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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Adelina stopfte die Decke um ihn herum fest.
    «Was ist denn nun mit dem Lehrjungen?», fragte sie. Doch ein rasselndes Schnarchen verriet ihr, dass ihr Vater bereits eingeschlafen war. Seufzend nahm sie das Talglicht und schloss die Kammertür hinter sich und dem Medicus.
    «Hat er sich schon öfter verlaufen?»
    Adelina antwortete nicht. Sie ging zurück in die Küche und nahm sich noch einen Becher Bier, bevor sie sich an den Tisch setzte. Burka ließ sich ihr gegenüber nieder.
    Das Knistern des Ofenfeuers mischte sich mit dem Heulen des Windes im Kamin. Irgendwo in der Nachbarschaft knallte ein Fensterladen.
    «Nun?»
    «Was wollt Ihr hören?» Adelina nahm eine der kleinen Holzfiguren in die Hand und drehte sie zwischen den Fingern.
    «Wie wäre es mit einer Geschichte?»
    Sie nickte, ohne ihn anzusehen.
    «Rudolf ist ein Neffe unseres Nachbarn Keppeler und war für einige Zeit bei ihm, um zu lernen. Mitten im Sommer bekam er eine schlimme Erkältung und holte sich bei Vater eine Medizin.»
    Sie blickte auf und sah in Burkas aufmerksames Gesicht. Plötzlich konnte sie nicht mehr weitersprechen. Schamröte schoss ihr in die Wangen, dass sie ganz heiß wurden; sie presste die Lippen zusammen.
    Er wartete, doch als sie nichts mehr sagte, schob er das Gesicht ein wenig vor, dass er aussah wie ein neugieriges Eichhörnchen.
    «Ich vermute, er sah Euch und begann, um Euch zu werben. Mit Erfolg.» In seiner Stimme klang etwas mit, das Adelina nicht zu deuten wusste. Und das sie verärgerte. Aber nun konnte sie auch gleich die ganze Geschichte erzählen …
    «Es sah nach einer vernünftigen Verbindung aus. Mit Vater wurde er schnell einig.»
    «Und mit Euch ebenfalls.»
    «Das Aufgebot war bestellt, ich nähte bereits an meinem Hochzeitskleid. Keppeler schickte ihn oft auf Handelsfahrten rheinaufwärts. Von seiner letzten Fahrt kam Rudolf jedoch nur zurück, um mir zu sagen, dass er die Verlobung lösen müsse. Er habe die Tochter eines Handelsherrn kennen gelernt und erkannt, dass er nur sie lieben könne.» Sie verzog verächtlich den Mund. «Der Brautvater war einer der reichsten Männer von Straßburg. Kein Wunder, dass da die Liebe ausbrach. DenStoff für mein Brautkleid habe ich dann verschenkt. Keppeler war die Sache so peinlich, dass er meinem Vater persönlich das Kranzgeld bezahlt hat, das einer verlassenen Braut zusteht, und obendrein noch den Erzbischof, dass er das Verlöbnis vor Gott für nichtig erklärte. Trotzdem gab es natürlich einen großen Aufruhr.» Skandal wäre wohl das treffendere Wort, dachte sie und stellte mit einem lauten Klacken das Figürchen auf den Tisch zurück. «Nun, wie gefällt Euch die Geschichte?»
    «Ich hatte mehr erwartet», antwortete Burka schlicht. «Mit Sicherheit gibt es eine ganze Reihe Männer, die Euch trotz alledem mit Kusshand zur Frau nehmen würden.»
    «Mag sein», sagte sie spröde und stand auf. Alles würde sie ihm nicht verraten. Es war auch so schon demütigend genug. Dieses Gefühl hatte sie beinahe vergessen gehabt. Außerdem durfte sie sich nicht in Gefahr bringen. Als er nun ebenfalls aufstand und sich anschickte, in seine Kammer hinaufzusteigen, löschte sie das Licht in der Küche und trug ihr kleines Talglicht hinüber in ihr eigenes Zimmerchen. Doch sie konnte nicht einschlafen. Sie lauschte dem Sturm und den Geräuschen, die von oben kamen. Der Medicus schien wieder einmal in seiner Kammer auf und ab zu gehen. Eine Bodendiele der Dachkammer knarrte besonders laut; es klang wie ein Ächzen.
    Im Laufe der Nacht legte sich der Sturm, und als Adelina am Morgen die Fensterläden öffnete, war die Welt um sie herum von einem dicken weißen Teppich verhüllt. Schneeflocken schwebten zu Boden und bildeten einen Vorhang, der sie kaum bis zum Ende ihres Gartens sehen ließ. Schaudernd klappte sie die Läden wieder zu und beeilte sich, etwas Warmes anzuziehen.
    Vitus war außer sich vor Freude über die weiße Pracht. Sie erlaubte ihm schließlich, eine Weile hinauszugehen, und musste lächeln über die Fröhlichkeit, mit der er im Garten herumtollte. Als sie die Tür schließen wollte, kam Fine wie ein nasser Pfeil hereingeschossen und wischte zwischen ihren Beinen hindurch in die Küche.
    Adelina war kaum später aufgestanden als sonst, doch der Medicus hatte das Haus bereits verlassen. Zwei Äpfel fehlten im Obstkorb. Also bereitete sie das Frühstück nur für drei Personen. Vorsorglich braute sie noch einen Tee aus verschiedenen Kräutern, die allesamt

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