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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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betrachtet, ergab es einen Sinn. Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung.

14
    «Was habt Ihr mit dieser Ludmilla zu schaffen?»
    Burkas Frage holte sie aus ihren Gedanken zurück. Inzwischen hatten sie den Wald hinter sich gelassen und wanderten auf der breiten Straße in Richtung Köln. Es war bereits Nachmittag, die Sonne stand tief am Himmel, und es sah so aus, als ob sie es nicht vor Einbruch der Dunkelheit bis zum Stadttor schaffen würden. Nun hatte es auch noch zu regnen begonnen. Die Nässe gefror auf dem eiskalten Boden und machte das Vorankommen zur Qual. Außer ihnen war weit und breit keine Menschenseele zu sehen.
    «Ihr solltet mich in Ruhe lassen», antwortete sie und musste selbst schaudern ob der Kälte in ihrer Stimme.
    «Das kann ich nicht, Adelina, und Ihr wisst es.»
    Sie spürte, dass er sie von der Seite ansah, doch sie blickte stur zu Boden.
    «Dann seid Ihr wirklich töricht. Ich werde Euch keine Antwort darauf geben.»
    «Wovor habt Ihr Angst? Was kann so schlimm sein, dass Ihr glaubt, es könne Euer Leben zerstören?», fragte er ungeduldig. Sie blieb stehen. Er würde keine Ruhe geben. Vielleicht war es besser so. Wenn sie es ihm sagte, würde er gehen. Dann hätte sie ihre Ruhe wieder. Aber was, wenn er sie verriet? Würde er sie verraten?
    «Ihr dürft mich nicht danach fragen», sagte sie. «Es geht Euch nichts an, und …»
    «Und?»
    «… Ihr würdet mich hassen.» Sie setzte sich langsam wieder in Bewegung.
    «Hasst Ihr mich?» Burka war sofort wieder neben ihr. Seine Frage ließ sie überrascht den Kopf heben. Er lächelte schmal.
    «Ich habe Euch von Italien erzählt, von der Anklage wegen Ketzerei. Hasst Ihr mich deswegen?»
    «Das ist etwas anderes.» Plötzlich wurde sie unendlich traurig. Müde blickte sie wieder zu Boden. «Ihr konntet widerrufen. Man hat Euch verziehen. Euer Leben geht weiter.»
    «Und das Eure nicht?», fragte er, doch sie zog nur den Kopf zwischen die Schultern und lief weiter, so schnell sie konnte.
    «Adelina, bleibt stehen!» Er beschleunigte seinen Schritt ebenfalls, und sie rannte los. Nur fort von hier, fort von ihm, von allem. Heiße Tränen schossen ihr in die Augen. Sie blinzelte sie fort, doch ihr Blick verschwamm immer mehr. Hinter sich hörte sie noch immer seine Schritte und dann einen Warnruf. Doch noch ehe sie sich’s versah, war sie in das vereiste Schlagloch getreten. Sie verlor den Halt und stürzte vornüber zu Boden. Ein heftiger Schmerz schoss ihr durch das Handgelenk, auf das sie mit ihrem ganzen Gewicht gefallen war. Fluchend rappelte sie sich wieder hoch und wollte weiter, doch Burka war nun wieder neben ihr und hielt sie fest.
    «Adelina, was soll das?» Er klang aufgebracht. Ob aus Besorgnis oder aus Wut, konnte sie nicht ausmachen. Es war ihr auch egal, nur fort von ihm. Sie riss sich los und wollte erneut davonlaufen, doch diesmal packte er sie mit beiden Händen bei den Schultern und zerrte sie zu sich herum.
    «Schluss jetzt!», brüllte er sie an. Seine Augen blitzten wutentbrannt. Sie wandte den Blick ab, doch er schüttelte sie, bis sie ihn wieder ansah. «Wie lange wollt Ihr noch so weitermachen?» Seine Stimme kippte fast über vor Zorn. «Wofür haltet Ihr Euch? Ihr seid doch keine Märtyrerin, die zur Richtbank geführt werden soll! Ich habe Euch eine einfache Frage gestellt, und ich denke, ich habe ein Recht auf eine Antwort.»
    «Ein Recht?», fuhr sie ihn an. Die Wut, die nun auch in ihr hochstieg, tat gut. Sie nahm ihr die Angst. «Und was soll Euch dieses Recht geben?»
    Abrupt ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Er wirkte, als habe sie ihm ins Gesicht geschlagen. Seine Lippen wurden zu einem schmalen Strich, dann sagte er ruhig: «Darüber denkt einmal nach, Adelina. Vielleicht kommt Ihr darauf, falls Ihr einen Weg in Euer versteinertes Herz findet.»
    Als er sich von ihr abwandte, hätte sie am liebsten laut geschrien. Und mit einem Mal brach es aus ihr heraus. «Ihr wollt es also unbedingt wissen?», schrie sie ihm hinterher. Doch er blieb nicht stehen. So war es diesmal an ihr, hinter ihm herzulaufen. Doch seine Beine waren länger, und sie kam kaum nach. Sie blieb stehen und schrie: «Ich habe mein ungeborenes Kind getötet!» Der aufkommende Wind verzerrte ihre Stimme, und einen Moment lang dachte sie, er habe sie nicht gehört. Doch er blieb stehen. Drehte sich langsam zu ihr herum. Sie starrte ihn feindselig an, als er wieder näher kam. «Seid Ihr nun zufrieden?», höhnte sie. «Nun wisst

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