Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
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»Ich glaube, Ihr Handy klingelt. Wollen Sie nicht rangehen?«
Plötzlich kam Bewegung in den Amateurdetektiv, und er klopfte hektisch seine Sakkotaschen ab. »Natürlich, mein Telefon! Aber wissen Sie was: Ich will das Gespräch jetzt gar nicht annehmen.« Er ließ es weiterläuten. »Das ist der Klingelton meines Finanzberaters.«
»Komisch, die gleiche Melodie hatte Tom auch auf seinem iPhone.«
»Ach wirklich? Mein Finanzberater ist Schweizer. Da fand ich das Alphorn witzig«, sagte er leicht errötend. Endlich hörte es auf zu läuten.
»Ich weiß gar nicht, wie ich Tom überhaupt ersetzen soll«, bekannte die Kuratorin in einem kurzen Anflug von Mutlosigkeit, den sie sogleich mit Tatendrang zu kompensieren versuchte. »Ich muss dringend den Präsidenten um Verstärkung bitten. Und im Stadtmuseum muss ich auch Bescheid sagen. Und dann natürlich die Sammlungsleiter verständigen, dass ich ihre Hilfe brauche. Sie haben bestimmt Verständnis dafür, dass ich Sie jetzt verabschieden muss?«
Das war ein ziemlich abruptes Ende, und Beaufort versuchte herauszuholen, was noch ging. »Kennen Sie dieTermine Ihres Kollegen? Wissen Sie, was er gestern getan hat? Was er heute tun wollte?«
»Gestern war er in der UB und in der Antikensammlung. Und heute wollte er, glaube ich, zu Dr. Paschek in die Informatiksammlung. Da gab es irgendein Problem mit einem der Exponate. Ach herrje, ich habe ja noch einen Termin im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Da befinden sich die meisten unserer historischen Musikinstrumente. Ich muss jetzt wirklich los.«
Sie erhob sich, und auch Beaufort stand notgedrungen auf. Er stellte den halbvollen Teebecher auf dem Schreibtisch ab.
»Wissen Sie, wo Schifferlis Notizbuch ist?«
»Ich erinnere mich nicht, dass er eines hatte. Er hat seine Termine elektronisch verwaltet, schätze ich.«
Sie bewegten sich Richtung Tür.
»Wann hatte er eigentlich Geburtstag?«
»Am 18. Oktober.«
»Was war sein Lieblingsbuch?«
»Keine Ahnung.«
»Und sein Lieblingsfilm?«
»Das weiß ich genau. Wenn die Gondeln Trauer tragen. Tom war nämlich ein echter Venedig-Fan. Aber wozu wollen Sie das alles wissen?«
»Man kann in so einem Fall nie genug Informationen sammeln.«
Sie legte die Hand auf die Türklinke und hielt einen Moment inne. »Und was wollen Sie jetzt konkret anstellen?«
»Um den Mörder zu finden, muss ich herausbekommen, was Ihr Kollege entdeckt hat. Und die Antwort darauf liegt irgendwo in den Sammlungen versteckt. Also werde ich mir die mal genauer anschauen.«
Dr. Dr. Neudecker reichte ihm die Hand. »Na, da haben Sie sich ja einiges vorgenommen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.«
»Rufen Sie mich an, falls Ihnen noch irgendetwas einfällt?«
Sie nickte und schloss die Tür hinter ihm.
Wieder erklang die Alphornmelodie. Beaufort ging schnell den Gang entlang, um außer Hörweite zu kommen und zog das flache schwarze iPhone aus der Sakkotasche. Es hatte Schifferli gehört. Als der junge Polizist die aufgebrachten Frauen aus dessen Büro geschoben hatte, hatte er es rasch eingesteckt. In einem spontanen Akt, ohne sich viel dabei zu denken. Und auch ohne allzu großes schlechtes Gewissen. Der Kurator brauchte es schließlich nicht mehr, die Polizei schien sich nicht dafür zu interessieren, aber ihm konnte es womöglich helfen, seinen Mörder zu finden. Beaufort versuchte, das Gespräch anzunehmen, doch da das Telefon keine Tasten hatte, war das gar nicht so einfach. Er hatte noch nie ein Smartphone in Händen gehalten und keine Ahnung, wie man es bediente. Er wusste nur, dass die Leute immer mit den Fingern darauf herumwischten. Das machte er auch, aber es nutzte offensichtlich nichts. Dann hielt er sich das Handy einfach ans Ohr und sagte: »Ja?«
»Van der Veldt hier. Wir haben seit einer halben Stunde einen Termin, und ich muss bald weg in meine Vorlesung. Also beeilen Sie sich bitte.« Es war die knarzende Stimme einer vermutlich älteren Frau, die da sprach. Nur jahrelanger Konsum von Tabak und harten Alkoholika konnten solch ein Organ formen.
»Äh, natürlich …«, improvisierte Beaufort. »Wo stecken Sie noch mal?«
»Im Botanischen Garten, wo denn sonst.« Die Stimme klang auf einmal skeptisch. »Wer sind Sie? Sie sind nicht Dr. Schifferli.«
»Hier ist die Polizei. Es hat einen Unfall gegeben, müssen Sie wissen. Dr. Schifferli ist tot.«
Betretenes Schweigen.
»Sind Sie noch dran?«
»Das ist ja schrecklich. Wie ist das passiert?«
»Am
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