Tod im Apotherkerhaus
Sonne gewesen war. Sonst aber schien er in guter körperlicher Verfassung zu sein. Er war einen halben Kopf kleiner als Rapp, wirkte schlank und sehnig und tat überaus selbstsicher.
»Jo, ik bün Fixfööt«, sagte er gedehnt. »Wat hest du hier to söken?«
»Ich hatte eine Unterredung mit Mine«, entgegnete Rapp steif. »So, hest du dat?«
»Sei nicht so griesmulig«, wies Mine ihn zurecht. Und zu Rapp gewandt, sagte sie: »Er denkt immer, ich war sein Eigentum.«
»Gor nix denk ik.«
»Teo ist Schlafbesuch. Er hat's schwer im Moment. Ich will ihm helfen.«
»So, wullt du dat?«
»Ja. Mach nicht so'n Gesicht. Hast du die Heringe mit?« »Jo, sünd ober man blots fief lütte.«
»Macht nix. Kommt mit, ihr zwei.« Mine ging zurück in den Hauptraum, und die Männer folgten ihr. Sie packte die Nähsachen in die Schublade des großen Tischs, um Platz zu schaffen, und zog die Korbtruhe als dritte Sitzgelegenheit heran. »Fixfööt, hol Messer und Löffel aus dem Schapp. Und dann setz dich da auf die Truhe. Kannst schon mal die Heringe auswickeln. Teo, du holst Teller und Becher vom Wandbrett. Und die Wasserkruke. Die steht nebenan.«
Nachdem sie auf diese Weise die Spannung zwischen den Männern etwas abgebaut hatte, verschwand sie kurz und kam anschließend mit einem Topf voller Gerstengrütze wieder. Sie tat jedem eine Portion auf und setzte sich selbst. »Ich für meinen Teil ess nur einen Hering, dann habt ihr jeder zwei. Und nun wird gebetet:
Ut Fisch ward Fleesch, ut Mehl ward Broot, hebbt wi den Herrn to uns inloodt.
Ut Fett ward Wurst, utWoterWien, lot wi den Herrn bi Disch mit sien. Amen.«
Sie wünschte guten Appetit. Rapp und Fixfööt murmelten ebenfalls Amen und langten zu.
Rapp versuchte, langsam zu essen, doch es war ihm schier unmöglich. Es dauerte nicht lange, da hatte er seinen Teller bis auf einen der beiden Heringe leer gemacht. Mine gab ihm Nachschlag.
Fixfööt sagte mit vollem Mund: »Hm, Mine, is ümmer lecker, dien Grütt.«
»Danke. Ich freu mich, wenn's dir schmeckt.« Mine zündete zwei Unschlittkerzen an, denn mittlerweile war es fast dunkel geworden.
»Mir schmeckt es auch sehr gut«, versicherte Rapp zwischen zwei Bissen.
»Mi smeckt dat beter.« Fixfööt schien noch immer streitlustig zu sein.
Rapp beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Was hast du eigentlich gegen mich?«, fragte er. »Ich möchte hier doch nur ein paar Nächte schlafen, mehr nicht.« »Lot Mine in Freeden. Se is'n fienen Keerl.« »Ja, selbstverständlich, was denkst du dir eigentlich?« Fixfööt murmelte etwas Unverständliches. Rapp versuchte es anders. Vielleicht taute der Jüngling auf, wenn man ihn auf seinen Namen ansprach. »Was bedeutet eigentlich >Fixfööt«, fragte er. »Das heißt doch sicher irgendetwas.«
»Dat kann goot sien.«
»Ehrlich gesagt, hörte es sich für mich im ersten Moment wie >Fischbröt< an.«
»Wat seggst du do?« Dem Jüngling fiel fast der Löffel aus der Hand. Doch bevor er eine Antwort geben konnte, lenkte ihn Mines Prusten ab. Er blickte sie vorwurfsvoll an. Sie begann zu lachen. Es war ein herzhaftes, lautes, aus der Tiefe ihrer Kehle kommendes Lachen. Und es war überaus ansteckend. Fixfööt, zunächst eher widerwillig, konnte nicht anders, als nach und nach mit einzufallen. Dabei verschluckte er sich, kröchelte und hustete und rang nach Luft.
Mine klopfte ihm kräftig auf den Rücken und füllte seinen Becher neu mit Wasser. »Trink das.« Verwirrt fragte Rapp: »Habe ich etwas Falsches gesagt?« Fixfööt trank ein paar Schlucke, wischte sich die Tränen aus den Augen und keuchte: »Mann in de Tünn! Fixfööt, dat sett sik to-somen ut >fix< un >Fööt<, verstehst dat? Nee? Ik heff fixe Fööt! Ik bün >schnell auf den Füßen Rapp hatte verstanden und musste nun auch lachen. Plötzlich hatte sich alle Spannung aufgelöst. Mine sagte: »Fixfööt kann auch Hochdeutsch. Und ein bisschen Holländisch und Englisch. Wenn er will. Er braucht's, weil er Bote ist. Trägt Briefe, Zettel, Billetts, Pakete und was weiß ich durch die Stadt. Immer von einer Adresse zur anderen. Stimmt's, Fixfööt?«
»Ja, stimmt. Hab ich mir selbst ausgedacht, die Arbeit. Da kann man gut von leben. Und man kommt viel rum.« Rapp hatte eine Idee: »Kennst du den Hammerhai?« Fixfööts Augen verengten sich. »Den Hammerhai? Puh, nur von außen. Der Wirt soll so'n Dicker sein. Stoffers
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