Tod Im Anflug
»Ja, ja, ist ja schon gut. Bernd und ich haben ein Verhältnis.«
»Na also. Hat Ihr Mann von Ihrer Beziehung gewusst? Ich glaube kaum, dass ihm das egal gewesen sein dürfte.«
Nachdem sich Luzie zu ihrem Geständnis durchgerungen hatte, wurde sie merklich ruhiger und gesprächiger. »Nein, er hat nichts gewusst«, antwortete sie bitter. »Er hätte es wissen können, Herr Kommissar, wenn er sich auch nur ein bisschen für mich interessiert hätte. Aber ich war ihm ja egal. Ich war nur Dekoration, verheiratet war er mit seiner Arbeit.«
»Es kam also, wie es kommen musste, nicht wahr? Sie haben sich einen Tröster gesucht.«
»Sparen Sie sich bitte Ihren Spott. Jeder braucht eine Schulter zum Anlehnen, jemanden zum Reden. Ich bin da keine Ausnahme.«
Tom sah Luzie wie ein Häufchen Elend auf ihrem Stuhl sitzen. Dann wanderte sein prüfender Blick zu Jupp, der mit der Reinigung des Vorplatzes fast fertig war. Nicht mehr lange und der Hafenmeister würde ihn von seinem strategisch günstigen Platz verscheuchen. Innig hoffte er auf irgendeine Ablenkung für Jupp. Etwas, dass ihn beschäftigen und von Tom fernhalten würde, denn Reiners war mit Luzie noch lange nicht fertig, das spürte er.
»Ich frage Sie jetzt geradeheraus: Warum musste Ihr Mann sterben? Warum haben Sie ihn umgebracht? Nur wegen Ihres Verhältnisses?«
»Ich? … Aber …«, stammelte Luzie, »Sie glauben tatsächlich, ich …« Sie schüttelte heftig ihre blonden Locken. Tom konnte ihr ansehen, wie fassungslos sie über diese plötzlichen Anschuldigungen war. »Ich habe Alex doch nicht umgebracht. Ich habe nichts mit seinem Tod zu tun, das müssen Sie mir glauben. Ein Verhältnis zu haben, Herr Kommissar, das ist doch ganz was anderes als Mord. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Stellen Sie sich mal die Aktenberge auf Ihrem Schreibtisch vor, wenn jeder Ehemann, der seine Frau betrügt, sie auch noch umbringen würde.« Luzie legte eine kurze Pause ein und ließ ihre Worte wirken. Dann fuhr sie fort: »Ich soll also Alex umgebracht, genauer gesagt, vergiftet haben. Wo ist denn Ihr Beweis? Hat Ihre Spurensicherung etwas gefunden? Nein, das hat sie nicht, kann sie auch gar nicht. Weil ich’s nämlich nicht war. Ich wüsste ja noch nicht einmal, wie ich an Gift rankommen könnte. Sie sind da völlig auf dem Holzweg.«
Für einen Moment schien Luzies Antwort den Kommissar zu beschäftigen. »Wenn Sie Ihren Mann nicht umgebracht haben, wer war es dann – Ihrer Meinung nach?«
»Charlie!«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. »Der steht ganz oben auf meiner Liste. Denken Sie, ich hätte mir nicht auch den Kopf darüber zerbrochen, wer Alex getötet hat? Egal, wie ich es drehe und wende, ich lande immer wieder bei Charlie. Den sollten Sie endlich mal unter die Lupe nehmen. Ich bin mir sicher, wenn einer an Gift kommt, dann er. Sie haben doch nicht vergessen, was ich Ihnen über ihn erzählt habe, oder?«
Kommissar Reiners winkte ab. »Natürlich nicht. Wir sind an ihm dran.« Weiter ließ er sich über Karl Müller nicht aus. Stattdessen blätterte er in seinen Akten, machte sich einige Notizen und schaute nach einer ganzen Weile wieder zu Luzie auf. »Eine Frage ist noch offen, Frau Breetz. Ich meine Ihr Alibi. Nach unserem Kenntnisstand haben Sie nämlich keins.« Er maß Luzie mit abschätzend kühlem Blick und ergänzte: »Und das ist gar nicht gut. Wir haben niemanden gefunden, der Ihre Angaben bestätigen kann. Keiner Ihrer Nachbarn hat Sie nach Hause kommen sehen, nicht einer hat Licht in Ihrem Caravan beobachtet. Das spricht nicht gerade für Sie, Frau Breetz. Also, wo waren Sie?«
Wieder sah Tom Luzie an, dass sie ihre Aussage genau überdachte. »Was soll’s«, sagte sie schließlich. »Das mit Bernd wissen Sie ja inzwischen. Er ist mein Alibi.«
Es klopfte an der Tür, und Reiners bat Luzie, ihre Aussage für einen Moment zu unterbrechen. Auch Tom hatte das Klopfen gehört und reckte seinen langen Hals noch ein Stückchen höher als ohnehin schon. Er war dem Gespräch so intensiv gefolgt, dass er niemanden hatte kommen sehen. Peter Hump steckte seinen Haarschopf durch die Tür und flüsterte etwas zu seinem Kollegen.
Komisch, dass Tom ihn nicht bemerkt hatte. Instinktiv schaute er nun nach links und nach rechts. Von dort kam gerade Lotte schwungvoll über den Campingplatz gelaufen, zum Glück ohne ihren Hund. Die gepflegte Mittfünfzigerin war sportlich-schick, aber immer noch dunkel gekleidet. Wie Tom
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