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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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betonen. Laut Spurensicherung gibt es keine Fingerabdrücke an der Hintertür zu dem kleinen Platz. Auch nicht an der zweiten Tür, die ins Kellergeschoss führte. Das kann aber Zufall sein. Wir haben einen frechen Mord in einer gut besuchten Boutique. Nehmen wir mal an, die Person ist wirklich über den kleinen Platz ins Innere des Kellergeschosses des Kleiderladens gelangt – damit ging er ein großes Risiko ein, dass ihn doch jemand sah und erkannte. Da war also jemand möglicherweise sehr unter Druck. Wir befragen derzeit alle Leute, die Fenster oder Ladengeschäfte auf den Hof hinaus haben.«
    »Warum erzählen Sie mir das eigentlich alles?«
    Hagen lächelte und fasste sich ans Ohrläppchen, so als wollte er überprüfen, ob der grässliche Strassstein noch an Ort und Stelle war.
    »Weiß ich auch nicht. Vielleicht brauche ich jemanden zum Laut-Denken, und die anderen sind alle beschäftigt. Fassen wir also nochmals zusammen. Vielleicht fällt Ihnen dann etwas ein, was wichtig sein könnte.« Ich seufzte und setzte mich wieder hin.
    Er sah sich um. »Diese Boutique hier ist im Inneren übrigens ziemlich groß. Ich wusste gar nicht, dass wir hier in Ettlingen so einen ausgedehnten Kleiderladen haben. Vorne sieht das Geschäft eher überschaubar aus.«
    Ich lächelte herablassend. »Wie sollten Sie das auch wissen, Herr Hayden. Es ist ein teurer Laden. Für Herren und Damen. Und das ist typisch für Ettlingen, denn er ist klein, aber fein. Understatement um jeden Preis, auch wenn man sich alles kaufen kann. Außerdem sind wir eine Stadt mit vielen kleinen Fachwerkhäuschen und wenig Platz in den winkeligen Gassen, über die der Denkmalschutz wacht. Die Stadt war ja im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Für Discounter-Ramschläden hat man also glücklicherweise wenig Raum.«
    Er schüttelte den Kopf. »In unserem Land gibt es ziemlich viele Leute, die sich nichts anderes leisten können als die großen hellen Läden mit den Billigangeboten, meine Liebe.«
    »Mag sein. Aber ich muss keine Schuldgefühle haben, dass ich hier einkaufen kann, oder? Und die Damen und Herren, mit denen ich verkehre, auch nicht.«
    »Ich verstehe. Macht aber nichts. Ich persönlich bin lieber ein  Mann  als ein Herr. Fassen wir also zusammen, damit auch ich die Szenerie hier verstehe. Das Geschäft hat, wie wir sehen, mehrere Kabinenzeilen. Zwei auf der Verkaufsebene im Erdgeschoss hier mit je zwei Kabinen, zwei mit je drei Kabinen im oberen Stock und nur eine einzige im Untergeschoss bei den Designermarken. Die Umkleide im Untergeschoss liegt etwas abseits, neben der Tür, die in den Hof führt, und sie hat, da sie wie ein Londoner Bus aussehen soll, eine feste Tür und keinen Vorhang.«
    »Ja«, sagte ich. »Das wird von den Kunden sehr geschätzt. Da kann man sich umziehen, ohne dass der halbe Körper im Freien steht. Da unten ist natürlich grundsätzlich viel weniger los. Meistens ist dieser Bereich – wie gesagt – vollkommen leer, und zwar schon allein wegen der Preise. Passport. Jil Sander. Chloé. Dior. Rena Lange, um nur die Gewöhnlicheren zu nennen. Da reicht Frau Trost eine Kundin am Tag, um Gewinn zu machen. Die Masse macht sie hier oben bei den Normalmarken.«
    Hagen nickte angesichts der Frauen, die immer noch bei s.Oliver zusammenstanden. Nur zögernd löste sich das Grüppchen auf.
    »Heute herrschte hier regelrechter Trubel, da nur für diesen Marktfestsamstag alles, außer den Designern im Keller, fünfzig Prozent reduziert war. Vor dem Laden standen zwei Schülerinnen mit Luftballons und mit Sekt. Die Leute sind hineingeschlendert, den Sekt in der Hand, haben sich umgesehen und sind wieder hinausgegangen. Ich habe etliche Frauen und sogar einige Männer gesehen, die ich kenne, während ich hier oben gewartet habe. Mir war es recht, dass Friederike da unten allein war. Sie sollte in Ruhe anprobieren«
    Hagen seufzte. Dieser Mord war vermutlich nicht nach seinem Geschmack. Er schmeckte zu sehr nach teuren Zutaten.
    »Friederike war jedenfalls voll Vorfreude auf den Beratungstermin heute. Sie hat offenbar mit ihren Partygästen gestern Abend darüber gesprochen, und ich wusste: Wenn ich es bei ihr schaffe, dann habe ich dreißig neue Kundinnen. Aber jetzt? Nur Lebensmüde werden sich bei mir einkleiden wollen.«
    »Wenn jemand ermordet wird, kommt es für das Opfer nie passend. Das Leben war noch nicht zu Ende gedacht«, erwiderte Hagen Hayden überraschend ernst.
    Ich schluckte.
    Wieder näherte sich ein Beamter.

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