Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
schüchterne Person aufdringlich geworden. Hatte ihm vielleicht sogar gedroht.
    Das alles passte nicht zu Friederike. Sich einem Mann, auch wenn es angeblich ihr Vater war, aufzudrängen. Friederike war ein liebes Mamakind gewesen. Eine mit vielen Freundinnen, die sich auch mal ausnutzen ließ. Möglicherweise auch von diesem Bleibtrau, der wenig Gelegenheit hatte, außerhalb seines Hundehotels auf Frauensuche zu gehen, und dem sie einfach so in den Schoß gefallen war.
    Und angesichts dieser Widersprüche war ich nun endgültig hilflos.
    * * *
    Sie hatte den Verstand, und sie hatte die Erfahrung. Was sie nicht hatte, war Zeit. Gegenüber dem Karlsruher Staatstheater gibt es eine kleine italienische Bäckerei mit Cafébetrieb. Die Leute vom Theater lieben dieses Café. Sie sitzen an winzig kleinen, nahe beieinanderstehenden Tischen und trinken rabenschwarze Espressi.
    Auch heute wieder war es eng, und die italienische Wirtsfamilie rumorte geräuschvoll im Laden herum. Und doch war es hier in der kreativen Enge allemal gemütlicher als in der Betonkantine gegenüber.
    »Ich habe nicht sehr viel Zeit«, sagte Elena und versuchte ihre langen, schlanken Beine irgendwie unter dem Stuhl zu verknoten. »Wir haben heute den ›Abend der jungen Talente‹. Auch wenn ich nur im Hintergrund dabei bin – ich lege Wert darauf, dass sie mich spüren, aber nicht sehen –, so will ich es mir doch nicht nehmen lassen. Noch nicht. Manchmal findet man unter den tanzenden Kieselsteinchen ein Juwel.«
    »Das verstehe ich, Elena, aber ich muss wenigstens kurz mit dir sprechen. Ich … weiß sonst niemanden.«
    Sie sah mich aufmerksam an. Elena Gontard war keine Frau für Gefühlsduselei. »Ich hoffe, du bist nicht beleidigt, aber du enttäuschst mich.«
    »Warum?«
    »Du siehst nicht so gut aus wie sonst. Eine Frau wie du sollte erst dann Ringe unter den Augen haben, wenn sie keinen mehr am Finger trägt.«
    »Elena, ich brauche eine vernünftige Person, die mir sagt, dass ich komplett verrückt bin.«
    »Jetzt überraschst du mich noch mehr! Wie eine bekennende Masochistin bist du mir bisher ebenfalls nicht vorgekommen. Eher wie eine höchst selbstsüchtige Anhängerin des Philosophen Epikur. Nicht dass ich das unbedingt gut finde, aber du bist immerhin authentisch. Möchtest du dich nicht auf den Posten bei den ›Freundinnen des Balletts‹ bewerben, den Friederike nun nicht mehr ausfüllen wird?«
    Um Himmels willen. Ich winkte der älteren Dame hinter der Theke und bestellte noch einen Espresso, obwohl mein Herz jetzt schon pochte.
    »Du hast nicht viel Zeit, Elena, deshalb mache ich es kurz. Ich habe dir erzählt, dass Friederike auf der Suche nach ihrem biologischen Vater war.«
    Elena zog fragend die hohe Stirn kraus. Offenbar hatte sie es vergessen.
    Das nahm ich ihr nicht übel. Elena hatte weiß Gott andere Sorgen als die Herkunft einer Frau, mit der sie nichts zu tun gehabt hatte, außer dass sie ihresgleichen als Förderinnen des Balletts bei Laune halten musste.
    »Es schien alles so klar. Vater gesucht, Vater gefunden. Mordmotiv. Aber jetzt wird die Sache irgendwie immer komplizierter. Nur eine kurze Frage, weil ich auf deine Menschenkenntnis vertraue. Was hältst du von dieser Friseurin? Kennt sie sich gut aus im Theater?«
    »Friseurin? Verzeih bitte, Swentja …«
    »Die Frau, die den kleinen Salon in der Gartenstraße betreibt. Du erinnerst dich. Manche von euch gehen dahin. Dort hat doch auch Friederikes Mutter gearbeitet.«
    »Stolze? Meinst du die alte Stolze?«
    »Ja, genau. Wir haben schon mal drüber gesprochen.«
    Elena lachte. »Wie kommst du jetzt wieder auf die? Stimmt. Über die hatten wir schon mal gesprochen. Unbedeutend. Das alte Mädchen liest zu viele Adelsheftchen und hat sich früher eingebildet, zu etwas Höherem geboren zu sein. Hat viel in den Vorstellungen gesessen, und bei Operetten, das habe ich von Kollegen gehört, hat sie laut mitgesummt und mit ihren Füßchen den Takt geschlagen. Ich denke, sie ist ein nettes Frauchen, aber ein bisschen eigenartig. Wollte immer mehr darstellen, als sie war. Hätte sie diese Energie mehr auf ihren Salon gelenkt, dann hätte sie aus dem Laden was machen können. Bei der guten Lage!«
    »Du meinst also, wenn sie sagt, sie hat eine Information, dann will sie sich im Wesentlichen wichtigmachen.«
    Elena sah mich ernsthaft an. »Ich vermute, sie verwechselt ihre Heftchen manchmal mit der Wirklichkeit. Aber ich will kein so hartes Urteil fällen. Du kannst

Weitere Kostenlose Bücher