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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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vor die Augen hielt, die Handflächen nach außen. Der Mann stand vor einer Art Vitrine, auf die zwei Leuchter mit je einer brennenden Kerze gestellt worden waren. Er bewegte den Oberkörper vor und zurück und schien dabei etwas zu murmeln. Rapp vermutete, dass der Mann betete. Jetzt nahm er die Hände herunter. Es war Fernäo de Castro.
    Der Physikus schien seine Andacht beendet zu haben, denn nun trat er vor ein Bild, verweilte einen Augenblick davor und setzte sich dann an den Tisch in der Mitte des Raums. Der Tisch war gedeckt. Rapp erkannte Teller mit Brot und Käse, ein Schälchen Salz, ein Glas, eine Flasche Wein. De Castro begann zu essen.
    Rapp bekam Gewissensbisse, er hatte das Gefühl, durch seine Neugier eine heilige Handlung entweiht zu haben und beschloss, sich zu entfernen. Sicher war es besser, ein anderes Mal wiederzukommen. Er bahnte sich den Weg zurück zur Straße und verschnaufte dort kurz. Da ging die Haustür hinter ihm auf.
    »Ach, du bist es. Ich glaubte, etwas gehört zu haben, während ich betete«, sprach der Physikus.
    »Ah, ja«, war alles, was Rapp dazu einfiel. Er fragte sich, ob de Castro wusste, dass er ihn beobachtet hatte. Sollte er es einfach ansprechen? Schließlich war es nicht in böser Absicht geschehen. Nein, vielleicht war es dem Physikus peinlich, und in diese Situation durfte er ihn nicht bringen. »Ich wollte Euch die Krücke zurückgeben und mich nochmals bedanken.« De Castro nahm die Gehhilfe entgegen. »Ich hoffe, sie hat dir gute Dienste geleistet.« »Das hat sie.«
    »Sehr schön. Ich schlage vor, du kommst herein, und wir plaudern ein wenig.« »Ich möchte nicht stören.«
    »Du störst nicht.« De Castro drehte sich um und ging vor. Rapp blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Nachdem der Arzt die Krücke beiseite gestellt hatte, steuerte er direkt auf den kleinen Anbau zu, in dem die Kerzen noch brannten. »Setz dich an den Tisch, was machen deine Zehen? Ich sehe, du trägst keinen Verband mehr. Hat die Salbe geholfen?«
    Rapp nahm zögernd Platz. »Ja, danke, ihre Wirkung war ausgezeichnet. Aber ich bin nicht nur gekommen, um die Krücke zurückzugeben, ich möchte auch für die Behandlung zahlen. Heute habe ich Geld.«
    Auch de Castro setzte sich, seine schwarzen Augen musterten Rapp aufmerksam. »Behalte deine Münzen. Meine Dienste waren umsonst. Viel wichtiger ist, dass du heute, nun, in weitaus besserer Verfassung zu sein scheinst als bei unserem ersten Treffen.«
    »Ich möchte wirklich zahlen.«
    »Kommt nicht in Frage. Ich habe dir gern geholfen.« »Wie Ihr meint.« Rapp wusste für den Augenblick nichts mehr zu sagen. Er rückte auf seiner Sitzgelegenheit hin und her, und sein Blick fiel auf das Bild an der Wand. Es zeigte das Porträt einer schönen, ernst dreinblickenden Frau. »Das ist meine Frau«, sagte der Physikus, als hätte er Rapps Gedanken erraten. »Willst du etwas essen?« Er deutete auf die Speisen. »Mein Schabbesmahl. Es ist nicht viel, aber ich teile es gern. Bevor es eingenommen wird, eröffnet die Frau des Hauses den Schabbat, indem sie bei Sonnenuntergang die Schabbatleuchter entzündet und dazu einen Segen spricht.« Rapp nahm ein wenig Käse. Er schmeckte sehr gut. »Wo ist Eure Frau?«, fragte er, weniger aus Interesse als aus Höflichkeit.
    De Castros Gesichtszüge verdüsterten sich. »Meine Frau ist tot. Sie starb anno dreizehn an der Pest. Alle meine ärztliche Kunst war vergebens.« »Oh, das tut mir sehr Leid.«
    »Sie war der Inhalt meines Lebens. Wenn ich für sie die Leuchter entzünde und den Segen spreche, glaube ich, ihr so nahe zu sein, als stünde sie leibhaftig vor mir. Ich nehme an, du hast mich dabei beobachtet?«
    »Nun ja«, Rapp versuchte, seiner Verlegenheit Herr zu werden, »ich wollte nur nachsehen, ob Ihr nicht vielleicht im hinteren Teil des Hauses ...«
    Der Physikus winkte ab. »Halb so schlimm, unser Glaube steht jedermann offen. Aber nachdem wir nun so ausgiebig über mich geplaudert haben, wollen wir auch über dich reden, oder muss ich besser sagen: über Euch reden ... Herr Apotheker?« Rapp fiel fast sein zweites Stück Käse aus dem Mund, als er jählings so angesprochen wurde. Da er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte, sagte er zunächst einmal gar nichts. »Ihr seid doch der Apotheker Teodorus Rapp, nicht wahr?« Ein feines Lächeln, nicht ohne Triumph, umspielte den Mund des Physikus.
    »Der bin ich.« Rapp war noch immer zu verblüfft, um leugnen zu können. Nur mühsam

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