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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ausschließlich ernährte.
    Wahrscheinlich hatte die alte Frau die knirschenden Schritte im Schnee gehört, denn noch bevor Adelina anklopfen konnte, wurde die Tür von innen aufgestoßen.
    «Herein, immer herein», sagte eine tiefe, heiser tönende Stimme. «Und schließt die Tür hinter Euch.»
    Adelina tat, wie ihr geheißen, und blickte sich mit zusammengekniffenen Augen um. Die Hütte hatte sich nicht verändert. Im Halbdunkel konnte sie die Feuerstelle in der Mitte des Raumes ausmachen, links daneben einen kleinen Tisch mit einer Bank davor, rechts ein Lager aus Stroh. Und überall an den Wänden Haken und Leinen, an denen Kräuter zum Trocknen hingen. Der ganze Raum war erfüllt von ihrem Duft. Ein mit einer schweren Decke verhängter Durchgang führte zu einem weiteren Zimmer. Adelina hatte es nicht vergessen: Dort war Ludmillas Behandlungsraum mit dem niedrigen Tisch und einem ganzen Arsenal an geheimnisvollen Gerätschaften.
    Die alte Frau selbst überragte Adelina fast um Haupteslänge; dabei war sie spindeldürr. Ihr Gesicht war ebenmäßig, nur die Nase ein wenig zu lang geraten. Ihr zu einem Zopf geflochtenes, dunkles Haar durchzogen weiße Strähnen. Um Augen und Mund kräuselten sich Hunderte winzige Fältchen, als sie Adelina musterte und dann lächelte.
    «Was für eine Überraschung … Adelina Merten, nicht wahr?» Sie wies auf die Bank und hockte sich selbst auf eine gefaltete Decke neben dem Feuer, die Beine unter dem mehrfach geflickten Rock gekreuzt. «Gut siehst duaus, Mädchen. Was führt dich nach so langer Zeit wieder zu mir?»
    Adelina setzte sich auf die Bank und faltete nervös die Hände im Schoß. Dass die Alte sie auf den ersten Blick wieder erkennen würde, hatte sie nicht erwartet. Nun fühlte sie sich noch befangener als zuvor. Ludmilla schien das zu merken, denn sie lächelte weiter und machte eine einladende Geste.
    «Es muss etwas Wichtiges sein, denn keine Frau kommt freiwillig zweimal zu mir. Jedenfalls nicht, wenn sie klug ist.» Sie musterte Adelina erneut. «Ich vermute, der Grund für dein Hiersein ist heute ein anderer als damals?» Ein kehliges Lachen erfüllte den Raum. «Natürlich ist es das, schau nicht so verschreckt. Keine Frau bringt sich zweimal in solch eine Lage.» Ihr Blick wanderte zu Adelinas Händen. «Wenngleich ich keinen Ring sehe. Noch kein Ehemann nach all den Jahren? Kindchen, es wäre klüger, sich an einen ehrenwerten Mann zu binden, solange du noch frisch wie der junge Frühling aussiehst. Worauf wartest du?»
    «Ich heirate nicht.» Adelina fühlte sich von Ludmillas Wortschwall in die Ecke gedrängt.
    «Nicht?» Die Alte keckerte amüsiert. «Ich dachte, ein gewisser reicher Weinhändler sei dabei, dir den Hof zu machen.»
    «Woher weißt du das?», fuhr Adelina verblüfft auf. Ludmilla zuckte mit den Schultern. «Ich weiß so manches. Glaubst du, ich wäre so alt geworden, wenn ich nicht Bescheid wüsste, was hinter den Stadtmauern vor sich geht? Also weshalb bist du hier? Du brauchst bestimmt keinen Liebestrank, damit dein Freier sich schneller für dich entscheidet. Wohl eher einen Sud, der ihn von dir ablenkt. Weshalb in aller Welt willst du nichtheiraten? Du bist vollkommen genesen. Kein Mensch wird merken, dass du schon einmal ein Kind unter dem Herzen getragen hast. Deine Jungfernschaft, die kann dir natürlich niemand mehr zurückgeben. Aber auch das lässt sich irgendwie erklären. Du bist doch ein kluges Mädchen.»
    «Ich könnte das Geheimnis vor einem Ehemann nicht bewahren.» Adelina streckte die Hände aus, um sie am Feuer zu wärmen. «Jeder Mann, der davon erfährt, wird mich verachten. Was ich getan habe, war … ein schlimmes Unrecht, mehr noch, die größte Sünde, die eine Frau begehen kann. Wenn es herauskommt, werden sie mich vielleicht sogar zum Tode verurteilen. Also heirate ich nicht.»
    «Firlefanz!» Ludmilla tippte sich an den Kopf. «Ich will ja nicht bestreiten, dass es für dich gefährlich werden kann, wenn du dich verrätst. Aber wenn es bis heute keiner erfahren hat, kannst du es doch wohl als vergessen ansehen.»
    «Und eine Ehe auf einer Lüge aufbauen?»
    «Du wärest die Erste nicht, hihihi. Aber bitte, es ist deine Entscheidung. Doch wie willst du sie deinem Vater beibringen? Soviel ich gehört habe, hat er bereits eine Morgengabe ausgehandelt.»
    «Das ist meine Sache», erwiderte Adelina spröde.
    «Gut.» Ludmilla zuckte mit den Schultern. «Weshalb bist du also hergekommen?»
    «Das möchte ich auch

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