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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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angekommen, fand sie ihren Vater zwischen einer ganzen Traube von Kunden, die lautstark aufeinander einredeten. So konnte sie unbemerkt in ihre Kammer schlüpfen und sich waschen und umziehen. Auf ein zaghaftes Klopfen hin betrat Franziska das Zimmer. Sie musterte Adelina und die schmutzigen Kleider und hob verwundert die Augenbrauen.
    «Ist alles in Ordnung mit Euch? Seid Ihr in den Tumult geraten, von dem alle hier sprechen? Soll ich das Kleid mitnehmen? Ich kann es gleich einweichen. Vielleicht wird es wieder sauber.»
    Adelina nickte und gab ihr auch die verdorbene Haube. «Ich muss noch einmal fort», sagte sie in gleichmütigem Ton. Franziska hob den Kopf und sah sie an.
    «Gebt Acht auf Euch», erwiderte sie ebenso gleichmütig. «Da draußen könnte es gefährlich sein.»
    Damit trug sie die Kleider in die Küche, und Adelina legte eine neue Haube an. Eine, die nur mit Nadeln festgesteckt wurde. Sie wollte mit einem Male keine Haube mit Gebende mehr tragen. Die Beginen trugen Hauben mit Gebende. Irmingard. Sie schluckte.
    Ihr Mantel war wie das Kleid mit Schmutzflecken übersät, die sich nur notdürftig herausreiben ließen. Doch Adelina besaß nur diesen einen Mantel. Also zog sie ihn wieder an und durchquerte erneut die Apotheke. Aber diesmal wurde sie erkannt.
    «Adelina!» Ihr Vater schob sich durch die heftig gestikulierende und diskutierende Menge von mindestens zehn Kunden und hielt sie auf. «Hast du schon gehört? Im Stadtrat gab es einen Aufstand. Die Hälfte des Rates wurde verhaftet. Hilger Quattermart ist geflohen, zusammen mit diesem Dingsda, diesem von Schiederich, seinem Schatten.»
    «Ich muss noch einmal fort, Vater. Kommst du hier allein zurecht?» Adelina wies auf die aufgeregte Meute. Albert winkte ab.
    «Alles halb so wild. Komm aber nicht so spät zurück, Mädchen.» Offenbar hatten ihn die neuesten Nachrichten dermaßen abgelenkt, dass er ihre Worte nicht richtig wahrgenommen hatte. Jedenfalls wandte er sich wieder den aufgeregten Kunden zu und gab Adelina so die Möglichkeit, die Apotheke unbehelligt zu verlassen. Die Sorgen, die darüber in ihr aufkeimten, verdrängte sie mit aller Macht. Darum musste sie sich später kümmern. Nun gab es Wichtigeres zu tun.
    ***
    Der Beginenhof am Eigelstein lag ruhig vor ihr. Die Pforte stand heute einladend offen, und im Innenhof sah sie ein paar Hühner im Dreck scharren. Pförtnerin war diesmal eine schmale, hohlwangige Person, die sauertöpfisch die Eintretende anstarrte. Auf Adelinas Frage nach Irmingard zuckte sie nur mürrisch mit den Schultern.
    «Da muss ich erst fragen», knurrte sie unfreundlich.
    «Die Grande Dame ist sehr beschäftigt. Wartet hier … bitte», brachte sie verspätet heraus und schlurfte über den Hof zum Haupthaus. Adelina trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Irmingard war also schon zur Grande Dame gewählt worden. Damit war sie nun die oberste Meisterin über hundert Beginenhöfe. Eine höhere Machtstellung stand einer Frau in ganz Köln nicht offen. Doch um welchen Preis? Adelina wickelte ihren Mantel enger um sich. Vielleicht hatte Burka Recht. Irmingard würde sich nicht so einfach überführen lassen. Aber sie hatte inzwischen beinahe dreißig Tote auf demGewissen, wenn die Zahlen stimmten, die aus dem Narrenturm drangen. Das durfte einfach nicht so weitergehen.
    Die Pförtnerin kam zurück und winkte ihr auf halbem Weg zu. Irmingard hatte Zeit für die Besucherin.
    Adelina folgte der Begine bis zu Brigittas ehemaligem Zimmer, in dem jetzt die neue Grande Dame ihr Domizil hatte.
    «Guten Tag, Adelina, Wie schön, Euch zu sehen.» Irmingard saß hinter dem Schreibpult und lächelte. Doch die eisenharte Stimme strafte ihre freundliche Miene Lügen. Eine steile Falte hatte sich in ihre Stirn eingegraben, und ihre Gesichtshaut war beinahe so grau wie das schlichte Gewand, das sie auch in ihrer neuen Position noch trug. «Was führt Euch zu mir?»
    Adelina starrte sie einen Moment lang nur an.
    «Mutterkorn», presste sie schließlich heraus. «Und Schierling.»
    Irmingards Augen weiteten sich, doch ihre Miene blieb gleichgültig.
    «Und weiter?»
    «Ihr habt all die Menschen vergiftet. Zuerst mit Schierling, dann mit Mutterkorn.»
    «Habe ich das?» Anstelle der Gleichgültigkeit trat Spott. Irmingard lächelte wieder.
    «Warum?» Adelina verschränkte die Arme vor der Brust, um das Zittern ihrer Hände zu verbergen.
    «Ihr seid ein schlaues Luder», sagte Irmingard. «Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr auf

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