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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hielt ihn zurück.
    Vitus sank leise wimmernd auf seinen Platz. Adelina holte ein Tuch, das sie mit Wasser benetzte, um ihm das tränenverschmierte Gesicht abzuwischen.
    «Komm schon, Vitus», sagte sie beschwichtigend und strich ihm über die zerzausten schwarzen Haare. «Beruhige dich. Keppelers Lehrbuben können Fine gar nichts tun. Er ist doch mit ihnen zum Hafen gegangen.» Dass der Kaufmann um diese Zeit sicher längst wiederzurück war, verschwieg sie tunlichst. «Du wirst sehen, sie kommt bald wieder und will eine Schale Milch haben. Und du bleibst jetzt ruhig hier sitzen, damit ich das Abendessen richten kann.»
    Vitus nickte schniefend, und sie wandte sich dem Kochfeuer zu. Magister Burka räusperte sich, und als Adelina über die Schulter zu ihm hinsah, zog er gerade ein kleines Päckchen unter der Bank hervor und legte es vor den verstörten Jungen hin. Neugierig griff Vitus danach, und im Handumdrehen hatte er es aufgerissen; es enthielt ein paar geschnitzte Spielfigürchen. Der Medicus lächelte Adelina zu. Dann wandte er sich an den Jungen.
    «Möchtest du wissen, was man damit machen kann?»
    ***
    Zwei Stunden später brachte Adelina ihren Bruder in seine Kammer. Albert war noch nicht vom Zunfthaus zurück, und als sie sich wieder an den Küchentisch setzte, versuchte sie sich ihre Sorge nicht anmerken zu lassen.
    «Er wird noch in eine Schänke gegangen sein», meinte der Medicus, dem nicht entgangen war, wie sie beim kleinsten Geräusch unruhig aufhorchte. Sie nickte stumm. Vielleicht hatte er Recht. Doch um diese Stunde wurden Leute, die noch auf der Straße herumliefen, von der Stadtwache aufgegriffen.
    Das Holz im Ofen knackte, und von draußen drang das Heulen und Sausen des Windes herein. Die Temperatur fiel wieder; vielleicht würde es schneien. Eine Zeit lang schwiegen sie einander an, dann begann Burka beiläufig die Spielfiguren zusammenzuschieben, die noch auf dem Tisch verteilt lagen.
    «Verratet Ihr es mir?»
    Sie hob verwundert den Kopf.
    «Wer war dieser Hundsfott, von dem Euer Vater neulich sprach?»
    Adelinas Augen verengten sich zu Schlitzen. Dann stand sie abrupt auf und ging zum Ofen, um neue Scheite aufzulegen. Burka schwieg, und sie spürte, dass er jede ihrer Bewegungen beobachtete. Wütend biss sie die Zähne zusammen. Plötzlich wurden Geräusche vor dem Haus laut, die nicht vom Wind kamen. Augenblicke später klopfte es heftig. Erschrocken ließ Adelina das Holz fallen und eilte zur Tür. Noch bevor sie öffnen konnte, hörte sie die aufgebrachte Stimme ihres Vaters, der sich mit schwerer Zunge beschwerte, dass man ihn ganz zu Unrecht festgenommen hatte. Vor der Tür stand einer der Stadtwächter, ein vierschrötiger Mann mit schiefer Nase, die eindeutig schon mehr als einmal gebrochen gewesen war. Als er die junge Frau erblickte, setzte er eine gewichtige Miene auf.
    «Ist dies das Haus des Apothekers Merten?»
    Dämlicher Ochse, dachte sie. Du weißt doch genau, dass es das ist. Sie nickte, woraufhin der Mann seinen Kumpanen ein Zeichen gab. Albert wurde zur Tür geschoben.
    «Wir haben ihn vor dem
Goldenen Hähnchen
aufgegriffen. Es sah aus, als habe er sich verlaufen», erklärte der Wachmann barsch. Albert schnaubte zornig.
    «Verlaufen, ha! Ich lebe schon länger hier, als Ihr auf der Welt seid. Nicht mal in Ruhe nach Hause gehen kann man heutzutage!» Er hatte offenbar wirklich um einiges zu viel getrunken. Rasch zog Adelina ihn am Arm ins Haus.
    «Ich danke Euch, dass Ihr Euch seiner angenommen habt», erklärte sie dem Wachmann förmlich.
    «Dafür sind wir ja da», brummte er und ließ seinen Blick wohlwollend über ihren Körper wandern. Sie hörte Schritte hinter sich und wusste, dass der Medicus sich um Albert kümmerte. Auf dem Gesicht des Wächters erschien ein anzügliches Grinsen. «Gehabt Euch wohl. Ihr habt ja nun genug zu schaffen. Mit Eurem Vater», setzte er noch rasch hinzu. Die anderen Wächter standen feixend hinter ihm. «Seht zu, dass Ihr bald alle Lichter löscht.» Sie marschierten davon. Adelina schlug die Tür zu und verriegelte sie sorgfältig. Dann folgte sie dem Magister, der Albert bereits bei den Schultern genommen und zu seiner Schlafkammer geschoben hatte. Sie half ihm, sich niederzulegen.
    «Was wolltest du denn im
Goldenen Hähnchen,
Vater? Das ist ja am Neumarkt!»
    «Was für ein Hähnchen?» Albert blinzelte verwundert. «Ich war auf dem Heimweg. Diese Nichtnutze, auspeitschen sollte man sie lassen!» Er sank auf sein Kissen, und

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