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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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gegen Kopfschmerz und Übelkeit wirkten. Nach dem gestrigen Abend würde es ihrem Vater bestimmt nicht gut gehen.
    Am Mittag wollte sie in Richtung Eigelsteintor gehen. In diesem Teil der Stadt wohnten nur wenige Menschen, und es gab neben den Feldern der Kappesbauern große Flächen mit verwilderten Wiesen und Bäumen, vor allem Tannenbäumen. Sie hoffte, dort ein paar schöne Zweige für ihren Weihnachtsschmuck zu finden; wenn nicht, würde sie vor die Stadtmauern gehen müssen. Gleichzeitig ärgerte sie sich, dass sie nicht schon früher dazu gekommen war. Zwar hatte es zu schneien aufgehört, doch die nasse weiße Decke, die alles verhüllte, machte es schwer voranzukommen.
    Die Gassen und Wege waren fast menschenleer. Bei solchem Wetter schien das Leben in Köln einzuschlafen, doch war das nur ein oberflächlicher Eindruck. Auch wenn alle in die Häuser verbannt waren, gingen die Geschäfte der Kaufleute weiter, mühten sich die Handwerker um ihre Arbeit, und sogar die Hübschlerinnen in den Frauenhäusern lugten stets durch einen Spalt ihrerTüren und Fenster, um sich keinen Vorbeikommenden entgehen zu lassen.
    Adelina stapfte auf eine Gruppe krüppeliger kleiner Tannen zu, stellte ihren Weidenkorb auf einem schneebedeckten Schutthaufen ab und begann, die Äste der Bäume zu schütteln, um sie von der weißen Last zu befreien. Während sie unterdrückt fluchend einzelne Zweige mit ihrem kleinen, leider viel zu stumpfen Messerchen abschnitt, nahm sie sich vor, endlich einmal wieder den Messerschleifer kommen zu lassen. Nachdem sie ihren Korb gefüllt hatte, pflückte sie noch mehrere Hände voll großer Tannenzapfen. Sie überlegte sich, wie sie sie auf eine Schnur auffädeln und als Girlande über dem Ofenabzug anbringen würde, als sie ein Knirschen hörte. Rasch blickte sie sich um, doch außer ein paar verwachsenen Sträuchern war weit und breit nichts zu sehen. Sie warf einen Blick zum Himmel hinauf. Tief hängende graue Wolken dräuten über der Stadt. Adelina spürte die ersten kalten Schneeflocken auf ihrem Gesicht. Wind kam auf und steigerte sich rasch zu einem hohlen Pfeifen. Sie zog ihre Haube fester um den Kopf, nahm den Korb und marschierte los. Dabei bemühte sie sich, in den Fußstapfen zu bleiben, die sie selbst auf dem Hinweg hinterlassen hatte. Das Vorankommen war dennoch eine Qual. Der völlig durchnässte Saum ihres Kleides schleifte durch den Schnee, und sie verfing sich immer wieder mit den Schuhen in den Unterröcken. Ärgerlich versuchte sie die Röcke mit der freien Hand so weit anzuheben, dass sie leichter gehen konnte. Dabei fiel ihr plötzlich auf, dass neben und zwischen ihren eigenen Fußspuren noch ein weiteres, größeres Paar Abdrücke zu erkennen war. Die Spur bog an einer Hecke schräg nach rechts ab. Sie folgte der Spurmit den Augen und sah, dass sie in einem Bogen hinter die Baumgruppe führte, an der sie eben erst Zweige gesammelt hatte. War ihr jemand gefolgt? Doch noch ehe dieser Gedanke in ihrem Kopf zur Befürchtung werden konnte, hörte sie etwas hinter sich. Im nächsten Moment presste sich eine Hand auf ihren Mund. Sie wurde grob gepackt und vornüber in den Schnee gedrückt.

6
    Adelina versuchte nach Luft zu schnappen und gleichzeitig zu schreien, doch die Hand des Angreifers auf ihrem Gesicht hielt sie von beidem ab.
    «Gib dir keine Mühe!» Die Stimme klang dumpf und undeutlich. «Glaubst du, dich hört einer? Wer ist denn sonst noch so blöd, bei dem Dreckwetter hier durchs Gemüse zu rennen.» Es folgte ein Lachen, allerdings kein freundliches. Der Angreifer packte sie bei den Schultern und riss sie herum, sodass sie auf dem Rücken zu liegen kam. Entsetzt starrte sie in ein bis zu den Augen von einem grauen Schal verhülltes Gesicht. Die Augen hinter der Maske waren zu Schlitzen verengt. «Du bist ein verdammt neugieriges Ding. Aber zu viel Neugier kann ungesund sein. Richtig schmerzhaft kann das weden.» Sein Blick wanderte über ihren Körper, und dann packte er mit seiner großen behaarten Hand unvermittelt dorthin, wo er unter dem dicken Mantel ihre Brust vermutete. Adelinas Augen weiteten sich vor Entsetzen und Schmerz, und wieder wollte sie schreien, doch aus ihrer Kehle drang nur ein verzweifeltes Röcheln. Der Mann grunzte amüsiert und riss an ihrem Mantel, bis eine der Tasseln absprang. Seine Hand fuhr in die Öffnung und rieb roh über ihren Leib. Adelina glaubte, an ihrer Angst ersticken zu müssen. Der Mann schob fahrig ihre Röcke hoch. Sie

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