärt. Und zwar allein durch ihn. Gewiß, er hatte Hilfestellung gehabt
— für die Details, für den Kleinkram. Ja, natürlich, das hätte er nicht alles
ohne Hilfe machen können. Doch es war sein Weitblick gewesen, sein analytisches
Denken, dem er die Lösung verdankte.
    «Was machen Sie denn hier?»
fragte er.
    «Ball der Literarischen und
Philologischen Gesellschaft. Verdammt öde.»
    «Mit Partner?»
    «Zu so was geht man nicht ohne
Partner.»
    «Und wo steckt er jetzt?»
    «Er ist mir bei der Veleta ein
bißchen zu nah gekommen.»
    «Veleta? Nicht zu fassen, das
hab ich getanzt, als —»
    «Jaja, wir werden alle nicht
jünger...»
    «Und Sie wollten

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