Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
aufmunternd an. »Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun. Ein Goethe-Zitat. Sie werden es gewiss schon erkannt haben«, sagte er lächelnd und streckte seine Hand über den Schreibtisch.
Beaufort, bei seinem Stolz und seiner Ehre gepackt, schlug ein und versprach beinahe feierlich: »Sie können sich auf mich verlassen.«
*
Im Taxi zum Südgelände war der Zauber des prominenten Präsidenten bald wieder verflogen, und zurück blieb das schale Gefühl, von ihm doch irgendwie eingewickelt worden zu sein.Möglicherweise lag es aber auch an der Fahrweise seines Chauffeurs. Sie standen im Stau, und der Taxifahrer versuchte Boden gutzumachen, indem er beschleunigte und dauernd die Spur wechselte, nur um nach ein paar Metern abrupt wieder abzubremsen, weil es auch dort nicht weiterging. Eine Art der Beförderung, die bei Beaufort Übelkeit erregte. Vielleicht sollte er sich doch einen festen Chauffeur seines Vertrauens mit monatlichem Grundsalär zulegen. In letzter Zeit hatte er mit Ausnahme des patenten Carl Löblein ziemliches Pech mit seinen Taxifahrern gehabt. Dazu kam, dass dieser hier auch noch fortwährend den nicht vorhandenen Verkehrsfluss verfluchte, bis es Beaufort zu viel wurde und er sagte: »Ein Auto steckt nicht im Stau, es ist der Stau.« Doch er war sich nicht ganz sicher, ob der Mann begriffen hatte, was er meinte.
Als sie endlich am Biologikum angekommen waren, das aus zahlreichen miteinander verbundenen dreistöckigen Flachdachgebäuden bestand, die rundum von Wald eingeschlossen waren, musste er erst mal seine Gedanken und Gefühle sortieren. Beaufort ließ sich auf einer Bank unter Bäumen unweit des Parkplatzes nieder und überlegte, dass er der Suche nach dem Bücherdieb in den kommenden Tagen oberste Priorität einräumen musste. Soweit die Zeit reichte, wollte er aber auch die Mordermittlungen weiter vorantreiben. Hier musste eben Anne aktiver werden und in die Bresche springen. Schließlich hatte sie die kommenden Tage kaum Termine. Und heute Abend sollten sie bei einem Fläschchen Elbling mal gemeinsam den Stand der Recherchen erörtern und schriftlich fixieren. Dieses Herumstochern in den Sammlungen hatte zwar ein paar interessante Hinweise ergeben, aber alles in allem mussten sie zielgerichteter vorgehen und sich mehr auf den Täter und seine Motive konzentrieren, fand Beaufort. Da der unter Umständen immer noch auf der Suche nach etwas war, konnte man ihm vielleicht eine Falle stellen. Ob der Mörder ihn gestern wirklich erkannt hatte? Das würdedie ganze Angelegenheit natürlich erschweren – und gefährlicher machen. Nicht, dass der sich jetzt heimlich an ihn hängte, in der Hoffnung, seine Nachforschungen würden ihn zu dem gesuchten Geheimnis führen. Eine erschreckende Vorstellung.
Beaufort tupfte sich den Schweiß von der Stirn. Trotz seines Schattenplatzes war die Hitze drückend. Vor Durst hatte er einen schlechten Geschmack im Mund. Irgendwo musste es hier doch etwas Kaltes zu trinken geben. Auf dem Weg Richtung Herbarium wollte er nach einer Cafeteria Ausschau halten. Vielleicht kam er dort auch mit Biologiestudenten ins Gespräch, die er unauffällig nach Dr. van der Veldt aushorchen konnte. Er erhob sich und irrte über gepflasterte Wege, vorbei an quadratischen Universitätsgebäuden. Kaum hatte er eines passiert, schlossen sich weitere, nahezu identische Bauwerke an, die mit gläsernen Brückengängen im ersten und zweiten Stockwerk verbunden waren. Man konnte sich wirklich verlaufen hier. Er durchquerte Innenhof um Innenhof, ohne Zugang zu einem der Häuser zu finden, die jetzt keine blauen Fenster mehr hatten, sondern grüne. Wahrscheinlich hatte er die Physikbauten hinter sich gebracht und war nun bei den Biologen angekommen. Es war die Stunde des Pan: brüllende Mittagshitze und kein Mensch weit und breit zu sehen. Wo waren die ganzen Studenten? Langsam wurde Beaufort mulmig zumute. Er hörte Schritte, konnte aber niemanden entdecken, der das Geräusch verursachte. Wurde er verfolgt? Ruckartig drehte er sich um. War dort nicht gerade ein Schatten in einem der Durchgänge verschwunden? Oder litt er jetzt schon an einer Paranoia? Frank ging langsam weiter, wieder mit dem Gefühl, beobachtet zu werden. Da waren auch die Schritte wieder. Er beschleunigte sein Tempo, marschierte quer durch einen Innenhof, bog um die Ecke und betrat blitzschnell das Gebäude durch eine Glastür mit quietschgrünem
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