Tod Im Anflug
wusste, hatte sie gerade erst den Tod ihres Mannes überwunden und kam nur langsam wieder aus ihrem Schneckenhaus hervor. Sie steuerte geradewegs auf Jupp zu. Vielleicht war das die ersehnte Ablenkung für den Hafenmeister.
»Hallo Charlotte«, rief Jupp strahlend und hörte auf zu fegen.
Hatte der gerade
Char
lotte gesagt? Tom war schnatterlos. Dann war ja auch Lotte ein Charlie. Eine Char-lotte. Dass er da nicht früher drauf gekommen war, wurmte ihn, denn er war sich sicher, dass
Magnum
dieses Namensspiel sofort aufgefallen wäre. Was hatte Lotte mit Alex zu tun, fragte er sich. Lotte und Alex – Alex und Lotte … was hatte er da übersehen? Verflixt, hätten die Bachstelzen nicht mal ordentlich nachfragen können, um welchen Karli oder Charlie es sich genau handelte?
Char-lotte, was hast du nur mit Jupp vor?,
dachte Tom.
Ist er etwa dein nächstes Opfer?
Lottes Mann war im letzten Herbst verstorben, nach langer Krankheit, wie man sich erzählte. Was aber war, wenn es gar keine Krankheit gegeben hatte?
Lotte – eine Mörderin?
Je mehr Gedanken er sich über Lotte machte, umso verdächtiger wurde sie. Aber sie würde Jupp sicherlich nicht am helllichten Tag und in aller Öffentlichkeit umbringen, also nicht in den nächsten Minuten, beruhigte er sich und beschloss, erst einmal Luzies Befragung weiter zu verfolgen. Das Positive war ja, dass Jupp nun erst mal abgelenkt war.
Offenbar hatten die Kommissare soeben erst ihr Flüstergespräch beendet, denn Tom sah gerade noch, wie Humps Haarschopf verschwand, und die Bürotür wieder geschlossen wurde. Nachdem Reiners sich für die Störung entschuldigt und wieder gesetzt hatte, bat er Luzie, mit ihrer Aussage fortzufahren.
»Ich habe gerade gesagt, dass ich ein Alibi habe. Ein wasserdichtes sogar. Ich war bei Bernd Stegner.«
»Wie passend«, hielt ihr Reiners bissig entgegen. »So etwas habe ich mir schon gedacht. Der Liebste gibt ein Alibi. Wirklich reizend. Aber das ist weder neu, noch ist es originell. Und Sie haben uns vorher angelogen, Frau Breetz. Das wirft kein gutes Licht auf Sie.«
»Ich konnte Ihnen doch nicht gleich von Bernie erzählen«, jammerte Luzie. »Sie hätten mich doch sofort als Hauptverdächtige abgestempelt. Nach dem wahren Mörder hätten Sie dann doch gar nicht mehr gesucht. Aber jetzt, wo Sie es sowieso schon wissen …«
»Sie waren also nach dem Restaurantbesuch mit Bernd Stegner zusammen.«
»Genau. Ich war bei ihm. Deshalb hat mich auch niemand nach Hause kommen sehen.«
»In unserem ersten Gespräch haben Sie gesagt, Ihr Mann wollte nach dem Essen einen Spaziergang machen – alleine. Und nun sagen Sie, dass Sie, anstatt nach Hause zu gehen, zu Ihrem Geliebten gegangen sind. Sie hätten aber doch damit rechnen müssen, dass Ihr Mann kurz nach Ihnen zum Wohnwagen zurückkommt und ihn leer vorfindet. Das passt nicht, Frau Breetz. Woher haben Sie gewusst, dass Ihr Mann nicht kommen würde?«
»Ganz einfach. Das war Charlies Schuld. Natürlich habe ich mir den Abend mit Alex ganz anders vorgestellt. Wir hatten ein paar Tage dicke Luft, hatten uns gestritten, wegen irgendeiner Lappalie. Und als er dann abends froh und gutgelaunt gefragt hat, ob ich mit ihm essen gehen würde, habe ich mich riesig gefreut. Aber Charlie hat mir dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kaum tauchte Charlie im Restaurant auf, war Alex wie ausgewechselt. Der schöne Abend war dahin. Ich war so enttäuscht.« Luzie hielt kurz inne, atmete einmal tief durch und fuhr mit ihrem Bericht fort. »Sie haben ja recht, Alex ging es nicht gut. Aber nach ein paar Minuten an der frischen Luft hat er sich besser gefühlt. Und von da an hat er mich gar nicht mehr beachtet. Ich wusste, was er vorhatte – er wollte in die Firma fahren. Also bin ich zu Bernd und habe nur noch gedacht: Das geschieht Alex ganz recht. Ich habe doch nicht wissen können, dass er sterben würde. Sie können sich nicht vorstellen, welche Vorwürfe ich mir seitdem mache.«
Von der aufbrausenden Luzie war nichts mehr zu merken. Sie saß in sich zusammengesunken am Schreibtisch des Kommissars und war den Tränen nahe. Nur zur Sicherheit schaute Tom in Richtung Jupp und Lotte. Die beiden unterhielten sich immer noch.
»Alex hat Tag und Nacht gearbeitet und dabei wirklich gut verdient«, fuhr sie fort. »Aber das war es nicht wert. Die Nächte, die ich vergebens auf ihn gewartet habe, kann ich gar nicht mehr zählen.« Für einen Augenblick hielt sie inne und setzte dann fast
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