Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Bassins, um sich etwas Kühlung zu verschaffen. Die Hitze der letzten Tage hatte sich verändert. Es war schwül geworden. »Aber warum ausgerechnet mit einem Blasrohr?«
»Vielleicht, um eine falsche Spur zu legen. Um den Verdacht auf Frau Neudecker zu lenken. Wenn du dich nur erinnern könntest, ob der Einbrecher es am Sonntag gestohlen hat oder nicht.«
»Ich weiß es einfach nicht mehr.«
»Dann ruf doch deinen Taxifahrer an. Vielleicht kann er es uns sagen.«
»Dazu müsste ich erst mal mein Handy wiederfinden. Seine Nummer ist da drin gespeichert.«
Anne sah ihn aus ihren Mokkaaugen ernst an. »So fies es klingt, aber ich bin heilfroh, dass der Täter wenigstens mit dem Blasrohr umgehen konnte. Nicht auszudenken, wenn er einen von uns getroffen hätte.«
Beaufort schluckte. Daran hatte er überhaupt noch nicht gedacht, wie nah sie beide selbst dem Tod gewesen waren.
Von links näherten sich Schnappauf und Neudecker. Der Kommissar sah noch schlechter gelaunt aus als bei Beauforts letzten Begegnungen. Er baute sich gewichtig vor ihnen auf.
»Da haben wir ja alle Detektivspieler beisammen. Ich sollte Sie einsperren lassen. Sie sind ja gemeingefährlich. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass die Fotografin noch leben könnte, wenn Sie uns verständigt hätten?«
Anne und Frank dachten seit einer Stunde über kaum etwas anderes nach, und sie fühlten sich auch mitschuldig, aber der bärbeißige Beamte reizte Beaufort schlimmer als ein Torero den Stier. Er erhob sich, bereit zum Gefecht.
»Erstens wollte die Fotografin aber nicht mit Ihnen reden, und zweitens hätten Sie ja auch selbst darauf kommen können, dass sie eine wichtige Zeugin ist«, rechtfertigte er sich.
»Ich möchte wirklich mal wissen, wo Sie immer noch Ihre Arroganz hernehmen«, schnaubte Schnappauf.
»Genau das frage ich mich umgekehrt auch.«
Es fehlte nicht viel, und die verbale Auseinandersetzung wäre in eine handgreifliche übergegangen, da erschien der Notarzt aus dem Tropenhaus und steuerte auf die Gruppe zu. Er wandte sich an Anne.
»Sie haben doch vorhin die Reanimation durchgeführt?«
Sie nickte betroffen. »Ich habe doch keinen Fehler gemacht?«
»Im Gegenteil, das war eine ausgezeichnete Arbeit. Ich wünschte, alle Ersthelfer wären so gut ausgebildet wie Sie. Aber in diesem Fall waren wir leider chancenlos. Ich vermute multiples Organversagen aufgrund einer schweren Intoxikation.«
»Dann war das also wirklich ein Giftpfeil in ihrem Nacken?«
»Es sieht so aus. Aber Genaueres muss der Gerichtsmediziner herausfinden. Mir ist so ein Gift jedenfalls noch nie untergekommen.« Der Arzt schüttelte Anne die Hand, nickte den anderen zu und verschwand.
»Es könnte Kurare gewesen sein«, gab Charlotte Neudecker zu bedenken.
»Sie meinen dieses tödliche Pfeilgift der Amazonas-Indianer?«, fragte Beaufort erstaunt.
»Genau das meine ich.«
»Na, bestens«, brummte Schnappauf, »und ich soll jetzt wohl die Fahndung nach einem nackten Urwaldindianer ausschreiben, oder was? Sie beide haben doch zu viel Agatha Christie gelesen.«
»Wenn schon englischer Landhauskrimi, dann bevorzuge ich Dorothy L. Sayers.«
»Das interessiert mich einen Scheißdreck, was Sie lesen«, raunzte er Beaufort an. Und an Frau Neudecker gewandt fuhr Schnappauf fort: »Kurare ist doch völlig hirnrissig. Wo soll sich der Täter das denn besorgt haben? In der Apotheke vielleicht?«
»Nein, in der Martius-Sammlung. Das ist unsere pharmakognostische Lehrmittelsammlung.«
»Pharmadingswas?«
»Pharmakognosie ist die Lehre von der Erkennung und Bestimmung der als Arzneien verwendeten Drogen.«
»Mit Drogen kennen Sie sich natürlich aus. Typisch.«
»Unter Drogen versteht der Pharmazeut keine Rauschmittel, sondern Arzneirohstoffe aus Pflanzen und Tieren. Davon leitet sich auch der Begriff Drogerie ab. Da gehen Sie ja auch nicht hinein, weil Sie Rauschgift kaufen wollen. Auf alle Fälle hat der Erlanger Hofapotheker Ernst Wilhelm Martius vor bald zweihundert Jahren damit begonnen, eine solche pharmakognostische Sammlung für die Apothekerausbildung aufzubauen. Martius wurde 1756 in Weißenstadt im Fichtelgebirge geboren und machte seine Lehre in …«
»Herrgott, hören Sie doch mit Ihrem gelehrten Geschwurbel auf«, bellte der Kommissar die Kuratorin an. »In dieser Pharmakoks-Sammlung gibt es tatsächlich Amazonas-Gift?«
»Ich denke schon, ja.«
»Soll ich Ihnen mal was sagen? Ich glaube Ihnen kein Wort.«
»Sie haben es uns auch nicht
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