Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
offiziell befragt werden. Doch wenigstens eines noch für mich, damit ich ein Bild habe: Was für eine Frau war diese Friederike Schmied?«
    »Was soll ich dazu sagen?«, antwortete ich langsam. Friederike war tot, doch sie würde keine Lücke in meinem Leben hinterlassen.
    »Mich wundert, dass jemand sich die Mühe gemacht hat, sie umzubringen«, bemerkte ich schließlich kurz.
    Friederike war ganz nett gewesen, aber leider langweilig und ein wenig tölpelhaft, aber das sagte man natürlich nicht von einer frisch Verstorbenen.
    Durch die Fensterscheibe starrten mich Passanten an, die es irgendwie geschafft hatten, sich an den Polizisten, die den Modeladen absperrten, vorbeizudrängen. Das Ganze war mir sehr peinlich.
    Immer mehr Kinder versuchten, auf den Rand des Georgsbrunnens zu klettern. Ich war immer stolz auf diesen Brunnen gewesen, denn am Brunnenschaft befand sich das Wappen von Österreich, und als halbe Südtirolerin konnte ich damit etwas anfangen. Dass er spätgotisch war und von 1494, hatte uns damals die Lehrerin erzählt, als wir an einem warmen Frühlingstag um den Brunnen herumstanden, doch das hatte mich weniger interessiert. Ich hörte offensichtlich nicht zu, sondern studierte schon als Schülerin lieber die Auslagen des nahen Kaufhauses. Zur Strafe musste ich dann einen Aufsatz über den Narrenbrunnen verfassen, der Hans von Singen, dem Lieblingsnarren des Markgrafen Ernst, gewidmet war.
    »Ich kannte sie, da wir denselben Freundeskreis haben. Erst gestern war ich bei ihr auf einer Party eingeladen. Leider konnte ich nicht hingehen, da ich einer Konzertsoiree an der Musikhochschule in Mannheim beiwohnen musste. Mein Mann hat da gewisse Verpflichtungen, seine Firma unterstützt einen Stipendiaten mit einer großzügigen Summe. Sie haben Vivaldi gespielt. Ich hasse Vivaldi. Eine Idee, und er hat tausend Stücke draus gemacht. Klingen alle gleich.«
    Hagen sah mich ausdruckslos an. Ob er schon mal von Vivaldi gehört hatte oder den Namen für eine Pizzasorte hielt, blieb sein Geheimnis. Gut, dass sich die sozialen Schichten nicht vermischen, dachte ich mit einer gewissen Erleichterung. Zumindest nicht auf gesellschaftlicher Ebene. Dass es noch eine ganz andere Ebene gab, verdrängte ich. Dieser Hagen hatte eine gefährliche Ausstrahlung. Die eines Mannes.
    »Mein Gott, was soll ich sonst noch über Friederike sagen? Sie war mit einem Politiker verheiratet. Ihr Mann ist Landtagsabgeordneter in Stuttgart. Davor war er hier in Ettlingen Zweiter Bürgermeister.«
    »Das ist mir bekannt.«
    »Also. Er hat einiges auf den Weg gebracht. Gewerbeansiedelungen in den alten Fabrikanlagen hinten Richtung Albtal und den Ausbau der Straßenbahn … das ist ja jetzt egal.«
    Seufzend brach ich ab. Irgendwie wurde mir nun erst richtig klar, dass die Friederike, die ich gekannt hatte, niemals wiederkommen würde. »Aus dem Leben gerissen«, las man in den Todesanzeigen oft, aber jetzt konnte ich mir unter dem Satz etwas vorstellen.
    »Unsere Leute sind bereits bei ihm. Er müsste es jetzt schon wissen«, ließ Hagen Hayden angelegentlich fallen und beobachtete meine Reaktion mit seinen wachen grauen Augen.
    Mein Gott, was sollte man dazu sagen?
    »Der Arme«, erwiderte ich mechanisch. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es war, wenn man eine solche Nachricht bekam. Wenn die Polizei klingeln und mir mitteilen würde, Nicolaus wäre tot. Und ich wäre mit einem Schlag Witwe. Hatte ich überhaupt einen knieumspielenden schwarzen Rock, der zu dem Blazer mit aufgesetzten Taschen von Max Mara passte? Fehlanzeige!
    »War die Ehe gut? Harmonisch? Treu?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Sie war wie alle Ehen in unseren Kreisen, Herr Ha… Herr Hayden. Sie lief glatt und sie hat funktioniert. Ich habe nichts von Affären oder Streit gehört. Sie hat sich niemals über ihren Mann beklagt. Nicht mal scherzhaft, wie es viele von meinen Kundinnen gerne tun. Eigentlich auch schon fast auffällig.«
    Im Hintergrund gab mir eine Mitarbeiterin der Boutique ein Zeichen, ob ich etwas zu trinken wünschte. Ich schüttelte den Kopf. Von Frau Trost wollte ich nichts mehr annehmen, und in dieser Klitsche würde ich nicht einmal mehr ein Taschentuch kaufen.
    »Wieso nahm Frau Schmied überhaupt Ihren … Service in Anspruch?«
    »Ja, wieso?«
    Vielleicht konnten Männer das nicht verstehen. Ich musterte Hagen. Er trug Jeans und eine Lederjacke. Darunter ein olivgrünes T-Shirt mit Rippen. Es sah nicht mal übel aus, aber wahrscheinlich

Weitere Kostenlose Bücher