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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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und …«
    »Dafür gibt jemand wirklich Geld aus? Dass ihm jemand sagt, was er in welchem Laden einkaufen soll?«
    »Ja. Stil ist nicht jedem gegeben.«
    »Aber Ihnen?« Es klang provokativ.
    »Das liegt im Auge des Betrachters, Herr Hayden.«
    Er schüttelte den Kopf. Machte sich rasch eine Notiz auf seinen kleinen Block. Anerkennend stellte ich fest, dass es ein Moleskine-Notizbuch war und immerhin ein paar Euro mehr gekostet hatte als die Vokabelheftchen aus dem Schreibwarenladen, mit denen seine Mitarbeiter immer noch herumfuchtelten.
    »Wir werden Sie vielleicht heute noch, spätestens aber morgen sowieso einbestellen und Ihre Aussage genau protokollieren. Nur jetzt für den Moment … wie lange kannten Sie das Opfer schon?«
    Ich kannte Friederike, seit sie mit Horst verheiratet war. Also sieben Jahre. Die beiden liefen uns bei fast jedem gesellschaftlichen Anlass über den Weg. Obwohl wir alle oft nach Karlsruhe ins Staatstheater oder in das alternativere »Tollhaus« gingen oder sogar bis nach Stuttgart oder Mannheim für ein Opern-Event fuhren, gab es doch in Ettlingen eine solide und feierfreudige Oberschicht, die immer wieder auch die Angebote vor Ort wahrnahm. Es gab Vernissagen und neuerdings Finissagen. Die Sibyllatage im Schloss. Konzerte des Jazzclubs. Seniorentheater in der Klostergasse. Weihnachtsmarkt. Das Altstadtfest, Marktfest genannt. Sommertheater in unserem Schlosshof. Als Politiker, der es noch zu etwas bringen wollte, musste sich Horst Schmied überall sehen lassen. Und vor allem wissen, wo er sich nicht sehen lassen sollte.
    »Schon einige Zeit«, murmelte ich.
    Friederike stammte aus Karlsruhe. Ihr Vater war vor Jahren bei einem Unfall auf der Schwarzwaldhochstraße umgekommen, ihre Mutter, eine früher anscheinend beliebte Friseurin, hatte vor Kurzem das Zeitliche gesegnet. Krebs. Ich dachte an meine eigenen Eltern. Sie waren gestorben, wie sie gelebt hatten: zusammen bei einem Flugzeugunglück auf einem Inlandflug in den  USA  vor drei Jahren. Es war furchtbar und doch ein sauberer, schneller Schnitt gewesen.
    »Weiter?« Hagen tippte mit seinem Kuli aufs Papier.
    Nach dem Tod ihrer Mutter war mir Friederike nachdenklich vorgekommen. Sie war immer schon schüchtern gewesen, »verklemmt« hatten es weniger wohlwollende Freundinnen genannt. Sie hielt sich gerne im Hintergrund, und wenn sie trotzdem etwas sagte, traf sie oft den falschen Ton. Irgendetwas war verkehrt an ihr gewesen.
    »Wir sind beide Mitglieder bei den ›Freundinnen des Balletts‹ und auch bei den ›Liebhabern des Staatstheaters‹ in Karlsruhe. Bei den Letzteren zusammen mit unseren Männern, das ist so üblich. Natürlich unterstützen wir auch die hiesigen Schlossfestspiele durch unsere Anwesenheit.« Und ich fügte absichtlich hinzu: »In unseren Kreisen tut man etwas für Kultur.«
    »Hoffentlich verstehen Ihre Kreise auch etwas davon. Mögen Sie das Ballett wirklich? Mir tun schon von fern die Zehen weh, wenn ich die Mädels da so unnatürlich auf ihren Füßchen balancieren sehe.«
    »Herr Hayden. Es mag sehr anstrengend sein, aber es ist ein Bestandteil unserer Kultur. Deshalb haben die ›Freundinnen des Balletts‹ auch einen Fonds für Fußpflege und Massage für die Tänzer und Tänzerinnen eingerichtet. Friederike trat anfangs auch in dieser Gruppe zurückhaltend auf, aber in letzter Zeit hat sie sich immer mehr für die Kunst interessiert. Das ist eine Altersfrage, Herr Hayden. Wie Wagner oder Goethe. Wenn man älter wird, lernt man die Leistung besonderer Menschen aus unserer Vergangenheit mehr zu schätzen.« Mein Gott, ich hörte mich an wie die Vorsitzende eines Dorfkulturrings.
    Hayden grinste. »So alt werde ich hoffentlich nie. Ich bin Bob-Dylan-Fan.«
    Furchtbar, aber typisch! Dieser ungepflegte Amerikaner, der nuschelte, als wäre er ständig betrunken. Meine Gedanken kehrten zu Friederike zurück. War sie die richtige Frau im falschen Körper gewesen oder umgekehrt?
    Doch jetzt war sie tot, und ich konnte sie nicht mehr ergründen. Jedenfalls hätte niemand Friederike einen interessanten Tod zugetraut. Man hätte eher erwartet, dass sie immer älter wurde und immer mehr verblasste, bis sie irgendwann nicht mehr da war, ohne Fragen an die Nachwelt zu hinterlassen.
    Ein weiterer Beamter gesellte sich zu Hagen und zu mir, nahm ihn zur Seite, sprach leise mit ihm. Hagen kam zu mir zurückgeschlendert, sah auf mich herunter.
    »Tja. Ein kaltblütiger, ein wagemutiger Mord, das muss ich nochmals

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