Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Kunstsammlung mit Abbildungen des Mondes und anderer Himmelskörper, darunter etliche alte Ölgemälde. Sogar ein Aquarell von Caspar David Friedrich erkannte Beaufort. Auf dem Schreibtisch lagen einige Auktionskataloge, in denen kleine Zettelchen steckten. Schon wieder ein Kustos, den die Sammelleidenschaft auch privat gepackt hatte, stellte Beaufort fest. Das ging seinem Doktorvater und Frau van der Veldt ja auch nicht anders. Als er den Professor darauf ansprach, antwortete der: »Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich die Bücher und Bilder wirklich sammle. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sammeln mich.«
Der Rundgang war beendet, und der Hausherr begleitete seine Besucher durch den Garten zurück zum Ausgang. An dem kleinen Institutsparkplatz verstaute Corrodi noch schnell zwei Bücher, die er aus seiner Bibliothek mitgenommen hatte, auf dem Rücksitz seines Wagens. Die große dunkelgrüne Limousine war wuchtig und hoch und sah sehr luxuriös aus, ausgestattet mit viel Leder und Edelhölzern im geräumigen Innenraum.
»Das nenne ich mal ein schönes Fahrzeug«, sagte Beaufort anerkennend, der von Autos nicht die geringste Ahnung hatte. Er konnte mangels Interesse einen BMW kaum von einem Volvo unterscheiden, aber dieses Modell hier gefiel ihm wirklich. »Was ist das für eine Marke?«
Anne verdrehte die Augen angesichts einer so naiven Frage. Doch der Professor stützte sich ruhig auf seinen Spazierstock und antwortete schlicht: »Ein Rolls Royce.«
Beaufort war beeindruckt und lobte die Eleganz der Edelkarosse.
»Es ist schon ein etwas älteres Modell, das ich gebraucht erworben habe. Aber es ist in der Tat ein äußerst komfortables Fahrzeug«, fügte Corrodi erläuternd hinzu, verabschiedete sich schließlich von den beiden und ging in die Sternwarte zurück.
»Ein sympathischer Mann«, bemerkte Frank, als er mit Anne den Hügel wieder hinunterspazierte.
»Ja, das ist er wirklich. Und es war auch eine interessante Besichtigung. In so einem alten Observatorium stelle ich mir das Sternegucken noch richtig romantisch vor. Aber für unsere Mordrecherchen hat der Besuch nichts gebracht. Corrodi wäre physisch wohl kaum dazu in der Lage, Schifferli gewaltsam aus dem Fenster zu stoßen. Dem ging ja schon die Puste aus, als er den Turm hoch ist.«
»Aber er lebt auf ganz schön großem Fuße, findest du nicht? Auch ein Lehrstuhlinhaber hat keine unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten.«
»Vielleicht geht’s ihm ja so wie dir, und er hat geerbt.« Sie waren beim Golf angekommen, in dem die Hitze stand, sodass sie erst mal die Türen öffneten, um durchzulüften. »Warum schaffst du dir eigentlich keinen Rolls Royce an?«, fragte Anne. »Der würde dir gut stehen.«
»Wenn du deinen Job aufgibst und mich den ganzen Tag durch die Gegend chauffierst, herzlich gern.« Er zog sie an sich und knabberte zärtlich an ihrem Ohrläppchen. »Da hätte es auch reichlich Platz auf dem Rücksitz.«
Anne machte sich kichernd los. »Ihr Kerle seid doch alle gleich«, stellte sie kopfschüttelnd fest. »In deinem tiefsten Innern bist du auch nur ein ganz normaler Mann.«
»Dann möchte dieser normale Mann jetzt aber wenigstens ein Bier und etwas zu essen«, konterte Beaufort. »Was hältst du von einer netten kleinen Brotzeit auf einem schattigen Bierkeller mit einem Schlenkerla dazu? Rauchbier gehört ja wohl zum Pflichtprogramm, wenn man schon mal in Bamberg ist.«
»Daraus wird nichts werden. Hast du vergessen, dass wir um drei einen Termin in der Anatomie haben? Der Chefpräparator hat gleich heute Morgen auf meine Mail geantwortet. Und die Herbariums-Liste musst du auch noch aus dem Botanischen Garten holen, ehe sie schließen.«
»Wenn du denkst, dass ich mit leerem Magen in die Anatomie reingehe, hast du dich aber getäuscht«, entgegnete Beaufort bestimmt.
»Fürchtest du dich etwa vor ein paar Leichenteilen?«, frotzelte Anne. »Ich glaube, ich habe mich getäuscht, und du bist doch kein normaler Mann.«
*
Erfrischt durch zwei belegte Brötchen und eine Flasche Bionade und ausgestattet mit Mareike van der Veldts Aufstellung der Herbarbelege, die sie Schifferli überlassen hatte,fand Beaufort sich um fünf vor drei am Eingang des Anatomischen Instituts ein. Er hatte die Liste ohne Probleme von einem Mitarbeiter des Botanischen Gartens bekommen. Sie lag in einem Umschlag bereit, der an Hauptkommissar Müller adressiert war. Anne dagegen war von ihrer Stippvisite ins Philosophische Seminargebäude noch nicht
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