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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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versucht, das Geschäft wieder anzukurbeln.«
    Â»Sie haben vermutlich nach Mitternacht bereits geschlafen«, meinte
Erik. »Am Dienstag war ja nicht viel los in der Muschel II, wie Frau Larsen sagt.« Er ging Arne voran zur Tür, ohne
darauf zu warten, dass er seine Worte bestätigte. Dort drehte er sich noch
einmal um. »Wenn jemand nachts den Personaltrakt verlässt, würden Sie das
mitbekommen?«
    Arne Ingwersen schüttelte den Kopf. »Das will ich auch nicht. Mein
Vater hat mir geraten, immer Abstand zu halten zum Privatleben meiner
Mitarbeiter.«
    Â»Sie halten sich an die Ratschläge Ihres Vaters?«
    Â»Ich wäre dumm, wenn ich es nicht täte«, gab Arne Ingwersen zurück.
»Mein Vater ist ein Vorbild für mich.«
    Erik nickte. »Ja, Menschen mit Zivilcourage werden immer seltener.«
Er zögerte und beobachtete, wie Sören von einem Bein aufs andere trat. »Sagen
Sie, Herr Ingwersen … war die Ehe Ihrer Eltern in Ordnung?«
    Arne sah ihn ernst an. »Auch dafür bewundere ich meinen Vater. Meine
Mutter war kein einfacher Mensch. Und sie hat es meinem Vater mit ihrem
Egoismus nicht immer leicht gemacht. Aber er hat sich nie beklagt, er war stets
loyal. Ganz im Gegensatz zu meiner Mutter. Sie hat sich oft darüber geärgert,
dass mein Vater von allen gemocht wurde, während sie häufig auf Ablehnung
stieß. Und immer wieder hat sie versucht, das Ansehen meines Vaters zu
untergraben.«
    Â»Inwiefern?«
    Â»Zum Beispiel hat sie gesagt, er hätte sich ins gemachte Nest
gesetzt. Und manchmal hat sie sogar behauptet, er wäre ein Schlappschwanz.« Er
schüttelte nachdenklich den Kopf. »Meine Mutter konnte nicht lieben. Trotzdem
hatte sie den Anspruch, geliebt zu werden. Sie hat nie begriffen, dass sie
schon viel mehr bekam, als sie selbst gab, indem mein Vater immer zu ihr
stand.«
    Mamma Carlotta fühlte sich nicht wohl. Eigentlich machte
sie gerne neue Erfahrungen, und sich etwas Unvernünftiges zu leisten, gefiel
ihr, seit sie den verwegenen Entschluss gefasst hatte, sich allein in Rom in
ein Flugzeug zu setzen und nach Norddeutschland zu fliegen. Aber sollten sie
wirklich ein Taxi nach Westerland nehmen? Sie hoffte, dass Dino dort oben im
Himmel diese Geldverschwendung guthieß. Hoffentlich bekam er mit, dass es
Giovannas Geld war, das hier vergeudet wurde, und strafte sie nicht mit einem
Auffahrunfall oder einer Sturmflut.
    Giovanna hatte nichts davon hören wollen, mit dem Fahrrad nach Westerland
zu fahren. Erst recht nicht, als sie die große Tasche in Carlottas Hand sah, in
der die Turnschuhe steckten, die jemand an der Buhne 16 in einen Papierkorb
geworfen hatte. Für Giovanna war es ausgeschlossen, mit einer solchen Last ein
Fahrrad zu besteigen. Sie behauptete sogar, dass sie während ihrer Zeit in
München ständig mit dem Taxi unterwegs gewesen sei, weil sich dort die
Anschaffung eines eigenen Autos wegen der fehlenden Parkplätze nicht lohne und
das S-Bahn-Fahren nicht komfortabel
genug sei.
    Mamma Carlotta konnte sich, als sie Vera Ingwersen begrüßte, nicht
verkneifen, den Umstand zu erwähnen, dass sie mit dem Taxi hergekommen war, und
sie ließ diese Bemerkung noch einmal fallen, nachdem sie Giovanna vorgestellt
hatte. Doch Vera Ingwersen war nicht halb so beeindruckt, wie Carlotta es
erwartet hatte. Giovanna und ihrem Talent allerdings schenkte sie ihre
ungeteilte Aufmerksamkeit. Diese Tatsache versöhnte Mamma Carlotta auf der
Stelle. Die Chorleiterin sah aus, als wäre ihr unversehens Anna Netrebko ins
Haus geschneit, nachdem Giovanna die erste Strophe von »Amazing Grace« gesungen
hatte.
    Â»Wunderbar!«, stöhnte sie. »Wie ist es möglich, dass Sie keine
Solokarriere gemacht haben?«
    Das fragte sich Giovanna seit Langem, genau genommen, seit ihr die
Erkenntnis gekommen war, dass sie für eine Solokarriere zu alt geworden war.
»Ich habe Enzo Meurer geliebt«, erklärte sie Vera, »und war glücklich, mit ihm
zusammen auf der Bühne stehen zu dürfen. Ich Schaf!«
    Vera drückte ihr heftiges Bedauern aus, dann dankte sie Giovanna,
dass sie bereit war, den Inselchor zu verstärken. Anschließend legte sie ihr
das Programm vor und beriet mit ihr, wie ihr hervorragendes Talent zum Einsatz
kommen sollte.
    Mamma Carlotta sah sich derweil in der Perlenmuschel um. Sie mied
den Blick nach oben zur Galerie, von der Utta Ingwersen

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