Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
Ein Blatt Papier wechselte den Besitzer. Hagen warf einen kurzen Blick darauf.
    »Demnächst kriegen wir iPads. Da können wir die Tatortzeichnung direkt auf unsere Rechner übertragen. Das hier ist noch eine händische Skizze: Der untere Kabinentrakt hat hier diesen Mittelgang, an dessen Ende sich die mehrfach erwähnte Tür hinter einem Vorhang befindet, die – wie wir gehört haben – unverschlossen ist und zunächst ins Treppenhaus und von dort auf den von der Straße her frei zugänglichen Hinterhof hinausführt. Dort sind städtische Toiletten, hier hinten rechts, nahe der Rückwand des Schreibwarenladens, der Boutiquerückseite gegenüber, befinden sich die ausgelagerten Blumenkübel des Blumenladens, ein kleiner Spielplatz am anderen Ende und ansonsten lediglich Lager für ein Eiscafé und andere angrenzende Läden. Der große Hof ist frei zugänglich, und zwar von zwei verschiedenen Straßenseiten.«
    »Der Platz oder der Hof wird auch häufig als Abkürzung verwendet«, warf ich ein.
    »Danke«, sagte Hagen. »Ich wohne auch hier.«
    »Bitte. Ich wollte nur helfen.«
    Er fuhr fort: »Der Täter oder die Täterin muss die Stahltür geöffnet haben, ein paar Schritte durchs Treppenhaus gelaufen sein und die drei Stufen hinunter zum Eingang in den Designerbereich. Er hat die Innentür geöffnet. Dort konnte er oder sie hinter dem dekorativen Vorhang stehen und die Szenerie in aller Ruhe beobachten. Er oder sie konnte leicht erkennen, ob Frau Schmied allein war. Als der Mörder sich sicher war, ist er oder sie schnell in die Kabine von Frau Schmied geschlüpft, hat die Tür hinter sich geschlossen, sie überrascht und erwürgt. Das Ganze muss sehr energisch und sehr professionell vonstattengegangen sein. Nach der Tat ist er oder sie wieder durch den Hinterausgang verschwunden. Eine Sache von einer halben Minute. Im kaltblütigsten Fall ist der Mörder einfach nach der Tat durch den Vordereingang gegangen und nochmals durch den Laden geschlendert, um dabei zu sein, wenn man sie fand. Sie sagten ja, es war sehr viel los. Warum hätte die Person auffallen sollen? Er oder sie musste nur einen Kleiderbügel in die Hand nehmen und so tun, als wollte er etwas kaufen.«
    Ein schauriger Gedanke. Unten die tote Friederike. Oben ein Cecil-T-Shirt in jenen Händen, die gerade gemordet hatten.
    Ich überlegte. »Ich frage mich trotzdem, woher der Mörder wusste, wann genau Friederike das Untergeschoss aufsuchen würde, um etwas anzuprobieren. Und dass niemand anders dort unten wäre.«
    »Vielleicht hat er Friederike im Laden beobachtet und gesehen, dass sie nach unten ging. Das Ampellicht brannte. Die Kabine war besetzt. Sie waren oben mit Frau Trost. Aus dem Laden gehen, um die Ecke biegen, einen günstigen Moment abpassen, um durch die Hintertür zu schlüpfen … bei dem allgemeinen Getümmel des Stadtfestes durchaus eine Möglichkeit. Dauert keine zwei Minuten. Ist allerdings tatsächlich kein Allerweltsmord.«
    Natürlich nicht, dachte ich mit einem etwas dekadenten Stolz. Ein Mord, mit dem ich zu tun habe, ist kein Allerweltsverbrechen.
    »Dennoch ging er ein hohes Risiko ein«, bemerkte ich. »Ich hätte doch bei Friederike bleiben und vor der Kabine stehen können. Obwohl ich das niemals tue, aber das konnte der Mörder nicht wissen.«
    »Vielleicht doch. Ihre Geschäftspraktiken waren in … wie sagen Sie immer so schön …  Ihren   Kreisen  bekannt. Frau Schmied hat überall erzählt, dass sie mit Ihnen einkaufen gehen würde. Trotzdem war es wohl ein Vabanquespiel. Wäre das Opfer nicht allein gewesen, dann hätte der Mord eben nicht heute stattgefunden. Vielleicht morgen. Vielleicht irgendwo anders.«
    In der Ferne sah ich, wie Frau Trost heftig gestikulierte. Ihre Verkäuferinnen standen ratlos herum. Eine legte hektisch Pullover zusammen. Ihrer eigentlichen Aufgabe beraubt, wirkten sie alle wie mechanisch aufgezogene Schaufensterpuppen.
    »Ist sie eigentlich bestohlen worden?«, fragte ich.
    Hagen Hayden zögerte. »Darüber kann ich keine Auskunft geben.«
    »Also nicht.«
    »Ihre Handtasche stand auf dem Boden. Der Hausschlüssel ist noch da, aber ihre Geldbörse ist offenbar gestohlen worden, und ihr Handy ist auch weg. Allerdings hatte sie noch hundert Euro lose in der Tasche, die der Täter wohl übersehen hat«, sagte er ganz kurz. »Aber behalten Sie das bitte für sich.«
    »Lose in der Tasche? Warum denn das? Das könnte doch bedeuten, er hat den Geldbeutel an sich gerissen oder durchsucht,

Weitere Kostenlose Bücher