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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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den weiten Weg von Erlangen nach Berlin und am selben Tag wieder zurück, um die Stasiunterlagenbehörde zu besuchen? Was wollte er dort? Als Schweizer seines Alters dürfte er ja weder als Opfer noch als Täter infrage kommen. Glaubst du, einer der Mitarbeiter inden Sammlungen ist ein ehemaliger IM, und Schifferli hat es herausbekommen?«
    »Dann wäre Janus jedenfalls die passende Beschriftung. Kommt einer der Sammlungsleiter eigentlich aus den neuen Bundesländern?«
    »Gäbelein ist ziemlich sicher Berliner. Und Degen klang auch nach Norddeutschland. Bei den anderen ist mir nichts aufgefallen, aber das muss ja nichts heißen. Schauen wir doch einfach in die Dateien.«
    So einfach war das allerdings nicht. Schifferli hatte offenbar nicht nur im Universitätsarchiv, sondern auch in der Birthler-Behörde heimlich Dokumente abfotografiert. Es war mühselig, sie alle zu lesen. Doch Anne und Frank steckten ihre Köpfe zusammen und begannen, das Konvolut zu studieren. Die ganze Akte handelte von einem Mann namens Harald Reger, der 1958 in Greifswald geboren wurde. Dieser Mann war in der DDR nicht nur Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen, sondern anscheinend ein so hervorragender Spitzel, dass der Geheimdienst auf ihn aufmerksam wurde und ihn für seine Zwecke rekrutierte. Er wurde als Spion ausgebildet und in die BRD eingeschleust, um an der Universität Verbindungsmann zur zweiten Generation der RAF-Terroristen zu werden.
    Beaufort setzte sich aufrecht hin und massierte seinen Nacken, der vom schiefen Sitzen ganz steif geworden war, während seine Freundin weiterlas. Mittlerweile war es fast ganz dunkel geworden, nur der Bildschirm beleuchtete ihre unmittelbare Umgebung noch ein wenig. Ein paar Meter vor sich nahm er undeutlich die groben Umrisse des Gorillas wahr. Auch Beaufort fand es jetzt doch ein wenig beklemmend hier. Es war ganz still bis auf das leise Summen der Lüftung im Computer. Ab und zu hörte man von der Straße her ein Auto vorbeifahren oder gedämpfte Gesprächsfetzen von Passanten, die am Museum vorbei durch die laue Sommernacht flanierten. Das alte Fachwerk knackte nach der Tageshitze.
    »Hier steht es schwarz auf weiß«, sagte Anne unerwartet aufgeregt. »Harald Reger wurde im März 1982 mit einem West-Lebenslauf versehen und als Student an die Universität Heidelberg entsandt, wo er Kontakt zu militanten linksradikalen Studenten suchen sollte, was ihm auch gelang. Er versorgte die Sympathisanten der Rote-Armee-Fraktion mit Waffen und Sprengstoff und wurde der Ideengeber für mindestens zwei tödliche Attentate auf US-amerikanische Einrichtungen.«
    »Steht da irgendwo sein neuer Name?«
    Anne ließ die Dokumente über ihren Bildschirm rollen. Frank wurde ganz kribbelig vor Anspannung. Wieder knarrte eine Eichenbohle. Plötzlich stoppte die Journalistin ihre Suche schlagartig.
    »Hier muss es sein.« Sie fuhr ruhelos Zeile für Zeile mit dem Finger über den Bildschirm. »Das Pseudonym, mit dem Harald Reger in die Bundesrepublik eingeschleust wurde, lautet …«
    »Gunnar Roth«, ergänzte eine ihnen vertraute Stimme.
    *
    Anne und Frank blickten schreckensstarr auf die Gestalt, die neben Schorsch zum Vorschein kam und eine Handfeuerwaffe auf sie richtete.
    »Pech für Sie, dass mir Frau Neudecker von Ihrem merkwürdigen Verhalten im Schlossgarten erzählt hat. Sie war auch so ahnungslos, mir die Abbildung dieses Buchimitats im Katalog zu zeigen. Natürlich habe auch ich es sofort wiedererkannt und dieselben Schlüsse daraus gezogen wie Sie. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, die Hände zu heben.«
    Gunnar Roth alias Harald Reger sprach noch immer in dem höflich eleganten Plauderton, den er vorhin beim Whisky in seinem Büro angeschlagen hatte, doch sein kalter Unterton machte ihnen unmissverständlich klar, dass er es tödlich ernst meinte. Ihre Hände stiegen auf Kopfhöhe.
    » Sie haben Tom Schifferli also auf dem Gewissen?«, versuchte Frank ein Gespräch mit dem Mörder anzuknüpfen, um Zeit zu gewinnen.
    »Und Sie haben zu viele James-Bond-Filme gesehen, Beaufort. Da verwickelt der Held den Schurken auch immer so lange in eine Konversation, bis er einen Ausweg findet. Doch ich würde mir an Ihrer Stelle keine Hoffnung machen. Zum einen durchschaue ich Ihren Schachzug, zum anderen habe ich eine Waffe, von der ich auch bedenkenlos Gebrauch machen werde. Und Sie beide geben dort ein so wundervoll beleuchtetes Ziel ab.« Seine Zähne blitzten im Dämmerschein weiß auf.

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