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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Geld ist herausgefallen, aber das war ihm egal. Warum hat er ihn denn dann überhaupt mitgenommen?«
    »Dies war für ihn keine normale Situation«, erklärte Hagen Hayden sachlich.
    »Trotzdem unvorstellbar«, murmelte ich, »dass niemand etwas von ihrem Todeskampf gemerkt hat. Wo ist man noch sicher, wenn nicht an einem Ort wie diesem?«
    Genau das war auch die Frage, die unsere örtliche Presse nach dem Mord an der allseits bekannten Politikergattin Friederike Schmied wieder und wieder in allen Einzelheiten variierte.
    Tagelang auf der ersten Seite. Mindestens zwei Wochen lang auf der zweiten Seite. Dann im Lokalteil. Irgendwann bei Südwestecho im Bereich Vermischtes. Die Bildzeitung gab nach drei Ausgaben auf. Einmal war auch ich abgebildet. »Das schöne Schicksal« nannten sie mich und zitierten einen Filmtitel: »Der Tod steht ihr gut: Anstatt Nobelhemd – Totenhemd«. Reizend.
    Ich selbst wurde drei Mal von der Polizei vernommen. Einmal musste ich nach Karlsruhe zur Kripo, die von Ettlingen aus gesehen am anderen Ende der Stadt war, und sah mich dort fünf wenig charmanten Kollegen von Hagen gegenüber. Sie nannten sich »Soko Schmied« und hatten sich scheinbar in jedes Detail von Friederikes Leben eingearbeitet – zumindest, insofern dieses Leben nach außen hin erkennbar war. Ich verneinte, Geheimnisse, Bedrohungen und andere dunkle Punkte im Leben meiner Kundin gekannt zu haben, und schrieb auf Anforderung hin die Namen all jener Bekannten auf, die ich am Morgen des Mordes in dem Laden gesehen hatte. Sie wurden offenbar allesamt vernommen.
    Natürlich teilte man mir das Ergebnis dieser Vernehmungen nicht mit, doch sickerten offenbar wie durch unterirdische Kanäle Informationen über den Fall in unsere eng vernetzte Kleinstadt. Wenn ich im Ort jemandem aus dieser Personengruppe begegnete, registrierte ich eine gewisse Kühle mir gegenüber. Das Ganze war mir höchst unangenehm.
    Der Ehemann wurde sowieso unter die Lupe genommen, was in seinem Fall besonders pikant war. Schließlich war er Politiker und noch dazu einer, der sich auf dem Sprung zu etwas Höherem befunden hatte. Alle Bewohner sämtlicher umliegenden Häuser und Wohnungen wurden befragt. Das Privatleben und die Konten der Toten wurden durchsucht. Offenbar hatte alles nichts ergeben.
    Die Soko, die jetzt im Volksmund »Soko Friederike« hieß, wurde verkleinert und weiter verkleinert. Irgendwann hörte man nichts mehr von ihr.
    Die arme Frau Schmied wurde allmählich vergessen oder verdrängt. Der Hochsommer entfaltete im August seine ganze Pracht. Unsere Kreise begaben sich allesamt in Urlaub und begannen, Friederike wirklich zu vergessen.
    Nur ich nicht. Der Anblick ihrer toten Augen, die starr wie die einer Puppe geradeaus gestarrt hatten, aber nichts mehr sehen konnten, ließ mich nicht los. Was und wer mochte auf dieser Netzhaut gespeichert sein? Welches Gesicht, das mich alltäglich in Ettlingen anlächelte? Es war jemand aus unseren Kreisen, dessen war ich mir sicher.
    Anfang September, es war für die Jahreszeit immer noch ziemlich heiß, traf ich Hagen Hayden wieder. Ich spazierte gerade um den künstlich angelegten See in dem kleinen, aber reizenden Watthalden-Park, einem grünen Lungenflügel unserer Kleinstadt und in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts Schauplatz der heutigen Schlossfestspiele. Eigentlich brauchte unsere Stadt keine zusätzlichen Grünflächen, da sie von Wäldern und Hügeln umgeben war und durch unseren lebhaften kleinen Fluss stets mit echtem Schwarzwaldwasser erfrischt wurde.
    Das Watthalden-Hotel war ein modernes und schickes Hotel auf dem Weg nach Waldbronn. Per Zufall wurde es allerdings nur noch von denen entdeckt, die zu ängstlich waren, den Tunnel zu benutzen, der unterirdisch daran vorbeiführte und am anderen Ende von Ettlingen wieder zum Vorschein kam.
    Der Tunnel, der das Albtal mit Karlsruhe verband, hatte mehrfach schlechte Noten vom  ADAC  bekommen und war eine Zeit lang dauernd gesperrt gewesen. Ich fuhr ihn auch nicht besonders gerne. Wenn mein Mann etwas großzügiger wäre, hätten wir längst einen kleinen Firmenjet (Harry, auftanken bitte!), damit ich unter Umgehung des Gotthardtunnels in mein geliebtes Tessin gelangen könnte. Doch Nicolaus rechnete so lange die Steuervorteile und die Kosten gegeneinander auf, bis der Spaß an der Sache verflogen war. Das waren meine Sorgen!
    Hagen Hayden, graue Jeans und ein offenes weißes Hemd, saß mit weit von sich gestreckten Beinen auf

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