Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Freisprechanlage defekt ist?«, schlug er vor.
»Da mach dir mal keine Sorgen. Frauen sind Meister im Multitasking.« Sie sah ihn fröhlich an. »Nein, ich meinte nicht Sie, sondern meinen Beifahrer. Haben Sie morgen um 10.00 Uhr noch etwas frei?«
»Da täuschst du dich aber, wenn du glaubst, dass ihr Frauen mehrere Dinge gleichzeitig machen könnt, wir Männer uns aber immer nur auf eine Sache konzentrieren können.«
»Und wie schaut es um 11.00 Uhr aus?« Anne legte die Hand auf den Hörer und sah Frank an, während sie mit dem Ellenbogen lenkte. »Können wir aber doch. Das war schon bei den Neandertalern so. Der Mann hat sich aufs Jagen konzentriert, und die Frau hat gleichzeitig Essen gemacht, Kinder und Vieh gehütet und Gespräche geführt. Das ist genetisch verankert.«
»Würdest du bitte nicht mich ansehen, sondern auf die Straße schauen. Und wenigstens eine Hand am Lenkrad wäre auch nicht schlecht.« Er hielt sich verkrampft am Griff der Beifahrertür fest. »Außerdem ist deine These Unfug. Die experimentelle psychologische Forschung hat mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen, dass Männer und Frauen beide gleich schlecht im Multitasking sind.«
»Ja, super, dann nehme ich den Termin um elf Uhr. Im SK1 oder SK2?«
»Unser Gehirn ist nicht gemacht fürs parallele Arbeiten«, fuhr Beaufort unverdrossen fort. »Du kannst nicht mehreren Dingen auf einmal deine volle Aufmerksamkeit zuwenden. Die Reaktionsgeschwindigkeit sinkt beim Multitasking unabhängig vom Geschlecht. Gleichzeitig Autofahren undTelefonieren geht nur gut, solange nichts Unvorhergesehenes passiert.«
Anne trat auf die Bremse und löste hinter sich ein Hupkonzert aus. »Mist, ich glaube, da hätte ich links abbiegen müssen. Sorry, was hast du gesagt?«
Beaufort seufzte. »Genau das.«
Sie fand doch noch die richtige Abzweigung und parkte in einer Seitenstraße unweit vom Dom. »Mal angenommen, es sind die gestohlenen Bücher. Glaubst du, dass der Buchhändler mit dem Dieb unter einer Decke steckt?«, fragte sie beim Aussteigen.
»Das versuchen wir jetzt herauszufinden. Ich kenne Herrn Westheim sogar. Ich war zwar noch nie in seinem Antiquariat, aber ich habe schon auf Messen etwas bei ihm gekauft. Er gehört zu den wenigen Jüngeren in diesem Geschäft. Die meisten Antiquare sind soignierte ältere Herren, die selbst eine Sammelleidenschaft haben. Mir war er immer ganz sympathisch. Aber das sagt natürlich nichts über seine kriminelle Energie aus. Da drüben müsste es sein.«
Vor ihnen an der Ecke einer Einbahnstraße tauchte das Geschäft auf. Eine rotweißgestreifte Markise beschattete das Fenster, um die Bücher vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Auf einem Tisch davor standen Bücherkisten mit Grabbelware. Während diese Bücher hier für einige Euro zu haben waren, gab es drinnen auch welche, die locker das Tausendfache kosteten. Frank und Anne betraten das geradezu vollgestopfte Antiquariat. Die hellen Holzregale waren bis unter die Decke mit raren Druckwerken gefüllt. Es gab gemütliche Winkel zum Stöbern und eine Prunkvitrine, in der besondere Kostbarkeiten ausgestellt waren. Der große, schlanke Mann hinter der mit Bücherstapeln belegten Ladentheke hatte etwa Beauforts Alter und erinnerte Anne aufgrund der langen Haare und des Schnurr- und Kinnbartes sofort an d’Artagnon von den drei Musketieren.
»Es riecht in Antiquariaten immer so staubig-muffig«, flüsterte Anne und rümpfte die Nase.
»Dieser Geruch nach altem Papier ist einer der schönsten auf der Welt«, sagte er pathetisch. »Das verstehst du einfach nicht.«
D’Artagnon Westheim erkannte in dem Besucher einen guten Kunden wieder, und schon waren die beiden Männer in einen bibliophilen Smalltalk vertieft, der Anne zu langweilen begann.
»Womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte der Antiquar schließlich.
»Ich habe ein wenig in Ihrem Online-Katalog geblättert und interessiere mich für Zwinglis Streitschrift gegen die Reformationsgegner.«
»Oh, tut mir leid, aber die habe ich gestern verkauft. Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, sie aus dem Katalog zu streichen. Ich wusste ja nicht, dass Sie sich auch für Religionswissenschaft interessieren. Sonst hätte ich sie Ihnen vielleicht direkt angeboten.«
»Theologie gehört tatsächlich nicht zu meinen Sammelgebieten. Mich hat nur speziell dieses eine Pamphlet neugierig gemacht. Haben Sie wirklich die 2.000 Euro dafür bekommen?«
»Ja, und angesichts der Tatsache, dass gleich drei
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