Tod im Dünengras
bestätigend. »Die wird sich freuen.«
Davon war auch Giovanna überzeugt. »Da ich nun meine Stimme schonen
muss, werde ich mir einen Schal zulegen, um meinen Hals warm zu halten.«
Sie schlang sich ein schwarzes Ungetüm um, das nicht nur ihren Hals,
sondern auch ihr Kinn und ihr groÃzügiges Dekolleté wärmen würde. Während
Carlotta sie in dieser sinnvollen Anschaffung bestärkte, beobachtete sie Vera
Ingwersen, die gerade den Briefumschlag öffnete, den ihr Schwiegervater ihr
gebracht hatte. Mamma Carlotta sah, dass ihre Augen sich weiteten und ihr Blick
sich nicht von den wenigen Zeilen lösen konnte, mit denen das Briefblatt
bedeckt war. SchlieÃlich lieà sie sich auf den Hocker sinken, der neben der
Kasse stand. So, als könnte sie sich nicht auf den Beinen halten.
Sören bestand darauf, sich hinters Steuer zu setzen, denn
Erik verlieà die Muschel II derart
nachdenklich, dass zu befürchten war, er würde im zweiten Gang nach Westerland
zuckeln, weil seine schweren Gedanken sich nicht mit einer zügigen Fahrweise
vertrugen. Kaum saÃen sie im Auto, fragte Sören: »Warum haben Sie Arne
Ingwersen nach seinem Alibi gefragt?«
Erik zuckte die Achseln. »Ein Motiv hat er. Er wusste, dass
Francesco für den Tod seiner Mutter verantwortlich ist.«
»Darüber haben wir schon gesprochen«, antwortete Stören heftig.
»Francesco hat sich nicht von einem seiner Opfer per SMS an den Strand bestellen lassen, davon sind wir ausgegangen.
Mitten in der Nacht und dann noch allein! Er hätte seine beiden Geldeintreiber
mitgenommen, das wäre das Mindeste gewesen! Aber noch wahrscheinlicher: Er wäre
nicht zu diesem Treffen gegangen. Sogar die Staatsanwältin ist dieser Meinung!«
»Und was, wenn Arne Ingwersen das Handy seiner Kellnerin benutzt
hat? Wenn er die SMS in ihrem Namen
geschrieben hat?«
»Wie soll er an ihr Handy gekommen sein?«
»Vielleicht hat er einen Zweischlüssel und ist in Susannas Wohnung
eingedrungen, während sie im Restaurant arbeitete. Oder ⦠er hat ein
Verhältnis mit ihr, und sie hat ihm ihr Handy zur Verfügung gestellt.«
»Puh!«, machte Sören. »Gibtâs Anhaltspunkte dafür, dass die beiden
was miteinander haben?«
»Immerhin kannte er ihren Kosenamen.«
»Bleiben aber noch die Abdrücke der groÃen Turnschuhe. Arne
Ingwersen hat kleine FüÃe.«
»Aber Willem Jäger hat sehr groÃe. Und er ist mit Arne Ingwersen
befreundet.«
»So gut, dass er für ihn einen Mord begeht?«
»Vielleicht ist Willem Jäger auch erpresst worden.«
Sören stellte erschrocken fest, dass es ihm genauso ging wie seinem
Chef: Auch er nahm den Fuà vom Gas, weil es ihm plötzlich schwerfiel, sich auf
beides zu konzentrieren, aufs Autofahren und auf seine Gedanken. Er gab erst
wieder Gas, als die grüne Ampel am Teespeicher in Sicht kam.
»Mit dieser Susala stimmt was nicht«, sagte Erik, als sie die Ampel
hinter sich gelassen hatten. »Sie behauptet, sie habe Francesco auf Abstand
gehalten. Er aber hat gesagt, er wolle ein deutsches Mädchen heiraten. Und wie
es aussieht, kommt dafür nur Susanna Larsen infrage.«
»Vielleicht fand Francesco sich derart unwiderstehlich, dass er
davon ausging, Susala über kurz oder lang rumzukriegen. Italiener sind so.«
Erik winkte ab. »Oder sie hat uns belogen.«
Nun kam rechts das Polizeirevier in Sicht, Sören drosselte das
Tempo. »Sie meinen, die beiden waren doch zusammen?«
Erik nickte. »Sie steckten unter einer Decke. Meine Schwiegermutter
soll heute Mittag bei Girotti anrufen, damit der Alviso und Follini fragen
kann. Wenn die Larsen mit Francesco gemeinsame Sache gemacht hat, müssen die
beiden davon wissen.«
Sie fuhren in den Hof des Polizeireviers, blieben aber noch im Wagen
sitzen. »Glauben Sie, dass Arne Ingwersen auch etwas mit den Erpressungen zu
tun hatte?«
Erik schüttelte den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Sollten die beiden tatsächlich was miteinander haben, dann weiÃ
Arne nicht, was seine Geliebte treibt? Und dass er eine Kellnerin beschäftigt,
die mit der Mafia zusammenarbeitet?«
Erik sah seinen Assistenten strafend an. »Das Wort Mafia will ich
nicht mehr hören.«
»Sorry!« Sören sah verlegen zu Boden. »Ist mir nur so
rausgerutscht.«
Erik nickte, als hätte er vollstes
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