Tod im Dünengras
vorgehalten hatte, wie modisch Willem Jäger stets gekleidet war, und
von ihm erwartete, sich zumindest beim Abschlussball an ihm ein Beispiel zu
nehmen.
Auch jetzt war Willem Jägers Kleidung makellos. Zu seiner schwarzen
Jeans trug er einen rosa Kaschmir-Pulli und darüber einen langen schwarzen
Mantel.
»Herr Jäger ist ein Bekannter«, erklärte Arne hastig. »Wir hatten
etwas zu besprechen.«
Auch Willem Jäger wollte unbedingt erläutern, warum er einen Besuch
im Hause Ingwersen gemacht hatte. »Der Chorwettbewerb, Sie wissen ja. Der Chor
probt zurzeit täglich bei mir. Es gibt so viel zu bereden. Aber Vera war leider
nicht da.«
Erik nickte zerstreut. Sein Blick hing noch immer am Saum von Willem
Jägers Mantel. Die Schuhe, die darunter hervorsahen, waren auf Hochglanz
poliert. Sie hatten abgerundete Kappen mit abgesteppten Quernähten, die den
Schuh kürzer erscheinen lieÃen. Das war zweifellos so gewollt. Erik konnte den
Blick nicht von Willem Jägers FüÃen nehmen. Er trug mindestens SchuhgröÃe
siebenundvierzig. Und da er auf sein Aussehen groÃe Sorgfalt verwendete, litt
er vermutlich jeden Morgen darunter, dass er sich diese groÃen Schuhe anziehen
musste, die zu seiner schlanken, fast zierlichen Gestalt nicht recht passen
wollten.
Sören hatte auf Arne Ingwersens einladende Geste bereits die Wohnung
betreten und drehte sich erstaunt um, als er Erik sagen hörte: »Kommen Sie
bitte noch mal kurz mit rein, Herr Jäger? Ich müsste etwas mit Ihnen
besprechen.«
Ein paar Minuten später saÃen
alle vier im Wohnzimmer. Sören machte noch immer keinen Hehl aus seiner
Verwunderung, Arne Ingwersen versuchte ungehalten zu wirken, weil ein Freund
von der Polizei vernommen werden sollte, und Willem Jäger selbst war derart aufgeregt,
dass er, bis sie endlich Platz genommen hatten, alle möglichen Gründe für seine
Anwesenheit vorbrachte, von denen Erik keiner interessierte. Das Einzige, dem
er Beachtung schenkte, waren Willem Jägers groÃe FüÃe. Und nachdem er Sörens
Blick verstohlen auf Jägers Schuhe gelenkt hatte, begriff auch der endlich,
worum es seinem Chef ging.
Erik wandte sich mit besonderer Freundlichkeit an Willem Jäger: »Wir
müssen ein paar Alibis überprüfen«, begann er vorsichtig. »Nicht, um eine
Täterschaft zu beweisen, sondern nur, um Tatbeteiligungen auszuschlieÃen. Reine
Routine!«
Willem Jäger strich sich nervös über die Haare, womit er verriet,
dass sie mit Haarspray in Form gebracht worden waren. »Es geht um den Mord an
Arnes Mutter?«
Erik lieà die Frage unbeantwortet. Der Mord an Francesco war der
Ãffentlichkeit vermutlich nicht mehr lange vorzuenthalten, trotzdem wollte er
den Kreis derer, die davon wussten, so klein wie möglich halten. Susanna hatte
davon erfahren, Harm Ingwersen auch, und der hatte sicherlich seinen Sohn
darüber informiert. Sogar Jens Möllers von Immobilien-Möllers wusste Bescheid,
trotzdem wollte Erik, dass der Fall erst in die Zeitung kam, wenn er gelöst
war.
»Wo waren Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zwischen
Mitternacht und ein Uhr?«, fragte er Willem Jäger.
Der setzte zu einer Antwort an, dann stutzte er. »Aber ⦠Arnes
Mutter ist in der Nacht von Montag auf Dienstag ermordet worden.«
Erik beachtete auch diesen Einwand nicht. »Sagen Sie mir einfach, wo
Sie waren.«
Willem Jäger überlegte lange, dann sagte er: »Zu Hause war ich. Im
Bett.« Er sah Erik so flehend an, als wollte er in Tränen ausbrechen, falls ihm
daraus ein Strick gedreht werden sollte. »Ich bin alleinstehend. Niemand kann
bestätigen, was ich sage.«
»Danke«, meinte Erik lächelnd. »Das warâs auch schon.« Er sah Willem
Jäger so lange schweigend an, bis der begriff, dass seine Anwesenheit nicht
mehr gefragt war.
Arne Ingwersen bemerkte es ein paar Sekunden früher. Er erhob sich
und sagte: »Danke für deinen Besuch, Willem.« Während er den Tanzlehrer
hinausbegleitete, zischte Sören seinem Chef zu: »Und was haben wir jetzt
davon?«
»Gar nichts«, gab Erik zu. »Aber es hätte ja sein können, dass
Willem Jäger ein Alibi hat. Dann hätten wir uns nicht weiter um ihn kümmern
müssen. Trotz seiner groÃen FüÃe! So aber sollten wir ihn uns näher ansehen.«
»Willem Jäger ist ein Sensibelchen. Der
Weitere Kostenlose Bücher