Tod im Dünengras
Kopf.
»Sorry, das glaube ich einfach nicht.«
»Vielleicht hat sein Motiv gar nichts mit den Erpressungen zu tun?
Vielleicht heiÃt das Motiv Susala.«
»Eifersucht?«
»Schon möglich. Jedenfalls sollten wir Arne Ingwersen im Auge
behalten. Ich bin sicher, dass wir den Täter und auch das Motiv hier auf Sylt
finden und nicht in Italien.«
»Warum sind Sie da so sicher?« Sören lieà sich auf einem Stuhl
nieder und demonstrierte, dass Negativerlebnisse irgendwann verblassen können.
Er fing schon wieder an zu kippeln. »Nur weil wir nicht mehr an die Mafia
glauben müssen?«
Erik verzog nachdenklich das Gesicht. »Der dritte Mord ist anders
als die beiden zuvor. Und denken Sie an die Abdrücke der groÃen Schuhe. Die
haben wir bei den anderen beiden Toten nicht gefunden.«
Enno Mierendorf erschien und legte einige Faxe auf den Tisch.
»Alles, was ich über Willem Jäger gefunden habe!«
Erik und Sören vertieften sich
in die Unterlagen, während Mierendorf kurz zusammenfasste: »Willem Jäger ist
der einzige Sohn rechtschaffener Eltern. Durchlief die Schule ohne
Schwierigkeiten bis zur Mittleren Reife. Als er seinen Abschluss machte, hatte
er bereits sein Coming-out hinter sich. Alle wussten, dass er schwul war, seine
Eltern nahmen es relativ gelassen. Er wollte Tänzer werden, fand aber wohl
ziemlich schnell heraus, dass sein Talent für die groÃe Karriere nicht reichte.
Nach ein paar Engagements an kleinen Theatern beschloss er deshalb, Tanzlehrer
zu werden. Seine Eltern stellten ihm das Kapital für eine Tanzschule in
Hannover zur Verfügung. Dort brach er aber irgendwann seine Zelte ab, weil er
sich unglücklich verliebt hatte. Willem Jäger zog daraufhin nach Flensburg und
übernahm dort eine Tanzschule, die aus Altersgründen vom Vorbesitzer verkauft
worden war. Doch der Laden lief nicht gut, nach zwei Jahren entschloss sich
Jäger, nach Sylt zu gehen. Auch deshalb, weil hier sein damaliger Freund
wohnte, mit dem er zusammenzog. Ein Barkeeper aus dem Hotel Vier Jahreszeiten.
Aber die Beziehung hielt nicht lange. Seitdem lebt Willem Jäger allein.«
»Ein unbeschriebenes Blatt«, sagte Sören und drückte Enno Mierendorf
die Unterlagen wieder in die Hand.
»Das muss nichts heiÃen«, meinte Erik. »Vielleicht hat er eine
Leiche im Keller, von der niemand was weiÃ.«
»Aber Willem Jäger ist kein Killertyp«, wandte Sören ein. »Der
schlägt keinem Mann den Schädel ein. Schon gar nicht, um einem Freund einen
Gefallen zu tun.«
»Er könnte in eigenem Interesse gehandelt haben.«
»Weil auch er von Francesco erpresst wurde?«
»Das wäre ein Motiv.«
»Aber wir hatten doch gesagt â¦Â«
»Ja, ja«, unterbrach Erik. »Es ist unwahrscheinlich, dass Francesco
sich mit einem Erpressungsopfer getroffen hat.«
Sören schwieg eine Weile, nur das rhythmische Klack-Klack des
Stuhlbeins war zu hören. Dann sagte er nachdenklich: »Vielleicht sollten wir
doch versuchen, Francescos sämtliche Opfer auf Sylt zu finden. So, wie die
Staatsanwältin es vorgeschlagen hat.«
Erik hätte gern energisch abgewehrt, aber leider hatte er keinen
vernünftigen Gegenvorschlag parat. Der Gedanke, mit dem Chefredakteur des
Inselblattes einen Aufruf zu entwerfen, gefiel ihm nach wie vor nicht. Aber nur
so waren sämtliche Geschäftsleute der Insel zu erreichen, die der
Schutzgelderpressung zum Opfer gefallen waren. Er mochte sich gar nicht
vorstellen, wie das Denunziantentum blühen würde, wie sie gezwungen sein
würden, sich mit MutmaÃungen, Verdächtigungen, falschen Behauptungen auseinanderzusetzen,
wie sie die nächsten Wochen damit zu tun haben würden, die Spreu vom Weizen zu
trennen, das Wahre vom Unwahren, das Mögliche vom Unmöglichen. Bis dahin würden
die wichtigsten Spuren verwischt sein, und viel kostbare Zeit wäre verloren.
»Es bleibt dabei«, sagte er. »Wir suchen einen Mann mit groÃen
FüÃen.«
Er stockte, sah Sören erschrocken an, dann lauschten beide zur Tür.
Im Revierraum gab es Aufruhr. Irgendetwas AuÃergewöhnliches war dort im Gange.
Laute Stimmen waren zu hören, Stühlerücken, Rudi Engdahls leises Lachen, Enno
Mierendorfs fröhliches »Moin, moin!«, dann weibliches Gekicher, die hellen
Stimmen von zwei Frauen, die immer näher kamen â¦
»Was
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