Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
ordnete er seine Gedanken. Woher hatte der Physikus sein Wissen? Und vor allem: Drohte Gefahr von ihm? »Wie habt Ihr mich erkannt? Wir sind uns, außer an dem Tag, da Ihr mir die Zehen verarztet habt, doch nie zuvor begegnet.«
    De Castros Lächeln vertiefte sich. Es war ein Lächeln ohne Arg und Tücke. »Es scheint, dass ich nicht der Einzige bin, der Leute verarztet. Es gibt da einen gewissen Seemann von der Noordenwind, der mich kürzlich aufsuchte. Pitt ist sein Name. Er hatte einen übel entzündeten Daumen, der sofort operiert werden musste. Ich sagte ihm, er könne sich gratulieren, noch rechtzeitig zum Arzt gegangen zu sein, denn einen oder zwei Tage später hätte auch der beste Chirurgus nichts mehr für ihn tun können. Daraufhin meinte er, er wäre auch gar nicht gekommen, wenn ihn nicht ein Apotheker zu mir geschickt hätte. Dieser Apotheker wäre auf seinem Schiff gewesen und hätte die Wehwehchen der Mannschaft kuriert, nur bei seinem Daumen hätte er nichts ausrichten können.«
    »Ja, ich war auf der Noordenwind«, sagte Rapp. »Ein Splitter saß tief in der Wunde, zu tief, als dass ich ihn hätte herausziehen können. Da Pitt wie so viele Janmaaten kein Geld hatte, überlegte ich, wer ihm wohl trotzdem helfen würde. Ich verfiel auf Euch, Herr Doktor, schließlich hattet Ihr auch mir umsonst geholfen. Ich hoffe, es war Euch recht?« »Natürlich. Ich habe den Eid des Hippokrates geleistet, und daran halte ich mich. Im Übrigen habt Ihr Euch tadellos verhalten, Herr Apotheker. Ich denke, es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass Pitt nur durch Eure Umsicht gerettet werden konnte.« De Castro erhob sich und holte ein zweites Glas. Dann goss er von dem Wein ein. »Ein koscherer Tropfen, Herr Apotheker, also einer, der unter Beachtung der jüdischen Speisegesetze hergestellt und gelagert wurde. Trinken wir auf Pitt. Lechdim!, wie wir Juden sagen.« Rapp erhob ebenfalls sein Glas. »Prosit.« De Castro fuhr fort: »Natürlich interessierte mich der Unbekannte, deshalb ließ ich ihn mir, so gut es ging, von Pitt beschreiben. Ich gebe zu, ich bin nicht sofort darauf gekommen, dass Ihr es sein könntet. Doch irgendwann kam mir die Erleuchtung. Die Schilderung passte ziemlich gut auf jenen Burschen, dessen Zehen ich behandelt hatte. Dann fiel mir noch ein, dass dieser Bursche auf meine Frage den Namen >Teo< genannt hatte, und der Rest war einfach. Es gibt, wie Ihr wisst, nur wenige Apotheker in Hamburg, und unter diesen wenigen ist nur einer, der Teodorus heißt. Teodorus Rapp.« Rapp nahm einen tiefen Schluck. Er brauchte ihn jetzt. »Ihr seid sehr scharfsinnig.«
    »Und neugierig. Ich ging zu Eurer Apotheke und sprach mit Euch. Ihr wart durchaus freundlich zu mir, auch wenn Ihr, nun, wie soll ich sagen, ein etwas misstrauisches Gebaren an den Tag legtet. Da Ihr mir nicht bekannt wart, fand ich an Eurer Stimme nichts Besonderes, doch fällt mir auf, dass sie heute Abend gänzlich anders klingt. Ich will es kurz machen, Herr Apotheker: Ich redete nur allgemein mit Euch, sprach Euch nicht auf Eure Zehen an und auch nicht darauf, dass wir einander schon einmal begegnet sind. Danach wünschte ich einen guten Tag und ging. Doch jetzt bitte ich um eine Erklärung, warum Ihr in zweierlei Gewandung auftretet.«
    Rapp räusperte sich. Er überlegte, ob es nicht am einfachsten war, aufzustehen und zu gehen und den Physikus mit seinen messerscharfen Schlüssen allein zu lassen, aber dann blieb er doch sitzen. Der Mann war freundlich und von großer Hilfsbereitschaft. Vielleicht kam irgendwann der Tag, da er ihn brauchte. Langsam sagte er: »Ich trete in zweierlei Gewandung auf, weil es mich zweimal gibt, Herr Doktor.« Nun war es an de Castro, verblüfft zu sein. Dann lachte er auf. »Ja, natürlich, Ihr habt einen Zwillingsbruder, stimmt's?« »Nein«, sagte Rapp und trank noch einen tüchtigen Schluck. »Ich habe einen Doppelgänger. Mehr noch: Einen Imitator, der sich für mich ausgibt, der sich in meiner Apotheke breitmacht und den Pharmazeuten spielt.«
    »Das kann ich nicht glauben.« Der Physikus saß mit offenem Mund da. »Nicht glauben ...«, wiederholte er. »Aber wozu? Das ist ja eine Posse, ein derber Scherz!« »Und doch ist es so.« »Erzählt mir alles. Ich habe den Eindruck, Euch muss geholfen werden. Beim Höchsten - Sein Wille geschehe! -, mir sollen die Hände abfallen, wenn ich es nicht tue!«
    »Ich muss Euch aber bitten, unter allen Umständen Stillschweigen zu bewahren.«
    »Das ist

Weitere Kostenlose Bücher