Tod Im Anflug
die laut Ritter nachts aufgenommen worden sein mussten.
»Er mailt uns gleich die Dateien«, erklärte Reiners und setzte seinen Kollegen darüber in Kenntnis, dass es in der Rechtsmedizin einen Autopsiestau gegeben hatte und sich die Obduktionsberichte von Breetz und Stegner noch verzögern würden. »Uns fehlen so viele Informationen, und trotzdem hat Staatsanwalt Neuner angerufen und Druck gemacht. Er will den Fall abschließen und braucht belastbare Ergebnisse. Stell dir vor, er wollte sogar selbst hierherkommen, um uns auf Trab zu bringen.«
»Ein Glück, dass der jetzt erst einmal mit Charlie beschäftigt ist«, winkte Hump entnervt ab. »Den könnten wir hier überhaupt nicht gebrauchen. Ich kenne ihn. Er hat ein Boot und redet von nichts anderem. Wenn der hier auftaucht und den Hafen sieht, werden wir den nicht mehr los.«
Leise Klingeltöne des Computers verrieten den Kommissaren den Eingang von E-Mails. Alfred Ritter hatte offenbar die Fotos rübergeschickt.
Aus dem Gespräch zwischen Hump und Reiners erfuhr Tom, dass die lang ersehnten Fotos auf dem Bildschirm, wie angekündigt, sehr dunkel und unscharf waren. »Ich drucke die Fotos mal aus, vielleicht können wir dann mehr erkennen«, sagte Reiners und tippte sogleich den passenden Befehl in die Tastatur. Während der alte Tintendrucker bei jeder Zeile schlürfend nach Flüssigkeit lechzte und sich langsam von einem Pixel zum anderen quälte, schaute er die übrigen Mails durch und gab auch diese Informationen in Kurzform weiter. Die Spurensicherung hatte endlich das Untersuchungsergebnis im Fall Stegner geschickt. Es gab keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Sämtliche Fenster waren von innen verschlossen gewesen, ebenso die Wohnwagentür. Das machte eine Einwirkung von außen schier unmöglich. Ohne dem Autopsieergebnis vorgreifen zu wollen, wurde der Tod des Opfers als selbstverschuldeter Unfall eingestuft.
War Jupp jetzt aus dem Schneider, oder war er als langjähriger Hafenmeister ein Fachmann im Umgang mit Gas? Konnte er töten, ohne dass die Spurensicherung es merkte? Tom dachte nach. Es schien ja tatsächlich alles für einen Unfall zu sprechen.
»Die Autopsieberichte fehlen noch immer, und der arme Drucker tut sein Bestes. Was hältst du von einer kleinen Pause, Konny?«
»Gute Idee, gehen wir im Hafenrestaurant was essen. Dann können wir auch gleich die Kellnerin befragen. Die war gestern krank, sie soll aber wieder gesund sein und müsste ihre Schicht gerade begonnen haben.«
Nicht nur Reiners und Hump verbanden das Angenehme gerne mit dem Nützlichen, sondern auch Tom. Was für
Magnum
die Rettung schöner Frauen aus den Fängen von Bösewichten war, war für ihn die Aussicht auf Köstlichkeiten während seiner Ermittlungen. Obwohl – ein schönes Weibchen hätte er auch gerne befreit. So eines wie Optima, das sich in Sollux’ Fängen befand. Tom wurde schwer ums Herz. An Optima zu denken bedeutete immer noch Sehnsucht bis in die kleinste Daune.
Die beiden Männer hatten sich erhoben und waren zur Tür gegangen. Kurz bevor die Bürotür von Reiners hinter ihnen geschlossen wurde, warf ein heftiger Luftzug den Fensterflügel auf und wirbelte etliche Papiere und Akten durcheinander. Tom schraubte den Hals in die Höhe. Das Fenster auf, die Papiere verstreut und die Kommissare unterwegs – das alles sah doch wie eine Einladung aus. Vielleicht gelang es ihm ja, einen Blick auf die ausgedruckten Fotos zu erhaschen, denn die interessierten ihn schon sehr. Als er Reiners mit langen Schritten auf das Sanitärgebäude zugehen und Hump langsam und gemächlich Richtung Restaurant schlendern sah, war ihm klar, dass sich die Befragung der Kellnerin auf Grund einer vollen Blase verzögern würde. Er kontrollierte rasch, ob die Luft rein war, flatterte ein paarmal mit den Flügeln und landete zielsicher auf dem Fensterbrett. Von dort beäugte er das Chaos im Inneren. Notizzettel, leere Blätter und Akten, allesamt vom Tisch auf den Boden geweht. Genauso wie die bereits ausgedruckten Fotos, die nichts mehr im Druckerschacht gehalten hatte.
Mit einem kleinen Hüpfer sprang er vom Fensterbrett und watschelte zwischen Schreibtischen und Bürostühlen über einen Papierteppich auf die ersten Fotoausdrucke zu. Was Alex wohl fotografiert hatte? Vielleicht gab es auf den Fotos ja sogar einen Hinweis auf seinen Mörder zu entdecken. Irgendeinen Grund musste Alex schließlich gehabt haben, den Chip so gut zu verstecken. War Alex etwa wegen dieser Fotos
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